Rx-Boni

Gericht: Kammern kennen keine Spürbarkeit Alexander Müller, 21.05.2013 19:17 Uhr

Keine Spürbarkeitsschwelle: Die Apothekerkammer kann laut dem Landesberufsgericht München alle Rx-Boni verbieten. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Für die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) gibt es keine Spürbarkeitsschwelle: Das Landesberufsgericht für Heilberufe mit Sitz in München gesteht der Kammer zu, gegen jede Form von Rx-Boni vorzugehen – selbst wenn sie noch so geringwertig sind. Aus der jetzt vorliegenden Begründung eines Urteils vom 13. Mai geht hervor, dass für die Kammer allein die Berufsordnung maßgeblich ist und nicht das Wettbewerbsrecht.

Die Kammer war gegen einen Apotheker vorgegangen, der seinen Kunden pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel einen Taler spendiert hatte. Diese Taler im Gegenwert von etwa 40 Cent konnten bei OTC-Einkäufen eingelöst werden. Die Kammer hatte dies mit Verweis auf die Berufsordnung untersagt, wonach sich die Apotheken an die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) halten müssen.

Die Richter bestätigten dies: Jede nicht ausdrücklich genehmigte Abweichung von den Festpreisen sei ein Verstoß gegen die AMPreisV. Ein „Entschließungsermessen“ der Kammer sei in der Berufsordnung nicht vorgesehen. Dort sei vielmehr festgelegt, dass die Kammer jeden Verstoß gegen die Berufsordung ahnden könne. Zwar könne die Kammer aus Opportunitätsgründen von einer Verfolgung absehen – Apotheker hätten darauf aber keinen Anspruch.

Einen Widerspruch zu den Boni-Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) sehen die Berufsrichter nicht. Der BGH hatte geringwertige Rx-Boni für wettbewerbsrechtlich unproblematisch erklärt. Doch die Karlsruher Richter hätten ausdrücklich festgestellt, dass ein Verstoß gegen die AMPreisV immer vorliege, so das Landesberufsgericht.

Selbst wenn Apotheker sich also nicht gegenseitig wegen solcher Bonusmodell angreifen könnten, ändere dies nichts an dem Verstoß gegen die Berufsordnung, so die Richter. Auf die vom BGH gezogene Spürbarkeitsgrenze kommt es demnach nicht an.

Das in der Berufsordnung verankerte Verbot sei auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in die freie Berufsausübung der Apotheker. Und dass die Aufsicht oder die Gerichte in anderen Bundesländern weniger streng seien in Sachen Boni, sei eben dem föderalen System geschuldet, so die Richter.

In der ersten Instanz hatte das Berufsgericht München sogar eine Geldbuße von 5000 Euro verhängt. Das Landesberufsgericht hat dies zurückgenommen und nur einen Verweis ausgesprochen. Schließlich habe sich der Apotheker in der Verhandlung einsichtig gezeigt und zudem das Bonusmodell schon drei Monate vor seiner Verurteilung in erster Instanz von sich aus eingestellt. Die Kammer muss daher ein Viertel der Verfahrenskosten selbst tragen.

In einem weiteren Verfahren zu Rx-Boni hatte das Landesberufsgericht dagegen die von der Kammer geforderte Geldbuße verhängt. Allerdings hatte dieser Apotheker sein Modell auch konsequent weiterbetrieben. Die Urteilsbegründung in diesem Fall steht noch aus.