Approbationsentzug

Berufsunwürdig – was heißt das eigentlich? APOTHEKE ADHOC, 28.09.2018 10:26 Uhr

Berlin - 

Ohne Betriebserlaubnis keine Apotheke, ohne Approbation kein Handverkauf. Macht sich ein Apotheker eines groben Fehlverhaltens schuldig, droht ihm der Verlust der Selbstständigkeit oder im schlimmsten Fall ein komplettes Berufsverbot. Was sind die Gründe für diese Art der beruflichen Höchststrafe?

Apotheker stehen unter besonderer Beobachtung – es geht um ihre Integrität, in die die Patienten uneingeschränkt vertrauen können sollen. Laut § 2 Apothekengesetz (ApoG) ist die erforderliche Zuverlässigkeit zur Leitung einer Apotheke nicht gegeben, wenn „Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Antragstellers in Bezug auf das Betreiben einer Apotheke dartun“. Dazu gehören insbesondere „strafrechtliche oder schwere sittliche Verfehlungen, die ihn für die Leitung einer Apotheke ungeeignet erscheinen lassen“. Auch durch „gröbliche oder beharrliche Zuwiderhandlung“ gegen die gesetzlichen Vorschriften kann sich ein Apotheker als unzuverlässig erweisen.

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Antragsteller unzuverlässig ist, bedarf es einer Prognoseentscheidung. Kritisch wird es, wenn das Verhalten in der Vergangenheit aufgrund der Art, Schwere und Zahl von Verstößen gegen Berufspflichten den Schluss zulässt, der Betroffene biete nicht die Gewähr, in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu beachten. Zu berücksichtigen sind die gesamte Persönlichkeit des Apothekers und seine Lebensumstände.

In der Regel landen entsprechende Fälle vor Gericht. Kommen die Richter im Eilverfahren nach summarischer Prüfung zu dem Schluss, dass nur geringe Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage bestehen, überwiegt in der Regel das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung.

Da solche Maßnahmen gravierend in die Berufsfreiheit des Betroffenen eingreifen, sind strenge Anforderungen an die Notwendigkeit eines Sofortvollzugs zu stellen. Dieser ist nur gerechtfertigt, wenn eine Gesamtwürdigung der Umstände ergibt, dass eine weitere Berufstätigkeit während der Dauer des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter oder für Dritte befürchten lässt. Der Sofortvollzug ist insbesondere erforderlich, um Gefahren für die Gesundheit von Kunden der Apotheke abzuwenden.

In besonders gravierenden Fällen kann auch die Approbation von den zuständigen Aufsichtsbehörden widerrufen werden. Dazu muss sich der Apotheker laut § 6 Bundesapothekerordnung (BApO) „eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergibt“. Die Aufsicht entscheidet, ob einem Pharmazeuten bei Verfehlungen nicht nur die persönliche Eignung zum Führen seines Betriebs, sondern auch zur Ausübung seines Berufs abgesprochen wird.

Wird ein Apotheker wegen sogenannten Offizialdelikten wie Mord, Totschlag, Steuer- und Abrechnungsbetrug angeklagt, ergeht vom Gericht automatisch eine Information an die zuständige Behörde – in den meisten Fällen ist die Aufsicht bei den Ländern angesiedelt. Auch Drogenhandel oder Alkoholmissbrauch können die Approbation kosten.

Mit dem Widerruf von Approbation beziehungsweise der Betriebserlaubnis muss die Aufsichtsbehörde nicht warten, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, Das hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bereits 2002 im Falle eines Apothekers entschieden, der die AOK in großem Stil betrogen hatte, sich später aber mit der Kasse auf einen Vergleich einigen konnte. Schon ein rechtskräftiger Strafbefehl – also eine gerichtliche Entscheidung im summarischen Verfahren – genüge, um die Verfehlungen berufsrechtlich zu ahnden.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg entschied später im Fall einer Krankenschwester, dass sich noch nicht einmal ein Gericht mit der Sache auseinandergesetzt haben muss. Schon aus der Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft könne im Einzelfall der Schluss auf die Unzuverlässigkeit gezogen werden, die einen Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung rechtfertige.

Auch Alkoholmissbrauch gilt bei den Aufsichtsbehörden als kritisches Thema. Wer als Apotheker wegen Alkohol am Steuer bei der Polizei auffällt, muss damit rechnen, dass die Aufsicht informiert wird. Aus Nordrhein-Westfalen hieß es vor einiger Zeit, dass die Führerscheinstellen alle Auffälligkeiten an die Regierungspräsidien melden. Die Aufsichtsbehörden interessiert in solchen Fall weniger das Strafverfahren wegen Trunkenheit. Stattdessen wird geprüft, ob der Apotheker noch zur Ausübung des Berufs gesundheitlich geeignet ist.

Immer wieder gibt es Fälle, in denen Apotheker mit der Leitung überfordert sind. So musste in Bremen zuletzt eine Apothekerin ihre Apotheke verkaufen, weil sie wiederholt ihre PTA alleine gelassen und gegen zahlreiche weitere Vorschriften verstoßen hatte. Im nordrhein-westfälischen Sundern einigte man sich in einem ähnlichen Fall auf einen Vergleich: Der Apotheker drei seiner vier Apotheken abgegeben, die verbliebene Filiale darf er weiter betreiben. In Köln wurde einer 83-jährigen Apothekerin die Betriebserlaubnis wegen Hygieneproblemen entzogen.

Deutlich häufiger sind Fälle, in denen Apotheker wegen Steuer- oder Abrechnungsbetrugs erst mit der Strafverfolgung und dann mit der Behörde Probleme bekommen. Zuletzt verlor ein Apotheker aus Aachen die Betriebserlaubnis, weil er jahrelang eine Manipulationssoftware eingesetzt, Kapitalerträge aus Vermögensanlagen nicht deklariert und bewusst falsche Steuererklärungen abgegeben hatte. Das Gericht attestierte ihm erhebliche persönliche „Defizite in der Rechtstreue“.

Wegen jahrelanger Steuerhinterziehung war in einem ähnlichen Fall bereits 2014 zwei OHG-Apotheker aus Bayern bereits 014 die Betriebserlaubnis ihrer gemeinsamen Apotheke entzogen worden. Das Verwaltungsgericht Ansbach bestätigte damals das Vorgehen des Landratsamtes. Weil die Apotheker jahrelang mittels manipulierter Apothekensoftware Geld am Fiskus vorbei geschleust hatten, fehle ihnen die für den Beruf notwendige Zuverlässigkeit, so das Gericht.

Als Apotheker Steuern zu hinterziehen, kann im Extremfall sogar die Approbation kosten. Allerdings könne nur ein erhebliches steuerliches Fehlverhalten einen Approbationsentzug rechtfertigen, urteilte das Verwaltungsgericht Augsburg 2016. Der Widerruf der Approbation als schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht der freien Berufswahl dürfe nur „die letzte und äußerste Maßnahme” sein. Dem Betroffenen werde nämlich sowohl die Tätigkeit als selbstständiger als auch als angestellter Apotheker genommen, so die Richter. In dem Fall hatte ein Apothekenleiter aus Bayern den Fiskus über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg um mehr als 90.000 Euro geprellt – zu wenig, um ihm seine berufliche Grundlage zu entziehen, entschieden die Richter.

Ohne Einsicht und Reue kann es allerdings härtere Strafe geben: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte den Approbationsentzug gegen einen Zahnarzt bestätigt, der rund 60.000 Euro hinterzogen hatte. Das Problem: Sein Geständnis hatte der Mediziner erst am Ende der Verhandlung abgelegt, es sei zudem nur von wenig Reue und Schuldeinsicht getragen gewesen. Im Fall von Abrechnungsbetrug kann schon Beihilfe die Approbation kosten, wie der VGH 2013 entschieden hatte.

Wie seht ihr das? Sind solche drakonischen Strafen gerechtfertigt, weil es um das Ansehen des Berufs und die Versorgung der Patienten geht? Oder reicht das Strafverfahren aus? Was habt ihr vielleicht selbst schon im Betrieb erlebt und wie seid ihr damit umgegangen? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!