Nicht nur für Landapotheken

Fixum: Versender wollen Sicherstellungszuschlag 06.11.2025 11:43 Uhr

Berlin - 

Die Versender kommen bei der Apothekenreform gut weg: Die Temperaturkontrolle wurde auf ein substanzloses Minimum gestrichen, ein Staffelhonorar kommt nicht. Stattdessen soll die Telepharmazie ausgebaut werden. Redcare und DocMorris haben aber auch noch Forderungen, unter anderem zur Vergütung.

 

Der Versenderverband European Association of E-Pharmacies (EAEP) begrüßt die Referentenentwürfe und die dahinterstehende Zielsetzung, die flächendeckende und bedarfsgerechte Arzneimittelversorgung durch strukturelle Reformen langfristig zu sichern. Vor allem Maßnahmen, die auf eine Stärkung und Ausweitung von Angebot und Nachfrage ortsunabhängig oder telepharmazeutisch erbrachter Leistungen einzahlten, seien zu begrüßen. „Wesentliche Bausteine der zukünftigen pharmazeutischen Versorgung werden digitale und damit ortsunabhängige Leistungsangebote durch (Online-)Apotheken sein.“

Ausdrücklich unterstütze man daher die Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), dass es nicht allein finanzieller, sondern struktureller Anpassungen bedürfe, um auch in Zukunft die flächendeckende Arzneimittelversorgung – vor Ort und digital – vor dem Hintergrund der Herausforderungen gewährleisten zu können.

„Das Reformpaket bringt Bewegung in ein System, das dringend auf mehr Flexibilität und Digitalisierung angewiesen ist. Damit werden wichtige Voraussetzungen geschaffen, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten langfristig flächendeckend zu sichern“, kommentiert Redcare-CEO Olaf Heinrich. DocMorris-CEO Walter Hess ergänzt: „Dass Online-Apotheken noch keinen niedrigschwelligen Zugang zur elektronischen Patientenakte haben, keine pharmazeutischen Dienstleistungen abrechnen dürfen und bei der Haustür-Zustellung finanziell benachteiligt werden, ist nicht mehr nachvollziehbar. Der laufende Gesetzgebungsprozess bietet die Chance, das zu ändern.“

So sieht der EAEP strukturellen Nachbesserungsbedarf für die langfristige Sicherstellung der flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung in Deutschland:

Zuschlag für Versender

Nicht nur Landapotheken sollten von einer höheren Vergütung profitieren, sondern alle „für die Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung besonders struktur- und versorgungsrelevanten Apotheken“. Denn Landapotheken gehe es oft noch gut; durch die vorgeschlagene Formulierung könnten auch Versender in den Genuss kommen, wenn sie in entlegene Regionen liefern.

Verhandlungslösung für alle

Die Verhandlungslösung unterstütze man; allerdings sei dabei sicherzustellen, dass die Interessen aller Teilnehmer am Rahmenvertrag „ausreichend und gleichberechtigt“ Berücksichtigung finden. In der Vergangenheit seien europäische Online-Apotheken explizit benachteiligt und rechtswidrig diskriminiert worden. „Die Verhandlungspartner haben sicherzustellen, dass die verhandelte Empfehlung gleichermaßen für alle Apotheken gilt und ortsunabhängige sowie telepharmazeutische Formen der Leistungserbringung ohne Benachteiligung gleichberechtigt berücksichtigt werden.“

Neue Definition für Telepharmazie

Telepharmazie müsse konsequenter genutzt und gleichbehandelt werden. Die im Entwurf vorgesehene Definition umfasse nur synchrone Videoverbindungen und sei zu eng. Es müssten auch andere digitale Kanäle und asynchrone Kommunikationsmittel wie Telefonie, Email oder Chats eingesetzt werden können, um Patienten entlang ihrer individuellen Bedürfnisse zu betreuen. Und auch die Bindung an die Apotheke sollte gestrichen werden. Der Verband schlägt eine komplett neue Formulierung vor: „Telepharmazie umfasst die ortsunabhängige Kommunikation des befugten Apothekenpersonals mit Patienten sowie interprofessionelle Konsile auch mit anderen Heilberufsangehörigen im Rahmen einer pharmazeutischen Tätigkeit. Die Kommunikation erfolgt dabei mittels elektronischer Medien, insbesondere Telefonie oder Video, synchron oder asynchron.“

Kühlkette für Botendienst

Die Vorgaben zur Einhaltung der Kühlkette erfülle man im Versandhandel längst. Stattdessen müssten sie uneingeschränkt auch für den Botendienst der Vor-Ort-Apotheken inklusive besonders sensibler Versorgungsbereiche wie der Krankenhaus- und Heimversorgung gelten.

pDL für Versender

Bisher würden pharmazeutische Dienstleistungen nicht vergütet, wenn sie per Telepharmazie erbracht werden. Das müsse dringend geändert werden, damit diese Leistungen den Patienten niedrigschwellig zur Verfügung stünden. Apotheken brauchten entsprechend zeitnah einen volldigitalen Zugang zur elektronischen Patientenakte (ePA), damit sie telepharmazeutisch erbrachte Leistungen und Änderungen in der Medikation dort jederzeit dokumentieren könnten.

Heimbelieferung auf Distanz

Bei der Heimversorgung sei das Abweichen vom Zuweisungsverbot nachzuvollziehen, grundsätzlich müsse aber die freie Apothekenwahl geschützt bleiben. Stattdessen sollten auch Versendern – gegebenenfalls über Kooperationen mit Apotheken vor Ort – die Heimbelieferung erlaubt werden.

Kein Rx ohne (Online-)Rezept

Die Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente ohne ärztliche Verordnung wird abgelehnt. Hier werde eine rote Linie überschritten: „Diagnostik, Therapie und Abgabe müssen klar getrennt bleiben, um die Patientensicherheit und klare Verantwortlichkeiten zu gewährleisten.“

Botendienstpauschale streichen

Vor-Ort-Apotheken können für den Botendienst eine zustätzliche Vergütung abrechnen, Versender nicht – „obwohl beide die Medikation bis zur Haustür liefern und die Beratung anderweitig erfolgt“. Gleiche Leistungen sollten gleich vergütet werden, findet der Verband und schlägt vor: „Eine Streichung der Botendienstvergütung wäre konsequent und würde GKV-Mittel sparen.“ Dass die Versender darauf kalkulieren, den Apotheken die Lieferung unattraktiver zu machen, verrät der Verband nicht: „Dass der Wettbewerb zwischen Apotheken auch dann für ein breites Angebot an Botendiensten sorgt, wenn diese nicht vergütet sind, zeigt die geübte Praxis vor der Pandemie.“

Die Abschaffung von Nullretaxationen aus formalen Gründen, die Einführung vereinfachter Austauschregeln bei nicht verfügbaren Rabattarzneimitteln und der Abbau regulatorischer Hürden für den Apothekenbetrieb sowie die PTA-Vertretung werden begrüßt.