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Online-Versand – warum so viele Apotheken zögern und wie Endverbraucher doch noch zu ihrem Online-Shop kommen 14.11.2017 12:15 Uhr

Im Endeffekt gibt es sie immer: zwei Gruppen. In diesem Fall Endverbraucher und Apotheker. Was die einen erwarten, ist nicht immer dasselbe, was die anderen anbieten oder glauben, anbieten zu müssen. Marktforschung hilft seit jeher dabei, herauszufinden, was die Bedürfnisse des Kunden sind und wie der Markt darauf reagiert. Wo liegen die Lücken zur Verbesserung, in welchen Punkten stimmen beide Parteien überein? Der Online-Versand in Apotheken ist so ein Thema. Was erwarten Kunden eigentlich und was bieten Apotheken bisher? Im Rahmen des ALIUD APOTHEKENREPORT wurden im April 2017 300 Apotheker zwischen 25 und 70 Jahren von dem Marktforschungsinstitut pharma-insight im Auftrag von ALIUD PHARMA® zur Digitalisierung in Apotheken befragt. Die Ergebnisse wurden durch eine repräsentative Endverbraucher-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH ergänzt, in der 2.043 Personen zu ihrer Erwartung an eine digitale Apotheke befragt wurden. Der Versandhandel war ein zentrales Thema bei diesem Report.

Nachfolgend sind die zentralen Ergebnisse von Apotheken und Endverbrauchern über Wünsche, Erwartungen und Realität im Versandhandel wiedergegeben.

Was wünschen sich Endverbraucher und wie sehen das die Apotheker?

Die Antworten auf diese beiden Punkte liegen laut dem ALIUD APOTHEKENREPORT 2017 nah beieinander. Auf beiden Seiten wurde betont, dass besonders die Online-Vorbestellfunktion sowie eine Notdienstinformation auch nach Ladenschluss gewünscht würden. Der Endverbraucher wünschte sich allerdings als dritten Punkt eine Online-Suche nach Apotheken, während die Apotheker auf die Lieferungen mit den online vorbestellten Medikamenten verwiesen. Es scheint dem Endverbraucher also tatsächlich in erster Linie um Information und Zugänglichkeit zu gehen – auch beim Thema Online-Shop.

Apotheker sehen Versandhandel kritisch

Während die Endverbraucher sich jedoch vor allem gute Preise (62%) und einen bequemen und dauerhaft zugänglichen Shop (61%) sowie die Lieferung an die Haustür (52%) wünschen, haben die medizinischen Fachkräfte auch die Herausforderungen, die mit einem Online-Handel verbunden sind, im Blick.

Tatsächlich äußerten sich ganze 100% kritisch und gaben an, sie sähen Herausforderungen beim Versandhandel. Dies könnte erklären, warum derzeit die meisten Apotheken noch zurückhaltend sind, wenn es darum geht, einen eigenen Online-Shop zu eröffnen. Laut dem ALIUD APOTHEKENREPORT 2017 sind zwar die meisten Apotheken bereits auf Vorstufen des Online-Handels aktiv, wie zum Beispiel dem Angebot einer Vorbestellung über E-Mail oder Chat (77%) oder auch über SMS oder Apps (57%). Einen ausgereiften Webshop haben aber die wenigsten (17%) und auch nur 12% weitere Prozent planen dies in der näheren Zukunft zu ändern. Aber was ist es, das die Apotheken zurückhält?

Die Beratung ist das A und O in medizinischen Fragen

Ein Online-Shop würde Patienten die Möglichkeit geben, ganz ohne Beratung an Medikamente zu kommen, so die am häufigsten genannte Befürchtung der Apotheker. Ganze 93,7% gaben dies als Grund an, einen Online-Versandhandel kritisch zu betrachten. Bei den Endverbrauchern waren es dagegen nur 9%. Da beinahe alle Apotheker (97,3%) angaben, der persönliche Kontakt zum Kunden und die fachmännische Beratung seien die wichtigste Aufgabe eines Apothekers, ist es nur verständlich, dass die Angst vor fehlender Beratung, die in unzureichender Information für den Kunden gipfelt, was dann zu einer Fehldiagnose und ggf. zu einem Fehlkauf führt (diese Befürchtung äußerten immerhin noch 84,6%), der ausschlaggebende Grund dafür ist, nicht in einen Online-Versandhandel zu investieren.

Ist die Angst berechtigt und werden sich die Endverbraucher damit zufriedengeben?

Wie ein Test des ZDF-Formats WISO kürzlich zeigte, ist die Angst durchaus begründet. In dem Test wurde unter ärztlicher Betreuung 4-mal eine Reihe von Medikamenten in 4 verschiedenen Online-Versandapotheken gekauft. Getestet wurde auf Information zu den Medikamenten und deren Einnahme sowie auf Hinweise zu den Wechselwirkungen einiger zusammen gekaufter Medikamente. Das erschreckende Ergebnis: 3 von 4 Online-Shops fielen komplett durch, sie informierten nicht über mögliche Wechselwirkungen, obwohl die betreffenden Medikamente gemeinsam bestellt wurden. Auch zur Einnahme und Wirkweise der Medikamente wurde kaum informiert.

Die befragten Apotheker scheinen mit ihrer Befürchtung also das richtige Bauchgefühl gehabt zu haben. Dennoch haben Endverbraucher Bedürfnisse und die möchten erfüllt werden. Auch Amazon fängt nun an, Medikamente zu verschicken, und wenn die Apotheken ihren fachmännischen Rat auch weiterhin an den Patienten bringen wollen – und das sollten sie aus oben genannten Gründen dringend tun! –, dann sollten sie jetzt handeln.

92,3% der Apotheker befürchten einen fehlenden Kundenkontakt. Was jedoch nicht angemerkt wurde: Dies liegt ja in der Hand des Shopvertreters. Es stimmt, der fehlende persönliche Kontakt darf nicht dazu führen, dass die Patienten nicht mehr informiert werden. Wie dies geschehen soll, wenn der Kunde nicht mehr vor einem steht, sondern am anderen Ende einer Leitung sitzt, liegt jedoch ganz in unseren Händen. Der Anfang ist gemacht: Mit Vorbestellungen über einen Chat oder eine App. Doch auch vollständig online ablaufende Prozesse können so automatisiert und personalisiert werden, dass Informationen angezeigt werden, dass der Kunde ggf. um Rückruf und Bestätigung gebeten wird oder einen Warnhinweis auf seinen Bildschirm bekommt.

Die Befürchtung der Apotheker sollte zukünftig ebenso ernst genommen werden wie die Bedürfnisse des Endverbrauchers. Gemeinsam betrachtet und berücksichtigt, kann daraus jedoch ein revolutionierter Online-Versandhandel der medizinischen Branche entstehen, der für beide Seiten Positives bringt.

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