Apobank will eigene Arztpraxen gründen APOTHEKE ADHOC, 03.04.2018 13:47 Uhr
Seit über 100 Jahren finanziert die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) die Gründungen von Apotheken und Arztpraxen. Weil sich die Gesundheitsmärkte ändern, steht auch die Apobank vor einem Umbruch: „Eine Bank, die stehen bleibt, wird untergehen“, begründete Vorstandschef Ulrich Sommer jetzt seine Zukunftspläne. Die Apobank will nicht nur ihre Bargeldschalter schließen und das Firmen-, Service und Beratungsgeschäft ausbauen, sondern auch eigene Arztpraxen gründen.
Sowohl der Banken- als auch der Gesundheitsmarkt seien „tiefgreifenden Strukturveränderungen ausgesetzt“, sagte Sommer der Börsenzeitung, die „massive Anpassungsprozesse abverlangen“. Die Apobank als führender Player im Gesundheitssektor treffe dieser Prozess doppelt: „Wir müssen die Bank modernisieren, die Prozesse überarbeiten, viel effizienter werden“ und letztlich das Geschäftsmodell „in weiten Teilen aktualisieren“.
Sommer sieht den ambulanten Ärztesektor im Umbruch: Die klassische Einzelpraxis verliere an Bedeutung – und mit den Praxisgründungen verdient die Apobank ihr Geld. Stattdessen entstünden mehr und mehr „komplexere Strukturen“ wie medizinische Versorgungszentren (MVZ). Dort arbeiteten Ärzte unterschiedlicher Fachgruppen als Angestellte, das gehe einher mit einer deutlichen Feminisierung des Arztberufs: 70 Prozent der Uni-Absolventen seien weiblich. Zugleich verschwimme zusehends die Grenze zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Große Klinikketten wie Helios verfügten über sogenannte Zuweiser-MVZ.
Einen weiteren klaren Trend gibt es laut Sommer: Der Gesundheitsmarkt wird „industrialisierter“ und „kapitalisierter“. Investoren engagierten sich bereits im Segment der Nierenärzte: „Es gibt eine Wettbewerbssituation“, so Sommer: „Wir werden uns auch deshalb umstellen müssen, weil die Zentren andere Bedürfnisse haben als ein niedergelassener Arzt“. Deshalb werde das Firmenkundengeschäft ebenso ausgebaut wie der Service- und Beratungsbereich.
Als Reaktion auf den schrumpfenden Markt der Praxisgründungen nimmt Sommer auch die Gründung von Apobank-Praxen ins Visier: „Das kann ich mir gut vorstellen“, sagte Sommer. Die Apobank könne „Franchise-Praxen“ anbieten, „die Infrastruktur hinstellen, das Kapital geben und dem zunächst im Angestelltenverhältnis tätigen Arzt so die Sorge vor der hohen Investition nehmen.“
Kanibalisieren will sich die Apobank aber das eigene Existenzgründergeschäft nicht. Ziel eines solchen Franchisekonzepts sei die spätere Praxisgründung des zunächst angestellten Arztes mit Hilfe der Apobank, „nachdem er sich zwei, drei Jahre angeschaut hat, wie die Praxis läuft“.
Vor Jahren hatte sich die Apobank schon einmal im MZV-Projekt Patiodoc engagiert. 2010 unter dem Namen Patiomed gegründet, war die Firma ein Gemeinschaftsprojekt von Ärztefunktionären, Apobank und Investoren. Obwohl Patiomed fünf MVZ an den Start brachte, scheiterte das Projekt an den berufspolitischen Widerständen.
Als dann im Frühjahr 2014 Dr. Andreas Köhler von seinem Amt als Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zurücktrat, stand Patiomed vor dem Aus: Der Deutsche Ärzteverlag, über den sich KBV und Bundesärztekammer (BÄK) mit 24 Prozent an Patiomed beteiligt hatten, verabschiedete sich. Kurz darauf war auch die Apobank, die mit 49 Prozent bis dahin größter Anteilseigner war, weg. Nach einem kurzen Intermezzo mit dem Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) um den ehemaligen FDP-Gesundheitspolitiker Lars Lindemann stand das Management um Vorstandschef Ralf Sjuts Anfang 2015 alleine da. Unter neuen Vorzeichen versucht Patiodoc heute, Ärzte aufs Land zu locken, indem ihnen das wirtschaftliche Risiko des Praxisbetriebs abgenommen wird.
Veränderungen wird es auch in den 80 Apobank-Filialen geben. Wie bereits berichtet, sollen in den kommenden zwei Jahren nach und nach die Bargeldschalter verschwinden: „Kassenschalter kosten viel Geld, dass uns für sinnvollere Investitionen fehlt“, so Sommer. Auf lange Sicht werde die Apobank andere und vor allem zweckmäßigerer Filialen haben.
Man sei dabei, die Filialen deutschlandweit zu verändern und „Kassen und Servicedesks zu schließen, weil wir feststellen mussten, dass wir im Schalterverkehr teilweise an einer Hand abzuzählende physische Kundenkontakte hatten“. Die 200 betroffene Apobank-Mitarbeiter sollen „nach Möglichkeit“ in höher qualifizierten, beratungsintensiveren Bereichen eingesetzt werden.
Damit die Apobank-Kunden weiter an ihr Bargeld kommen, soll Geld-Automaten aufgestellt werden : „Mit Blick auf die Bargeldversorgung investieren wir hier in moderne und leistungsfähige Selbstbedienungstechnik wie beispielsweise Ein- und Auszahlungsautomaten“, erklärte eine Sprecherin bereits im letzten Jahr. Ein weiterer Service sei die Münzgeldversorgung bei Apotheken. Hier habe die Apobank neue Dienstleistungsangebote entwickelt, unter anderem den „Münzgeld-Paketversand“ – die Online-Bestellung und Lieferung zur Apotheke.