Rezepturen: Keine Gebrauchsanweisung, kein Geld APOTHEKE ADHOC, 31.05.2018 12:36 Uhr
In Apotheken machen sich Entsetzen und Fassungslosigkeit breit. Wie bereits vor einiger Zeit prophezeit, flattern Nullretaxationen über Rezepturarzneimittel ins Haus – weil die Dosierung fehlt. Zwar sollte die Vorgabe seit Langem bekannt sein, dennoch erwischt es einige Kollegen kalt. Auch wenn aus Sicht der Pharmazeuten der Fehler bei den Ärzten liegt, zahlen sie den Malus aus ihrer Tasche. Eine Heilung im Nachhinein ist ausgeschlossen.
Augen auf im Handverkauf: Ist eine Rezeptur zu Lasten der Kasse verordnet, darf die Gebrauchsanweisung nicht fehlen. So sieht es §2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vor. Hat der Arzt versäumt, den Hinweis aufzutragen, darf der Apotheker in Rücksprache mit dem Mediziner korrigieren und mit Datum und Unterschrift abzeichnen. In einigen Fällen kann auch der Kunde helfen, wenn der Arzt die Anwendung mit dem Betroffenen besprochen hat. Dennoch ist die Heilung nur nach Rücksprache zulässig.
Die auf dem Rezept angegebene Gebrauchsanweisung muss jedoch auch plausibel und dem Wirkstoff entsprechend sein. Passen Anwendungsvorschrift und Wirkstoff nicht zusammen, kann laut §12 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) von einer unklaren Verordnung gesprochen werden. Gleiches gilt analog für das Fehlen der Gebrauchsanweisung. „Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist.“ Es gilt also, mit dem Arzt Rücksprache zu halten.
Wer denkt, eine Verordnung gemäß DAC/NRF sei ausreichend, irrt – auch wenn die Tabellen und Herstellungsvorschriften entsprechende Daten liefern. Denn die AMVV fordert ausdrücklich eine „Gebrauchsanweisung bei Arzneimitteln, die in der Apotheke hergestellt werden sollen“. Kassen nutzen die Gesetzvorgaben und dürfen auf Null retaxieren. Vorreiter war die AOK Sachsen-Anhalt, jetzt ziehen viele Kassen nach. Eine Heilung ist dann nicht mehr möglich. Dass die Gebrauchsanweisung fehlt, sollte ohnehin im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nach §7 ApBetrO und der Etikettierung nach §14 ApBetrO auffallen.
Rezepturen bieten weiteres Retax-Potenzial. So müssen für die Abrechnung gemäß §9 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) „bei Arzneimitteln, die in Apotheken hergestellt werden, außerdem die Einzelbeträge des Apothekenabgabepreises“ angegeben sein. Wird der Vorgabe nicht nachgekommen, kann die Kasse auf Null kürzen. Können nicht alle geforderten Einzelpreise auf der Vorderseite der Verordnung aufgebracht werden, darf die Rückseite genutzt werden. Es empfiehlt sich in diesem Fall, einen entsprechenden Vermerk vorzunehmen.
Apotheken kämpfen deutschlandweit mit den Fehlern der Ärzte. Selbst wenn Ärzte auf die Vorgaben der AMVV hingewiesen werden, werden diese nicht immer in die Tat umgesetzt. Eine Umfrage von APOTHEKE ADHOC im Sommer 2016 brachte die häufigsten Probleme ans Licht: Die Kompatibilität der Ausgangsstoffe bemängelten 64 Prozent der Teilnehmer. Auch hier darf nicht eigenmächtig korrigiert werden, sondern muss Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden.
Ebenfalls schwer tun sich die verordnenden Ärzte anscheinend mit der Dosierung. Hier berichteten 42 Prozent von Problemen, 39 Prozent beklagten häufig eine falsche Grundlage. Es folgten die Fehler „falsche Anwendungshinweise“ und mit 16 Prozent und das weniger triviale „falsche Inhaltsstoffe“ mit 12 Prozent. Eine falsche Applikation bemängelten dagegen nur 2 Prozent der Teilnehmer.