Apothekenrettung ist Selbstzahlerleistung 17.10.2025 14:59 Uhr
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat die Maßnahmenübersicht zur Apothekenreform vorgelegt. Klar ist, die Apotheken sollen entlastet, in der Fläche erhalten und mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden, aber finanzielle Mittel stehen dafür nicht zur Verfügung. Eine Honorarerhöhung gibt es nicht. Somit wird die Apothekenrettung zur Selbstzahlerleistung, denn mit mehr Kompetenzen und Entbürokratisierung lässt sich keine Apotheke retten. Ein Kommentar von Nadine Tröbitscher.
Die Politik setzt in puncto Gesundheit auf mehr Eigenverantwortung – vor allem finanziell. Erst vor Kurzem hat Tino Sorge (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im BMG, einen Basistarif für gesetzlich Krankenversicherte vorgeschlagen. Dieser könne durch individuell buchbare Zusatztarife erweitert werden. Auf die Selbstzahlerleistung wird auch in der Maßnahmenübersicht zur Apothekenreform gesetzt. Für die zusätzlichen Leistungen, die Apotheken entlasten und Versorgungslücken schließen sollen, sollen die Bürger:innen zahlen. Geld vom Staat für die wirtschaftlich angeschlagen Betriebe steht nicht zur Verfügung.
Das Apothekenhonorar wird nicht erhöht – auch wenn der Koalitionsvertrag ein Plus auf 9,50 Euro vorsieht. Im Maßnahmenkatalog des BMG ist lediglich eine Verhandlungslösung enthalten. Apotheker und GKV sollen über die Anpassungen für die Apothekenvergütung verhandeln. „Um konstruktive Verhandlungen zu fördern, sollen rechtlich verbindliche Leitplanken in Form bestimmter Indizes vorgegeben werden. Die ausgehandelten Anpassungen werden dem Verordnungsgeber als Empfehlung übermittelt und sollen bei künftigen Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung einbezogen werden“, heißt es.
Damit rückt die Erhöhung des Fixums in weite Ferne, denn es ist viel Verhandlungsgeschick gefragt und das von den „zu lieben Apotheker:innen“, wie Dr. Georg Kippels kürzlich deutlich machte, die sich mitunter „selbst im Weg stehen“.
Geld von den Patient:innen, nicht aus dem System
Um den Apotheken dennoch Geld zukommen zu lassen, sollen Apothekerinnen und Apotheker mehr Kompetenzen erhalten. Zahlen sollen dafür die Versicherten, und zwar nicht nur für das Arzneimittel. Bis zu 5 Euro können Apotheken für den erhöhten Beratungsaufwand verlangen, wenn verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden, beispielsweise bei bekannter Langzeitmedikation oder zur Behandlung akuter, unkomplizierter Formen bestimmter Erkrankungen. Außerdem soll das Angebot patientennaher Selbsttests ausgeweitet werden – auf Selbstzahlerbasis versteht sich.
Schnelle finanzielle Hilfe gibt es aus dem pDL-Topf – aber nur für Landapotheken. Der Zuschlag für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) in Höhe von 20 Cent pro Packung soll auf den pauschalen Notdienstzuschuss umverteilt werden. Apotheken in der Stadt, wo sich das Apothekensterben ebenfalls ungebremst fortsetzt, gehen leer aus. Leer wird damit auch der pDL-Topf, wobei pDL weiterentwickelt und im Rahmen von Präventionsmaßnahmen ausgeweitet werden sollen.
Wer die neuen Leistungen zahlen soll, lässt der Katalog offen. Zumindest sollen Ärzt:innen diese verorden können. Da stellt sich die Frage, ob es sich hierbei auch um Selbtszahlerleistungen im Rahmen von buchbaren Zusatzleistungen handelt. Um das eigene Angebot an pDL zu erweitern, Präventionsleistungen anzubieten, die ausgeweiteten Impfmöglichkeiten nutzen zu können oder eine Zweigapotheke zu eröffnen, müssen Apotheker ebenfalls zu Selbstzahlern werden. Retten kann sich also nur, wer noch Rücklagen hat.
Gut gemeint, nicht gut gemacht
Auf mehr Geld haben sicherlich auch PTA gesetzt, denn sie sollen künftig Apotheker:innen vertreten dürfen. Möglich soll dies für maximal 20 Tage im Jahr werden – davon höchstens zehn zusammenhängend –, aber nur wenn sich PTA entsprechend weiterqualifiziert haben. Das Wie ist offen und auch von einem finanziellen Plus ist keine Rede – wie auch, wenn den Apotheken ohnehin kein höheres Honorar zukommt und sie kaum die Mindestlohnerhöhung stemmen können.
Gut gemeint, ist eben nicht immer gut gemacht. Auch wenn einige Maßnahmen den Apotheken Erleichterungen bringen – zumindest auf Bürokratieseite –, wird einmal mehr klar, dass Apotheken für ihr wirtschaftliches Überleben selbst verantwortlich sind. Kaufmann vor Heilberuf, lautet die Devise – auch wenn Ministerin Nina Warken (CDU) da anderer Ansicht zu sein scheint.
Es geht primär ums Geschäft und nicht um die Gesundheit einer ebenfalls finanziell angeschlagenen Gesellschaft. Selbstzahlerleistungen kann nur stemmen, wer auch Geld dazu hat, doch ohne tatsächliches Wirtschaftswachstum werden das immer weniger sein und in immer mehr Apotheken wird das Licht ausgehen.