Neben- und Wechselwirkungen von Medizinalcannabis 19.11.2025 09:05 Uhr
Nebenwirkungen gut managebar
Wie bei jeder medizinischen Anwendung können auch Medizinalcannabisblüten Nebenwirkungen und Wechselwirkungen verursachen. Häufige Nebenwirkungen bei Medizinalcannabisblüten wie beispielsweise Schwindel, Müdigkeit, rote Augen oder Kopfschmerzen sind meist Folge einer zu hohen Dosis. Hierbei empfiehlt sich stets eine Dosissenkung. Bei sachgerechter Anwendung gelten medizinische Cannabisblüten als gut verträglich. Es handelt sich um natürliche Wirkstoffe, die keine Wirkung auf das Stammhirn entfalten und somit keine Atemdepression verursachen können.
Wechselwirkungen auf verschiedene Weisen möglich
Die Wechselwirkung von Medizinalcannabisblüten mit anderen Medikamenten ist komplex. Dies hat mit spezifischen Vorgängen im Körper beim Abbau der Cannabinoide in der Leber zu tun. Anders als bei der inhalativen Einnahme führt die orale Einnahme dort zu einer extensiven Metabolisierung.
Die Cannabinoide THC und CBD können dabei sowohl als Täter wie auch als Opfer fungieren. Sie hemmen pharmakokinetisch die CYP-Enzyme und werden als Substrat abgebaut.
Pharmakokinetisch können daher potenziell alle Medikamente, die in der Leber metabolisiert werden, durch den Abbau der Cannabiswirkstoffe in ihrer Wirkung geschwächt beziehungsweise verstärkt werden. Dies ist besonders bei Arzneimitteln mit engem therapeutischem Fenster der Fall.
Wechselwirkungen mit therapeutisch relevanten Arzneimittelgruppen wie Antikoagulanzien, Antiepileptika, Immunsuppressiva, Makrolid-Antibiotika und Antimykotika, Analgetika und Medikamenten mit Wirkung auf das zentrale Nervensystem sind bekannt und treten dabei meist dosisabhängig auf.
Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Antimykotika oder Makrolid-Antibiotika durch ihre CYP3A4-Metabolisierung bei gleichzeitiger Gabe von THC eine drei- bis vierfach höhere AUC-Kurve aufweisen. Bei Einnahme von THC und dem Blutgerinnungshemmer Warfarin steigt das Blutungsrisiko, da der CYP2C19-gesteuerte Abbau von Warfarin reduziert wird. Bestimmte analgetische Arzneistoffe wie Tramadol können ebenfalls durch den Mechanismus der Heterodimerisierung der Opioidrezeptoren und Cannabinoidrezeptoren Wechselwirkungen mit THC auslösen. Bei dem Opioidanalgetikum Oxycodon und einer Dosierung von über 30 mg THC pro Tag ist ein langsamerer Abbau des Wirkstoffs zu erwarten. Eine Dosisanpassung ist hier in Betracht zu ziehen.
Zu einer solchen Verlangsamung des Abbaus kommt es auch bei der Interaktion zwischen THC und dem Calciumantagonisten Verapamil. Spezifische Proteine werden an der Blut-Hirn-Schranke gehemmt, wodurch THC stärker ins Gehirn gelangt. Dies kann zu einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen führen.
CBD zeigt sich besonders interaktionsfähig
CBD ist insgesamt stärker interaktionsfähig als THC. Hohe Dosen CBD mit über 300 mg/Tag können Wechselwirkungen mit bestimmten Benzodiazepinen sowie anderen Arzneistoffen wie Antiepileptika und Immunsuppressiva auslösen. CBD kann den Abbau des aktiven Metaboliten N-Desmethylclobazam hemmen und dadurch dessen Konzentration im Blut erhöhen. Hierdurch nimmt das Risiko für Sedierung und Schwindel, Gangunsicherheit und weitere Nebenwirkungen zu. Es kann bei Dosen von über 1 Gramm pro Tag zu einem Anstieg der Tacrolimus-Plasmaspiegel kommen. Eine engmaschige therapeutische Überwachung und gegebenenfalls Dosisanpassung von Tacrolimus werden empfohlen.
Bei Beratung Medikation prüfen
In der Beratung ist daher stets die aktuelle Medikation der Patient:innen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere bei Wirkstoffen mit geringer therapeutischer Breite oder solchen, die das zentrale Nervensystem beeinflussen – und selbstverständlich bei multimorbiden Patient:innen.