Awinta wirbt mit falschen Apothekern Alexander Müller, 25.01.2014 11:04 Uhr
Apotheker sind qua Beruf nicht öffentlichkeitsscheu und oftmals auch Überzeugungstäter. In der Werbung eignen sie sich damit hervorragend als sogenannte Testimonials. Ob Softwarehaus, Hersteller oder Großhändler: Viele Unternehmen schicken eigene Kunden vor, um ihre Produkte zu loben. Ärgerlich nur, wenn zwei Konkurrenten dasselbe Gesicht wählen – und dieser Apotheker gar kein Apotheker ist.
In einem Werbekatalog von Awinta loben vermeintliche Anwender die Vorzüge des Systems Prokas 7. Darunter ist auch Frank S. aus Bad Mergentheim, der sagt: „Da mein Vater in seiner Apotheke schon Prokas hatte, bin ich damit quasi aufgewachsen. Prokas passt sich perfekt meinen Bedürfnissen an und ist technologisch sehr fortschrittlich.“
In Bad Mergentheim gibt es keinen Apotheker namens Frank S. Und der sympathische junge Mann neben dem Zitat ist vermutlich auch gar kein Apotheker. Sein Foto wird von der Bildagentur Shutterstock als „Porträt eines amerikanischen Apothekers bei der Arbeit“ verkauft. In einer anderen Fotoserie ist er als Arzt im Einsatz – mit dem unvermeidlichen Stethoskop um den Hals hängend.
Das Foto der angeblichen Laura B. aus Stuttgart – sie lobt das Prokas-Beratungsmodul – wird von derselben Bildagentur verkauft. Karl R. aus Witten ist ebenso erfunden, vermutlich auch Line C. aus München und Peter H. aus Hamburg.
Gut möglich, dass es diese Prokas-Apotheker unisono nur in der Marketing-Abteilung von Awinta gibt und nicht hinter einem HV-Tisch. Auf Nachfrage teilte das Softwarehaus mit: „Awinta geht dem nach, prüft den Sachverhalt und wird gegebenenfalls die Broschüre umgestalten lassen.“
Der falsche Frank S. ist aber nicht nur Prokas-Fan. Für den Konkurrenten Lauer-Fischer lächelt derselbe Mann im weißen Kittel – hier allerdings ohne Namens- oder Ortsangabe. Die CompuGroup-Tochter bewirbt mit ihm das System Webapo für Krankenhausapotheken.
Auf der Homepage von Lauer-Fischer sind allerdings auch echte Referenzapotheker aufgeführt – das Softwarehaus fährt seit Jahren eine Köpfe-Kampagne. Aktuell bekennen sich „begeisterte Systemwechsler“ zu Winapo.
Diese Idee hat auch die ABDA bereits verfolgt: Im Rahmen einer Anzeigen-Kampagne konnten sich Apotheker fotografieren lassen, die Poster hingen bundesweit an Flughäfen und Bahnhöfen. Titel der Aktion waren unter anderem „Offene Ohren gibt's bei ihm ohne Rezept“ oder „Er hat was gegen Wehwehchen“.
Dass man mit allgemein zugänglichem Footage-Material daneben greift, ist schon anderen passiert: Hexal bewirbt sein Sildenafil-Generikum mit dem gleichen Gesicht wie die Bank Cortal Consors ihre Wertpapiere.
Besonders unangenehm war es für die FDP, die in einem TV-Spot zur Bundestagswahl dieselbe vierköpfige Familie durchs Bild radeln ließ, die auch in einer NPD-Werbung zum Einsatz gekommen war.