Anti-Korruptionsgesetz

Keine Korruption bei Skonti und Rabatten Alexander Müller, 29.07.2015 12:23 Uhr

Berlin - 

Apotheker müssen nicht ins Gefängnis, auch wenn sie von Herstellern oder Großhändlern hohe Rabatte annehmen. Die Bundesregierung sieht in ihrem heute vom Kabinett beschlossenen Anti-Korruptionsgesetz eine Strafbarkeit nur dann vor, wenn dabei die heilberufliche Unabhängigkeit auf der Strecke bleibt.

Das Bundeskabinett hat in der Rekordzeit von vier Minuten alle Beschlüsse gefasst, darunter das Anti-Korruptionsgesetz für das Gesundheitswesen. Die Leitung hatte ausnahmsweise Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) – Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist im Wanderurlaub in Südtirol. Die Sitzung des Bundeskabinetts dauerte insgesamt nur 13 Minuten. Neben Maas zählte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zu den insgesamt acht vertretenen Ministern.

Nach dem Anti-Korruptionsgesetz drohen Ärzten und Apothekern bis zu drei Jahren Haft, wenn sie sich bestechen lassen. Besonders schwere Fällen von Bestechung oder Bestechlichkeit werden sogar mit fünf Jahren Haft geahndet. Strafantrag stellen dürfen Geschädigte, Wettbewerber, Kammern und Berufsverbände sowie – was nachträglich eingefügt wurde – die Krankenkassen.

Ein Apotheker macht sich künftig etwa strafbar, wenn er gegen seine heilberufliche Unabhängigkeit verstößt. Der Gesetzesentwurf verweist auf die Berufsordnung, wonach eine Beratung herstellerunabhängig erfolgen muss. „Eine Verletzung dieser Pflicht kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass der Apotheker für die Abgabe bestimmter Arzneimittel Vorteile erhält und danach seine Beratung und Abgabe ausrichtet“, heißt es im Entwurf.

Die Annahme von Skonti oder Rabatten fällt damit nicht unter den neuen Strafparagraphen – solange der Apotheker dafür keine Gegenleistung verspricht, die seine Unabhängigkeit einschränkt. Die Strafbarkeit soll „nicht an eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb anknüpfen“, heißt es. Im Einkauf könne eine Bevorzugung auch wegen Verstößen gegen Preis- und Rabattvorschriften unlauter sein. Dann fehle aber der „korruptionsspezifische Unrechtsgehalt“ oder eine „Beeinträchtigung des Vertrauens in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen“, so die Begründung.

Im ersten Referentenentwurf hatte sich das Bundesjustizministerium (BMJV) noch konkreter auf das Arzneimittelpreisrecht bezogen: „Für Apotheker kann sich die Unlauterkeit daraus ergeben, dass die gesetzlichen Preisvorschriften der Arzneimittelpreisverordnung beim Bezug von Arzneimitteln umgangen werden“, hieß es. Diese Formulierung wurde gestrichen und taucht in der Begründung des Kabinettsentwurfs nicht mehr auf. Branchenübliche und allgemein anerkannte Rabatte waren aus Sicht der Politik allerdings ohnehin nicht betroffen.

Diese Passage ist geblieben. Wörtlich heißt es: „Bei branchenüblichen und allgemein gewährten Rabatten und Skonti kann es bereits an der Unrechtsvereinbarung fehlen, da diese nicht als Gegenleistung für eine konkrete Bezugsentscheidung gewährt, sondern allgemein gegenüber jedermann angeboten werden.“ Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme ebenfalls gefordert, dass nicht jedwedes schlicht unlautere Verhalten von dem Straftatbestand erfasst werde.

Klargestellt ist auch, dass bloße Verstöße gegen berufsrechtliche Verbote der Vorteilsannahme nicht zur Strafbarkeit führen. Es kommt auf das Gegenleistungsverhältnis an. Beim Bezug von Arzneimitteln ist dies die Einschränkung der Unabhängigkeit. Der Vorteil an sich – auch wenn er eine berufsrechtliche Pflicht verletzt – ist strafrechtlich noch keine Gegenleistung.

Ausgeklammert werden explizit gewollte Kooperationen. Wenn die Bevorzugung berufsrechtlich zulässig ist, kann sie strafrechtlich verständlicherweise nicht unlauter sein. Ohnehin müsste es auch hier einen „Zusammenhang zwischen Vorteil und heilberuflicher Handlung“ geben, also eine konkrete „Unrechtsvereinbarung“.

Hintergrund für die Gesetzgebung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2012, wonach sich korrupte Ärzte nach geltendem Recht nicht strafbar machen. Seitdem diskutiert die Politik über eine Lösung. Justizminister Maas hatte Ende Januar seinen ersten Gesetzentwurf vorgelegt. Technisch soll das Strafgesetzbuch (StGB) um § 299a und b ergänzt werden: Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen.