„Honorarforderung ist für uns nicht verhandelbar“ 17.09.2025 12:06 Uhr
Tag 1 nach Präsentation der Eckpunkte zur Apothekenreform: Die Politik hat kein Geld für eine Erhöhung des Fixums, doch die Abda will nicht locker lassen. Bei einer Podiumsdiskussion des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) geriet Vizepräsidentin Dr. Ina Lucas darüber direkt mit Matthias Heidmeier, Staatssekretär im NRW-Gesundheitsministerium, aneinander.
„Die Honorarforderung ist für uns nicht verhandelbar, darüber müssen wir reden“, sagte Lucas. Die Politik müsse Farbe bekennen, ob sie sich Apothekerinnen und Apotheker leisten wolle. Sie rate dringend dazu, denn sie organisierten die Qualität in der Versorgung. „Es geht also im Grunde um die Frage: Wie erhalten wir die Fachkräfte?“
Heidmeier hielt dagegen: „Es gibt nur wenige so starke Partner der Apotheken wie die NRW-Landesregierung, trotzdem sage ich: Sie können nicht sagen: ‚Das ist für uns nicht verhandelbar!‘“
Das Problem der Politk sei: „Wie haben gerade mit Geld ein Thema.“ Man sei im dritten Jahr der Rezession. „Ohne an die Effizienz heranzugehen, werden wir keine Honorarforderung angehen können.“ Heidmeier: „Ich rate den Apotheken dringend, mehr Aufgaben zu übernehmen.“ Bei der Politik laufe man damit offene Türen ein: „Wir werden nächstes Jahr die ambulante Versorgung revolutionieren, dabei setzen wir stark auf die Apotheken. Das Primärarztsystem braucht die Apotheken.“
Apotheken sollen Medikamentenplan in die Hand nehmen
Man sei „vollkommen verliebt“ in das Pharmacy-first-Konzept. Heute gebe es niemanden, der die Verantwortung für den Medikamentenplan habe. „Ich wünsche mir dringend, dass die Apotheken das übernehmen, dann könne man auch mehr Geld für die Apotheken mobilisieren“, so Heidmeier weiter. Aber dazu müssten die Apotheken in Vorleistung gehen: „Ich wünsche mir Ideen und Initiative.“ Aber zur reinen Honorarforderung könne er nur sagen: „Wir haben kein Geld.“
Lucas hielt dagegen: „Dass die Apotheken mehr Geld brauchen, ist nicht erst seit gestern bekannt.“ Die Erkenntnis gebe es lange, aber umgesetzt worden sei wenig. „Die Politik ist der Rahmengeber. Es muss klar sein, dass neue Leistungen auch mit einem Honorar versehen sind. Denn wird sind seit 20 Jahren abgekoppelt, das ist nicht fair.“
Dennoch fand sie auch lobende Worte für die Eckpunkte: Ob es bei den Kompetenzen der PTA, die man begrüße, wirklich bis zur Vertretung gehen müsse, sei zu diskutieren. „Darüber müssen wir sprechen, ich begrüße den Dialog.“ Was das Thema Effizienz angeht, stimmt Lucas mit dem Staatssekretär überein: „Wenn die Honorare nicht so stark steigen wie erforderlich, müssen wir auch an der Effizienz arbeiten.“ Dabei gehe es vor allem um den Abbau von unnötigen Vorschriften, aber auch um den Einsatz von KI. „Das gibt es kluge Ideen und Lösungsvorschläge.“
Die Apotheke vor Ort müsse der Dreh- und Angelpunkt bleiben. Das Zukunftskonzept habe ganz viele Ideen dazu geliefert, was zusätzlich zur Arzneimittelversorgung – was nach wie vor zentraler Leistungspunkt sei – erbracht werden könne. Nahezu alle Vorschläge seien in die Eckpunkte eingegangen. „Ich bin der Ministerin dankbar, dass sie uns das zutraut. Die Apothekerschaft steht bereit.“
Punkte aus Industriesicht „ganz gut“
BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen räumte ein, dass die Eckpunkte nicht das seien, was die Apotheken erwartet hätten. Aber es sei ein schönes Signal, dass sie sich persönlich vorgestellt habe und mit den Apotheken über ihre Pläne gesprochen habe. „Das war ja nicht immer so.“ Ein paar Punkte seien auch aus Sicht der Industrie ganz gut, etwa die Stärkung bei der Prävention. Aber er pflichtete Lucas bei, dass das nicht auch noch umsonst sein sollte. „Das muss vergütet werden.“
Apotheken seien der Ort, wo die Produkte der Hersteller das erste Mal den Patienten erreichten. Daher habe die Industrie ein großes Interesse daran, dass hier weiter eine qualitativ hochwertige Versorgung ermöglicht werde: „Ich will mein Auto ja auch nicht bei Lidl kaufen. In der Apotheke stimmt die Qualifikation, da stimmt die Beratung.“
Auch die Austauschregeln seien zu begrüßen, denn bei Engpässen verdiene am Ende keiner. „Die Erdsatzlösung wird heute nicht honoriert, stattdessen wird der Austausch zusätzlich erschwert und dann drohen auch noch Retaxationen.“
Joachimsen: „Das Gesundheitssystem ist ein Rollensystem für Fehl-Incentivierung.“ Ärgerlich sei, dass immer wieder die Arzneimittelbranche zu Einsparungen herangezogen werden. „Nur weil wir Preisschilder an unseren Produkten haben, sind wir die Deppen.“ Dabei machten Medikamente gerade einmal 11 Prozent der Gesamtausgaben aus, inklusive Großhandel und Apotheken seien es 16 Prozent. „Aber 84 Prozent bleiben bei Sparanstrengungen immer unadressiert. Das kann so nicht weiter gehen.“