Effiziente Rezeptprüfung und Fehlervermeidung 30.07.2025 09:00 Uhr
Eine sorgfältige Rezeptprüfung ist entscheidend, um „Retaxfallen“ und Verzögerungen bei der Abgabe von Medizinalcannabisblüten zu vermeiden. Häufige Hindernisse sind unvollständige Angaben oder aufwändige Rezeptänderungen – und auch das neue E-Rezept mischt mit.
Typische Retaxfallen und Verordnungsfehler
Eine der häufigsten Fehlerquellen bei Kassenrezepten und Rezepten zulasten der Gesetzlichen Unfallversicherungen (BG-Rezepten) ist die Verordnung von mehr als einer Medizinalcannabisblütensorte pro Rezept. Falls ein Patient mehrere verschiedene Medizinalcannabisblüten (oder -Extrakte) benötigt, muss die Arztpraxis – gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) – für jede Sorte ein separates Rezept ausstellen. Auf Privatrezepten dürfen maximal 3 Medizinalcannabisblütensorten verordnet werden.
Ebenso essenziell ist eine vollständige Dosierungsangabe: Hierbei muss eine klare Tages- bzw. Einzeldosis angegeben oder auf eine schriftliche ärztliche Anweisung verwiesen werden. Der Vermerk >>DJ<< („Dosierungsanweisung vorhanden: ja“) ist bei Rezepturen nicht zulässig.
Weiter müssen alle weiteren Angaben gemäß AMVV vorhanden sein. Also, neben der Applikationsform, die korrekte Angabe der verschriebenen Menge, Sorte und des THC-Gehalts. Ein bedeutender Fallstrick dabei: In Deutschland werden Medizinalcannabisblüten derzeit je nach Bundesland unterschiedlich eingestuft:
- In Bayern (und teilweise Baden-Württemberg) gelten Medizinalcannabisblüten als Aktive Pharmazeutischer Substanz (API). Dadurch muss die Menge plus nur die Sorte oder der THC-Gehalt der PZN-Listung angegeben werden – nicht zwingend beides. Ausreichen würde demnach z.B. „Cannabisblüten, Canopy Medical 28/1 Kush Mint, 30g“ oder „Cannabisblüten, 27% THC, 30g“. Im letzteren Fall einer unspezifischen Sortenverordnung kann die passende Medizinalcannabisblüte von der Apotheke ausgewählt werden.
- In allen anderen Bundesländern werden Medizinalcannabisblüten momentan als Intermediäres Arzneimittel behandelt, weshalb Sorte und THC-Gehalt plus Menge verpflichtend sind. Also z.B. „Cannabisblüten, Canopy Medical 28/1 Kush Mint, 27% THC, 30g“.
Zudem muss die Sonder-PZN korrekt gewählt werden: 06460694 für unverarbeitete Medizinalcannabisblüten; 06460665 für Medizinalcannabisblüten in Zubereitung.
Für Apotheken an Bundeslandgrenzen ist nicht klar geregelt, ob die AMVV gemäß Abgabeort oder Verordnungsort anzuwenden ist. Eine konservative Rechtspraxis könnte sein, sich hier am Verordnungsort zu orientieren.
E-Rezepte und Rezeptänderungen
Da Medizinalcannabisblüten Rezepturarzneimittel sind, ist bei E-Rezepten darauf zu achten, dass diese nicht als Freitextverordnung, sondern als Rezepturverordnung ausgestellt wurden. Gegebenenfalls muss eine Umwandlung im Apothekensoftwaresystem erfolgen. Bei Privatrezepten ist dies nicht zwingend erforderlich, was ca. 5 Minuten Änderungsaufwand pro Rezept spart.
Wurde eine feste Medizinalcannabisblütensorte verordnet (vgl. API-Status) und ist nicht verfügbar, dann muss eine Substitution auf einem Kassenrezept – aufgrund der Retaxgefahr – stets von der Arztpraxis kenntlich gemacht werden (via Stempel/neuem Rezept). Gleiches gilt für zentrale Arzneimittelangaben wie Menge, THC-Gehalt oder Dosierung. Andere Angaben wie z.B. Arztname oder Telefonnummer können nach Rücksprache auch von der Apotheke berichtigt werden.
Die Versorgung von Privatrezepten ist flexibler: Hier kann sich eine Apotheke von (lokalen) Ärzten eine expertenbezogene Erklärung aushändigen lassen, dass medizinische Cannabisblütensorten bei Nichtverfügbarkeit im gesetzlichen Rahmen (+/- 10% des THC-Gehalts) und unter Einbezug der Erfahrung des Apothekers mit vergleichbaren Sorten substituiert werden können. Ansonsten darf die Substitution ebenfalls nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen.
Prozessoptimierung bei der Versorgung
Zur Vermeidung aufwändiger Rezeptkorrekturen sowie für eine effiziente Patientenversorgung, ist eine enge Abstimmung zwischen Arzt und Apotheke sinnvoll. Idealerweise können Ärzte bereits bei der Verordnung die lokal verfügbaren Medizinalcannabisblüten über z.B. Live-Bestandslisten einsehen – und Patienten gegebenenfalls sogar Vorreservierungen tätigen. Letzteres sollte auch in der Patientenberatung aufgegriffen werden. Für schnelle Abstimmungen mit Ärzten und Fachkreisen sind eigene Mailadressen oder Telefonnummern ratsam.