Betriebsprüfung

Finanzgericht: Apotheken sind Großbetriebe Alexander Müller, 25.06.2013 08:14 Uhr

Keine Brezelbude: Laut dem Finanzgericht Sachsen-Anhalt müssen Apotheken - anders als Kioske und andere Kleinstbetriebe - jeden Einzelverkauf aufzeichnen. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Nicht einmal die Finanzgerichte sind sich darüber einig, welche Daten Apotheken bei einer Betriebsprüfung herausgeben müssen. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gesteht dem Fiskus weitgehende Rechte zu: Grundsätzlich seien alle steuerrelevanten Informationen der Warenwirtschaft aufzubewahren, lautet die jetzt vorliegenden Begründung des Urteils vom 23. Mai. Weil das Hessische Finanzgericht in einem anderen Fall zu Gunsten des Apothekers entschieden hat, wird sich nun der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage befassen.

In Sachsen-Anhalt wollte der Betriebsprüfer die Verkaufsdatei des Apothekers einsehen – also alle Einzeldaten aus der Warenwirtschaft. Der Apotheker hatte gegen diese Forderung geklagt, weil der Fiskus aus seiner Sicht keinen Anspruch auf diese Daten hat. Das Gericht gab dem Finanzamt recht, ließ aber Revision zum BFH zu.

Umstritten ist schon, ob Apotheker diese Daten überhaupt aufbewahren müssen. Laut dem Urteil ist die Aufzeichnungspflicht in der Abgabenordnung (AO) zwar nicht genau definiert. Erfasst seien aber auch „sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind“. Hierunter fielen auch Kassenunterlagen, da sie dem Verständnis der Abläufe und damit der Überprüfung dienen könnten.

Die geprüfte Apotheke erwirtschaftete in den Prüfjahren durchschnittlich mehr als sieben Millionen Euro, führen die Richter aus. Geschäfte in diesem Umfang seien überhaupt nur mittels eines Warenwirtschaftssystems möglich, das auch Einzeldaten speichern könne. Eine Apotheke sei daher nicht mit einem kleinen Taxibetrieb, Bäckerei, Imbiss, Kiosk oder sonstigen Kleinstbetrieben zu vergleichen, so die Richter.

Die strittigen Daten ließen sich mit der Apotheken-EDV ohne Probleme technisch erfassen. Eine Aufzeichnung der Kassenzeile ist daher aus Sicht der Richter keine Zumutung gegenüber dem Apotheker. Es sei auch nicht schlüssig, dass dieser betriebswirtschaftlich auf die Erhebung der Daten angewiesen sei, eine Aufzeichnungspflicht aber als unzumutbar angesehen werden sollte, so die Richter.

Der Fiskus darf demnach auch auf Daten zugreifen, die der Apotheker aufgrund anderer Vorschriften erheben muss – etwa bei der Abgabe von Betäubungsmitteln. „Denn diese Aufzeichnungen sind zumindest zur Verprobung der zu steuerlichen Zwecken geführten Bücher und Aufzeichnungen geeignet“, so die Richter.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Finanzgericht Sachsen-Anhalt Revision zum BFH zugelassen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch deshalb notwendig, weil das Hessische Finanzgericht den Datenhunger des Fiskus in einem anderen Verfahren beschränkt hat: Ohne formale Aufzeichnungspflicht für die Kassenzeile müsse der Apotheker diese auch nicht aufbewahren, hieß es im Urteil vom 24. April.

Das Hessische Finanzgericht hatte gegen seine Entscheidung keine Revision zugelassen. Bis zum 8. August kann das Finanzamt aber noch Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einlegen.