Ultra-Tiefkühlschränke: Optionen für die Lagerung Alexandra Negt, 02.12.2020 08:59 Uhr
Die neuartigen mRNA-Impfstoffe sind temperaturempfindlich. Stabil gelagert werden können sie bei sehr tiefen Temperaturen von -80 bis -60 Grad Celsius. Für eine konstante Temperatur ohne große Schwankungen ist es wichtig, dass die empfindlichen Vakzine in einem geeigneten Tiefkühlschrank aufbewahrt wird. Die geplanten Impfzentren benötigen mobile Lösungen, die ohne große Anwendungen installiert werden können. Verschiedene Anbieter haben solche Lösungen entwickelt.
Für die Lagerung und den Transport der RNA-Impfstoffe werden besondere Tiefkühlgeräte nötig sein. In einem haushaltsüblichen drei Sterne Tiefkühlfach sind es rund -18 Grad. Zur Lagerung der neuartigen Vakzine reichen diese Minusgrade nicht aus. Hier werden tiefere Temperaturen von -80 bis -60 Grad benötigt. Auch zahlreiche professionelle Geräte kommen nicht auf die geforderten Temperaturen. Tiefkühlschränke für Kliniken und Labore kommen meist nur auf – 45 Grad. Nur durch den Einsatz spezieller Ultratiefkühlgeräte können die benötigten Kältebereiche für die Impfstoffe von Biontech & Co. erreicht werden.
Ultra-Tiefkühlschrank werden in Biologie-Laboren zur Langzeitlagerung biologischer Proben verwendet. Hierunter fallen beispielsweise Proben aus Proteinen, Zellextrakte oder DNA und RNA. Bei den aktuell kurz vor der Zulassung stehenden Impfstoffen handelt es sich um RNA-Impfstoffe – diese müssen entsprechend ihrer Stabilität gegenüber Temperaturen ebenfalls in Ultra-Tiefkühlschränken gelagert werden. Durch die extrem niedrigen Temperaturen von −85 Grad bis −80 Grad wird das Risiko einer Beschädigung der Inhaltsstoffe vermieden. Die Geräte können grob in drei Kategorien eingeteilt werden: Gefrierschränke mit einem Temperaturbereich um die -60 Grad zur Lagerung von bestimmten Reagenzien, Plasma und biologischen Proben, Gefrierschränke mit einem Temperaturbereich um die -85 Grad zur Lagerung von beispielsweise Serum und Bakterien und Gefrierschränke mit einem Temperaturbereich von – 150 Grad bis -105 Grad. Diese extrem kalten Geräte finden in Universitäts- und Forschungslaboren Anwendung.
Um die Impfstoffe sicher zu lagern, muss das Gerät die Temperatur konstant halten. Temperaturschwankungen im Inneren des Gerätes sollten so gering wie möglich sein. Gleichzeitig sind die konkreten Lagerungsbedingungen der einzelnen Impfstoffe noch nicht endgültig beschrieben. Biontech gibt bisher eine Lagertemperatur von ungefähr minus 80 Grad bis minus 70 Grad an. Zur Zulassung wird eine genau vorgeschriebene Lagertemperatur erwartet. Die Geräte müssen dann über eine Temperaturkontrolle verfügen und Alarm geben, insofern der Temperaturbereich unter- oder überschritten wird. Die meisten Geräte senden dann einen Alarm an Computer oder Mobiltelefon. Die Temperaturkontrolle sollte bestmöglich dauerhaft elektronisch dokumentiert werden.
Eine einfache Lagerung auf Trockeneis kann nicht empfohlen werden. Durch die einfache Verwendung des trockenen Kohlenstoffdioxids werden zwar Temperaturen von unter -78 Grad erreicht – doch der Lagerungsprozess ist nicht validiert. Temperaturschwankungen können nicht kontrolliert werden. Um Trockeneis sicher zu verwenden, müssten Validierungsprozesse die konstante Einhaltung der Temperatur garantieren. Auch Biontech und Pfizer nutzen die Kühlkraft von festen CO2 bei ihrer Logistiklösung: Ein Kältekoffer soll den Impfstoff zehn Tage lang lagerungsfähig machen. In dem speziell entwickelten Kältekoffer verwenden die beiden Unternehmen Trockeneis. Der Lagerungsprozess ist für diese Dauer laut Pfizer auf -75 Grad validiert. „Der Thermo-Koffer hat ungefähr die Größe eines Handkoffers und wiegt voll beladen circa 70 Pfund.“
Das Kältetechnik Mecotec aus Sachsen-Anhalt arbeitet an passenden Lösungen für die Impfzentren. Das Unternehmen aus Bitterfeld‐Wolfen hat einem mobilen Hybrid-Container als Lösung für den Transport und die Kühlung für die RNA-Impfstoffe bei Temperaturen bis zu -80 °C entwickelt. „Mit der von uns entwickelten aktiven Tiefst-Kühlhauslösung können über zwei Mio. Impfdosen bei gleichbleibenden Temperaturen bis zu -80 °C gelagert werden. Dabei wird kein Trockeneis oder die Zugabe von Kühl-Akkus benötigt. Eine modulare Erweiterung der Lagerkapazität ist ebenfalls möglich", so Jan Hüneburg, Geschäftsführer der Industriesparte Coolant in der Mecotec Group. Das stationäre Lager hat eine Nutzkapazität von rund zwei Millionen Impfdosen. Die genaue Anzahl ist abhängig von der Art der Umverpackung. Im Inneren werden die Impfdosen auf mobilen Schienen-Regalen gelagert. Die Nutzkapazität für die mobile Lösung ist etwas kleiner – hier können je nach Verpackung rund 700.000 Impfdosen pro mobiler Einheit gelagert werden.
Auch andere Unternehmen haben sich der Entwicklung spezieller Transportlösungen der Impfstoffe gewidmet. Das Würzburger Unternehmen Va-Q-tec testet bereits seit Mai Lösungen für die Luft. Ein Großteil der Impfdosen wird per Flugzeug ins Ausland transportiert werden. Hier wird die Einhaltung der Temperatur noch komplizierter. Erste Durchläufe mit Testskits waren laut Unternehmen erfolgreich. Nur bei dauerhafter Kühlung können die Impfstoffe am Einsatzort verimpft werden. Grund für die Empfindlichkeit der Impfchargen ist ihre Struktur – die mRNA-Technik. Auch der Impfstoffkandidat BNT162b2 von Biontech enthält die mRNA des Spikeproteins von Sars-CoV-2. Damit die empfindliche mRNA stabiler wird, ist sie von Nano-Lipidpartikeln umgeben. Diese schützen die RNA jedoch nur, wenn sie sich nicht mehr „bewegen“, also tiefgekühlt sind. Erst bei Temperaturen von -80 bis -70 Grad ist dieser „Stillstand“ erreicht.