„Es gibt kein Problem“

Mycare: Temperaturkontrolle für Apothekenboten 14.11.2025 13:58 Uhr

Berlin - 

Viel ist von der geforderten lückenlosen Temperaturkontrolle im Versandhandel nicht übrig geblieben; das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will mit der Apothekenreform durchsetzen, dass bei kühlpflichtigen Arzneimitteln ein für Kühltransporte geeignetes Transportunternehmen eingesetzt wird, das die von der Apotheke vorgegebenen Temperaturen nachweislich einhält. Martin Schulze, Apotheker und Leiter der pharmazeutischen Kundenbetreuung bei Mycare findet, dass eine missverständliche Auslegung die Versorgung verteuern und verschlechtern könnte.

„Die Formulierung kann so verstanden werden, dass künftig nur noch Fahrzeuge mit aktiver Temperierung zulässig sind“, so Schulze. „Das wäre strenger als die bisher gelebte Praxis, in der aktive Systeme und validierte passive Kühlverpackungen als gleichwertige, sichere Optionen gelten, sofern sie qualifiziert, risikobasiert geplant und dokumentiert werden.“ Auch bei Mycare setze man seit Jahren auf diese Lösung. „Dieses Verfahren ist bewährt, sicher und entspricht der bisherigen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), die in § 17 Abs. 2 bereits festlegt, dass Arzneimittel so verpackt und transportiert werden müssen, dass ihre Qualität und Wirksamkeit erhalten bleiben. Eine zusätzliche GDP- oder GMP-Verankerung ist hier bewusst nicht vorgesehen, da beide Regelwerke für andere Stufen der Lieferkette gelten.“

Seit mehr als 20 Jahren würden kühlpflichtige Arzneimittel im Versandhandel zuverlässig und sicher passiv gekühlt transportiert, ohne einen einzigen dokumentierten Fall, in dem ein Patient durch ein zu warm gewordenes Arzneimittel zu Schaden gekommen sei. „Der Transportprozess ist regelmäßig validiert, wird fortlaufend überprüft und erfüllt sämtliche Anforderungen an Qualität und Risikomanagement. Auch der pharmazeutische Großhandel nutzt diesen risikobasierten Ansatz, ohne zum Einsatz aktiver Kühlung oder Datenlogger verpflichtet zu sein“, so Schulze. „Die passive Kühlung ist also keineswegs ein vereinfachtes Verfahren, sondern ein qualifizierter Prozess mit validierten Verpackungssystemen und definierten Packmustern. Sie ist vollkommen ausreichend und hat sich seit Jahrzehnten bewährt.”

Massive Kostensteigerung

Im B2C-Bereich gibt es laut Schulze aktuell faktisch nur einen Anbieter für aktive Kühlung. „Die Zustellung kostet dort pro Paket etwa 20 bis 30 Euro und ist damit mindestens doppelt so teuer wie validierte passive Lösungen. Das würde den Wettbewerb verengen und hohe Mehrkosten erzeugen.“ Bislang sei der Versand kühlpflichtiger Arzneimittel für Patientinnen und Patienten kostenneutral.

Hinzu komme: „Wenn Versandapotheken künftig aktiv kühlen müssten, müsste dasselbe auch für den Botendienst gelten“, findet Schulze. Millionenfach täglich müssten Apothekenboten – teilweise Fahrradkuriere – dann Datenloggern und aktiver Kühltechnik ausgestattet werden. „Das ist weder praktikabel noch verhältnismäßig. Eine solche Regelung würde also nicht nur den Versandhandel treffen, sondern auch die flächendeckende Versorgung vor Ort schwächen.“

Das Argument, der Botendienst sei nur für kurze Strecken zuständig, während der Versand länger dauere, greift laut Schulze nicht: „Kühlpflichtige Arzneimittel werden im Versand per Express und unter Terminabstimmung ausgeliefert, sodass die Transportdauer in der Regel unter 24 Stunden liegt. Auch in der Good Distribution Practice, kurz GDP, wird keine Grenze zwischen 30 Minuten und mehreren Stunden gezogen, Transport ist Transport.“

„Kein Temperaturproblem“

„Fakt ist: Es gibt kein Temperaturproblem“, so Schulze. „Zusätzliche Kontrollen oder Nachweispflichten würden die Arzneimittelsicherheit nicht erhöhen, aber Bürokratie, Kosten oder Ungleichbehandlung schaffen. Wir fordern daher eine praxistaugliche, risikobasierte Ausgestaltung des Temperaturnachweises statt pauschaler technischer Vorgaben. Aktive Kühlfahrzeuge und validierte passive Kühlverpackungen müssen weiterhin gleichgestellt bleiben, sofern die Temperaturanforderungen nachweislich eingehalten werden können. Nur so bleibt die Versorgung sicher, bezahlbar und wettbewerbsneutral.“