Pharmatechnik: Warenwirtschaft ohne Apotheker Marion Schneider, 18.09.2017 09:21 Uhr
Das Starnberger Softwarehaus Pharmatechnik hat auf der Expopharm die „selbstfahrende Apotheke“ vorgestellt. Mit dem neuen Programm kann die Warenwirtschaft komplett unabhängig gesteuert werden.
Der Softwaredienstleister Pharmatechnik hat auf der Expopharm die nach eigenen Angaben erste autonome Warenwirtschaft für Apotheken vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Software, die mittels künstlicher Intelligenz den Einkauf, das Sortiment und die Preise steuert. „Das ist wie ein selbstfahrendes Auto“, erklärt Firmengründer Dr. Detlef Graessner.
Die Software Ixos Rx 4.0 kennt die Patienten, den Bedarf, das Lager und die Rabattverträge. Sie lernt auf Basis bestehender Datensätze, zum Beispiel von der Apotheke gespeicherte Patienteninfos. Apotheken, die die Software nutzen wollen, müssen schon mindestens sechs Monate Daten gesammelt haben. Ziel ist es, die Lieferfähigkeit der Apotheke zu verbessern und das Lager zu verkleinern. Sprich: Der Kunde soll gleich beim ersten Mal das Medikament bekommen, das er benötigt und nicht noch einmal zurückkommen müssen.
Um das System zu testen, hat Pharmatechnik seit Februar elf Apotheken vollautomatisch von der Software managen lassen. In weiteren Apotheken wurde die Software installiert, aber so programmiert, dass sie noch einmal nachfragt, bevor sie eine Handlung ausführt. In den Testapotheken sei die Zahl der Besorgungen dramatisch reduziert worden, erklärte Entwicklungschef Lars Polap.
Bei einer Apotheke sanken die Besorgungen innerhalb von vier Monaten von 800 auf 320 pro Monat. Zunächst hätten die Angestellten gedacht, es kämen weniger Kunden in die Apotheke, tatsächlich hatte sich aber die Zahl der Kunden reduziert, die ein zweites Mal kommen mussten, um ein Medikament abzuholen. Die vollautomatische Apotheke soll die Apothekenmitarbeiter nicht ersetzen, sondern ihnen mehr Zeit für ihre Kernaufgaben verschaffen, so Graessner. Neben Zeit sollen sie auch noch Geld sparen: Drei Euro pro Besorgung können Apotheken laut Pharmatechnik einsparen.
Schwarmintelligenz nutzt das System nicht. Dafür seien die Apotheken zu individuell. Außerdem kann es nicht auf äußerliche Faktoren wie Werbekampagnen oder Neueinführungen reagieren, die die Nachfrage an bestimmten OTC-Produkten erhöhen. In diesen Fällen müssen die Apotheker selbst größere Bestellungen aufgeben.
Pharmatechnik ist neben Awinta, ADG und Lauer-Fischer einer der vier großen Anbieter für Apothekensoftware in Deutschland. Mit 650 Mitarbeitern betreut das 1978 gegründete Unternehmen nach eigenen Angaben 7000 Kunden. Zum Angebot zählen neben dem Warenwirtschaftssystem die Rezeptabrechnung, der Kommissionierer K2 sowie verschiedene Dienstleistungen zur Prozessoptimierung. Hauptsitz des Unternehmens ist Starnberg bei München. Weitere Niederlassungen gibt es in Berlin, Hamburg, Essen, Stuttgart, Mainz, Dresden und sieben weiteren Städten im Bundesgebiet.