Großhandelskonditionen

Mand seziert Skonto-Urteil Alexander Müller, 23.11.2015 12:17 Uhr

Berlin - 

Über das Wesen des Skonto wird vor Gericht gestritten. Wahrscheinlich wird in letzter Instanz der Bundesgerichtshof (BGH) klären müssen, ob Skonto und Rabatt dasselbe sind oder nicht. Arzneimittelrechtsexperte Dr. Elmar Mand schlägt einen Mittelweg ein. Er zieht die Skonto-Obergrenze bei 1 Prozent – zumindest in der derzeitigen Niedrigzinsphase.

In dem Rechtsstreit zwischen der Wettbewerbszentrale und AEP direkt geht es um die Frage, ob der Großhändler mit seinen Konditionen von 3 Prozent Rabatt und 2,5 Prozent Skonto gegen das Preisrecht verstößt. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale dürfen beide Werte in Summe nicht mehr als 3,15 Prozent ergeben – das entspricht dem variablen Teil der Großhandelsvergütung. Die erste Runde vor dem Landgericht Aschaffenburg (LG) hat AEP gewonnen. Doch die Wettbewerbszentrale hat bereits Berufung beim Oberlandesgericht Bamberg (OLG) eingelegt.

Mand unterscheidet grundsätzlich zwischen „echten“ und „unechten“ Skonti. Maßgeblich ist demnach, ob für den Preisnachlass eine Gegenleistung erbracht wird. „Bei einem 'echten' Skonto erbringt der Apotheker eine Leistung, die vertraglich nicht geschuldet ist. Er wird für eine vorfällige Zahlung angemessen entschädigt“, so Mand beim Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale am vergangenen Freitag.

Ob ein Skonto aber noch angemessen ist, hängt Mand zufolge vor allem vom Zinsvorteil ab. Das habe auch der BGH in anderen Verfahren schon so gesehen. „Der Vorteil ist in der aktuellen Niedrigzinsphase marginal“, sagte Mand. Der Arzneimittelexperte legt sich fest: „Alles jenseits von 1 Prozent ist unbegründbar, auch bei vorfälliger Zahlung.“

Oberhalb dieser Zinsgrenze wird der gewährte Skonto demnach zu einem „unechten“ – und dieser ist Mand zufolge sehr wohl den Rabatten zuzurechnen. Zwar habe der Verkäufer auch bei „unechten“ Skonti eine verbesserte Liquidität und ein geringeres Inkassorisiko. Preisrechtlich relevant sei aber nur der Vorteil des Käufers, der eine Leistung ohne äquivalente Gegenleistung erhalte, so Mand.

Nach dieser Sicht wären allerdings die Konditionen vieler Großhändler unzulässig, zumal die Skontogewährung teilweise an bestimmte Sortimente gekoppelt ist. Die Entschädigung einer vorfälligen Zahlung dürfte bei variablen Skonto-Sätzen nach der Logik von Mand noch schwerer zu begründen sein.

Das LG Aschaffenburg hat dagegen klar zwischen Skonto und Rabatt unterschieden. Schon kaufmännisch und buchhalterisch seien die Begriffe nicht synonym. Bei der Skontierung des Rechnungsbetrags bleibe dieser als solcher bestehen und werde auch entsprechend bei Käufer und Verkäufer verbucht. „Diese Form des Preisnachlasses ist zu versteuern“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Beim Rabatt verringerten sich dagegen der Wert der eingekauften Ware und die darauf entfallende Umsatzsteuer, so das Gericht. Sofortrabatte würden nicht separat gebucht. „Skonto reduziert nicht den Verkaufspreis“, heißt es im Urteil. Die Skontierung werde vom Kunden schließlich nach eigener Entscheidung genutzt.

Mand überzeugt beides nicht: Auf die Bilanzierung komme es nicht an, da es sich eindeutig um die „Übertragung eines Vermögenswertes“ handele. Ob der Preisnachlass vor oder nach der Rechnungsstellung gewährt werde, sei vollkommen irrelevant. Der BGH habe schon in den Verfahren um Rx-Boni klargestellt, dass die Preisbindung auch mit OTC-Gutscheinen verletzt werde, die anlässlich einer Rezepteinlösung gewährt würden.

Daher sei es auch unerheblich, dass der Apotheker selbst entscheide, ob er den Skonto in Anspruch nehme oder nicht. Dies sei bei einem Kunden und seinem Gutschein nicht anders, so Mand. Wobei der Kunde durch das Einlösen des Gutscheins natürlich keinen Zinsnachteil mehr erleidet – wie bedeutend dieser auch sein mag.

Einzig das vom Gericht angeführte Argument des entgangenen Zinsvorteils lässt Mand gelten, mit der Einschränkung des Zinsniveaus: „Es bleibt die Frage: Was ist eine angemessene Gegenleistung?“ Der BGH habe bereits 1962 in einem Verfahren um – damals preisgebundene – Rollfilme unechte Skonti verboten, da ansonsten einer Umgehungen des Preisrechts Tür und Tor geöffnet werde, zitierte Mand.

Vollkommen absurd findet der Arzneimittelrechtler die Ausführungen des LG zur Rabattierbarkeit des Fixzuschlags der Großhändler von 70 Cent. Das Gericht hatte die komplette Marge für disponibel erklärt. Die Konditionen von AEP würden daher selbst dann nicht gegen das Preisrecht verstoßen, wenn man Skonto und Rabatt gleichsetzte. Auch das Kammergericht Berlin hatte die 70 Cent in einem anderen Verfahren für grundsätzlich rabattierbar erklärt.

„Es drängt sich der Verdacht auf, dass beide Gerichte die Neuregelung nicht ganz verstanden haben“, so Mand. In der Literatur gebe es jedenfalls niemanden, der die 70 Cent als rabattfähig erachte. Man könne zwar zugestehen, dass die Formulierung im Gesetz nicht ganz eindeutig sei, so Mand. Der Wortlaut spreche aber eher dafür, dass der pauschale Margenanteil nicht disponibel sei. Schließlich werde der Begriff Festzuschlag an anderer Stelle auch beim Apothekenhonorar verwendet.

Ganz eindeutig geht Mand zufolge aber aus der Gesetzesbegründung hervor, dass aus den 70 Cent keine Rabatte gewährt werden dürfen. Später sei dies sogar noch für das Direktgeschäft klargestellt worden. „Klarer kann der Gesetzgeber das nicht zum Ausdruck bringen“, kritisiert Mand. Das LG habe die entscheidende Passage in seinem Urteil sogar selbst zitiert – und dennoch anders entschieden. Nicht zuletzt spreche die objektive Ratio für seine Auslegung, so Mand. Mit dem Fixum sollte der vollversorgende Großhandel demnach eine kostendeckende Vergütung auch für sehr günstige Arzneimittel garantiert bekommen.

Mand kann sich daher nicht vorstellen, dass am Ende des Skonto-Verfahrens die 70 Cent tatsächlich für disponibel erklärt werden. Der Arzneimittelrechtler konnte sich eine Spitze gegen das LG nicht verkneifen: „Ein vernünftiger Jurist kann daran keinen Zweifel haben.“

Zumindest an einer Stelle konnte Mand die Apotheker beruhigen: Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sieht er keinerlei strafrechtliche Relevanz. Über Einkaufskonditionen wird im Zusammenhang mit dem Anti-Korruptionsgesetz derzeit viel spekuliert. Hier müsse er AEP in Schutz nehmen, so Mand: „Flächendeckende Skonti, die allgemein über das gesamte Sortiment gewährt werden, sind nie strafbar.“