Konditionenkürzung

300 Euro: Noweda kassiert „SPA-Beitrag“ Alexander Müller, 03.03.2020 10:10 Uhr

Berlin - 

Der Großhändler Noweda erhöht die Gebühren: Ab Mai erhebt die Genossenschaft einen „strukturpolitischen Anpassungsbetrag (SPA)“ in Höhe von 300 Euro monatlich, allerdings nicht von allen Kunden. Die Apotheken wurden je nach bestehender Konditionvereinbarung angeschrieben. Der Großhändler begründet die Maßnahme mit den negativen politischen Vorgaben. Bereits im April wird der Vorauskassenzins angepasst. Doch mit diesem Schritt ist die Noweda nicht allein: Mitbewerber Phoenix hat schon im März auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert.

Das Marktumfeld der Großhändler unterliege bereits seit längerer Zeit „dramatischen strukturellen Veränderungen“, schreiben Noweda-Vorstand und Verkaufsleitung an betroffene Apotheken. „Diese Veränderungen belasten die Unternehmen und damit auch die Noweda ganz erheblich.“ Immer mehr gesetzliche Auflagen im Bereich der Arzneimittelsicherheit wie Securpharm und die GDP-Richtlinien erforderten Investitionen in großem Umfang und erhöhten die Betriebskosten zudem erheblich.

Zudem sei der Mindestlohn zum dritten Mal erhöht worden und betrage seit Jahresbeginn 9,35 Euro brutto pro Stunde. „Darüber hinaus entzieht der stetig wachsende Anteil des Direktgeschäfts dem Großhandel wichtige Umsätze und hat mittlerweile einen Marktanteil von nahezu 18 Prozent erreicht“, beklagt die Noweda. Die daraus resultierenden Belastungen habe man seit geraumer Zeit allein getragen, „durch strenge Kostendisziplin und Effizienzprogramme“.

Doch das reicht nun offenbar nicht mehr: Um einen Teil der zusätzlichen Kostenbelastungen aufzufangen, müsse man die Apotheken ab Mai mit SPA-Betrag in Höhe von 300 Euro monatlich beteiligen. „Die mit Ihnen vereinbarten Konditionen bleiben im Übrigen selbstverständlich unverändert“, heißt es abschließend.

Ein Sprecher der Noweda sagte auf Nachfrage, es handele sich bei der Maßnahme um einen ganz normalen Vorgang: Die Kundenziehungen würden regelmäßig überprüft, ob die Konditionen für beide Seiten noch fair und gerecht seien. Sei das nicht der Fall, gingen im Einzelfall solche Schreiben heraus. Wie viele Apotheken aktuell angeschrieben wurden, ist nicht bekannt. Die Noweda macht zu individuellen Kundenbeziehungen auch keine Angaben.

Zusätzliche Gebühren und verschlechterte Konditionen kommen bei den Kunden nie gut an. Doch es gibt in den Apotheken auch Verständnis für die Großhandelsbranche. So sieht es zumindest eine Apothekerin aus Hamburg: „Im ersten Moment war ich darüber verärgert. Im zweiten Moment finde ich es gar nicht schlimm, sondern kann die Noweda verstehen.“

Die Apothekerin appelliert an ihre Kollegen, nicht nur zu meckern, sondern den eigenen Großhandel zu unterstützen: „Die Noweda ist das einzige Unternehmen, das sich für mich und meine Apotheke einsetzt.“ Vor allem Noweda-Chef Dr. Michael Kuck lobt die Inhaberin, weil dieser sich mehr als die ABDA für den Berufsstand einsetze.

Andere Kollegen sind nicht so verständnisvoll. Die Noweda solle lieber ihre jährliche Dividende reduzieren, so das Argument. Denn von dieser im Vergleich zum aktuellen Zinsniveau immer noch sehr üppigen Ausschüttung profitierten alle Apotheker gleichermaßen, egal wie aktiv sie den Erfolg der Genossenschaft unterstützten.

Apropos Zinsen: Der „SPA-Beitrag“ ist nicht die einzige Kröte, die einzelne Noweda-Kunden schlucken müssen. Im April wird die Verzinsung der Vorauskassenbeträge auf dann 0,03 Prozent gesenkt. Begründet wird die Maßnahme mit der Finanzpolitik der EZB. Im September 2019 sei der Strafzins für Banken noch einmal von -0,4 auf -0,5-Prozent erhöht worden. Die Banken hätten entsprechend die Verzinsung für Guthaben immer weiter verringert. Das führe dazu, dass für erste Tagesgeldkonten bereits heute negative Zinsen berechnet würden.

Der eigene Vorauskassezins entspreche immer noch einer Verzinsung von etwa 0,36 Prozent jährlich und liege damit immer noch über den erzielbaren Konditionen an den Geld- und Kapitalmärkten, betont die Noweda.

Zu dieser Maßnahme greifen auch andere: Marktführer Phoenix hatte Ende Januar angekündigt, zum März die Vorauskassevereinbarung „der Marktsituation anzupassen“. Für den Vorauskassenteil in Höhe des Bruttoumsatzes (Vormonat) beträgt die Verzinsung 3 Prozent, liegt der Anteil darüber, gibt es nur noch eine Verzinsung von 1,5 Prozent. Wegen der einseitigen Änderung aufgrund der Zinsänderung haben Kunden die Möglichkeit, die Vereinbarung zu kündigen.