Kommentar

Retax für alle – oder keinen Julia Pradel, 21.08.2014 16:09 Uhr

Erzieherische Maßnahmen: Wenn es um das Geld der Kassen geht, legen die Sozialgerichte andere Maßstäbe an als bei Retaxationen gegen Apotheken. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Im Streit um den Kassenabschlag 2009 geht es um viel Geld – das den Apothekern nach dem Urteil des Sozialgerichts Aachen nicht zusteht. Auf den ersten Blick klingt die Argumentation der Richter plausibel: Die Nachzahlung ist ein Ausnahmefall, auf den die übliche 10-Tages-Frist nicht anzuwenden ist. Allerdings: Bestrafungen, die anders eingesetzt werden als gedacht, kennen Apotheker von den Kassen nur zu gut.

Nullretaxationen aufgrund von Formfehlern hat das Bundessozialgericht (BSG) als erzieherische Maßnahme gebilligt: Die Richter argumentierten, dass sich Apotheker ja korrekt verhalten könnten. Dann würden keine Fehler mehr passieren und es gäbe keine Nullretaxationen mehr.

In Aachen ging es um das Geld der Kassen, und da sah die Sache anders aus. Nun darf man gespannt sein, wie die obersten Richter in Kassel mit dem neuen Fall umgehen. Denn auch die Kassen hätten sich korrekt verhalten können: Zu dem Zeitpunkt, als sie das Geld zahlen sollten, lagen eine Schiedsstellenentscheidung, ein Beschluss des Landessozialgerichts und eine Sammelrechnung der Rechenzentren vor.

Das ist deutlich mehr als eine etwas von der Norm abweichende Formulierung auf einem Rezept und hatte im Gegensatz dazu auch konkrete Folgen für die Betroffenen, die Apotheken. Retax für alle – oder für keinen, sollte die Konsequenz lauten: Entweder müssen Formretaxationen fallen oder die Apotheker den Kassenabschlag zurückbekommen. Darauf kann man hoffen – wenn man optimistisch ist.