Homöopathie von Versendern muss erstattet werden Alexander Müller, 01.06.2019 08:08 Uhr
Die Ungleichbehandlung zwischen Apotheken und ausländischen Versendern ist noch immer nicht gelöst. Was viele Apotheker hierzulande verständlicherweise ziemlich ärgert. Aber es kommt noch dicker: Bestellt ein Kunde homöopathische Arzneimittel über eine niederländische Versandapotheke, ist die Krankenkasse zur Erstattung verpflichtet. Hat irgendein Gericht so entschieden. Denn über was ließe sich noch besser streiten als über den Versandhandel? Richtig: Homöopathie.
Der Europäische Gerichtshof hat es vor langer Zeit festgestellt: Versandapotheken im EU-Ausland haben es wirklich nicht leicht. Sie müssen die Arzneimittelpackungen zusätzlich verpacken, sie müssen eine externe Firma damit beauftragen, die Päckchen auszufahren und diese dürfen die Päckchen nicht einmal beim Nachbarn abgeben (also eigentlich). Ebenfalls teuer ist es, den Verbraucher zu überzeugen, seine Arzneimittel auf diesem Weg zu beschaffen, also bekommt er einen kleinen finanziellen Anreiz. Und klein heißt heute bis zu 30 Euro – die Bagatellisierung der Bagatellgrenze.
Ohne Boni geht es nicht: Versender haben schließlich kaum einmal die Gelegenheit, den Patienten in einem persönlichen Gespräch zu beraten – wie ungerecht. Sie hätten auch gar keine Zeit dazu, weil sie den eigenen Aktionären erklären müssen, warum es jetzt keine Dividende gibt, und den Investoren, warum nur noch einmal neues Geld nötig ist. So, und jetzt Schluss mit diesem populistischen Versender-Bashing und hin zu konstruktiven Vorschlägen.
Viele Menschen glauben an die Kraft der Homöopathie. Einige Kassen erstatten die Versorgung mit diesen Mitteln in Sondertarifen. Das ist mit Scharfblick auf die gestrichene Erstattung von Sehhilfen für kurz- oder weitsichtige Versicherte eine tapfere Entscheidung und nicht gänzlich unumstritten. Aber das Wort Globuli heißt wörtlich übersetzt auch „Zankapfel“.
Damit es am HV-Tisch nicht zu Streit kommt, weil der eine Versicherte seine Kügelchen erstattet bekommt, während der andere Zahlen muss, wird jetzt Folgendes verfügt: Alle Krankenkassen müssen homöopathische Arzneimittel erstatten, ausnahmslos und ohne Nachfrage, aber nur dann, wenn der Kunde sie online bei einer Versandapotheke bestellt. Berater zu dem Thema gibt es auch in der Offline-Welt genug. Da der Versandhandel in den Augen der Politik noch keine kritische Größe erlangt hat, könnten die Krankenkassen sogar entlastet werden.
So eine schöne Schnapsidee. Und doch – es wird dazu nicht kommen. Professor Dr. Gerd Glaeske ist kein Freund der Homöopathie und würde sein Veto einlegen. Er soll sich sogar so kritisch über die Alternativmedizin geäußert haben, dass Hersteller Hevert ihn und die Homöopathie-Kritikerin Grams deshalb abgemahnt hat. Der Vorfall dürfte kaum zur Versöhnung zwischen den verfeindeten Lagern beitragen.
Kehren wir also dem homöopathischen Schlachtfeld den Rücken und zurück zu den Versendern: Die haben tatsächlich nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni einen weiteren Vorteil zugesprochen bekommen: Sie dürfen bei Herstellern billiger einkaufen, da auch diese nicht mehr an den Festpreis gebunden sind, wenn sie mit EU-Versendern Handel treiben, entschied das OLG Düsseldorf. Hier ging es nur um Botox, aber die Wirkung des Urteils dürfte alles andere als homöopathisch sein. Jetzt wackelt die Preisbindung aber richtig.
Das zieht neue Freunde an: DocMorris kooperiert jetzt mit dem Spitzenverband Fachärzte (SpiFa), der nach eigenen Angaben mehr als 160.000 Mediziner in Kliniken und Praxen vertritt. SpiFa-Hauptgeschäftsführer und Integritätsbeauftragter der Bundesregierung Lars Lindemann ist überzeugt, dass Ärzte und Apotheker danach vor Ort besser zusammenarbeiten können. Das klingt logisch.
Wie man einen guten Apotheker erkennt, weiß Focus. Und das Burda-Blatt hat die Kenntnis nicht etwa aus dem Zukunftspakt mit Noweda gezogen, der Autor des Artikels ist sogar selbst Apotheker. Hier die fünf Merkmale, an denen Sie sich messen lassen müssen – oder auch nicht. Hier können Sie noch bei unserer hauseigenen Klassifizierung feststellen, welcher Apothekertyp sie sind.
Hoffentlich gehören sie nicht zu denen, die noch Rezepte mit Tipp-Ex zur Abrechnung einreichen. Diesmal ist es die AOK, die hart bleibt. Neues Rezept besorgen oder das Geld abschreiben, das sind die unerfreulichen Alternativen derzeit. Zeigt mal wieder, dass der Rahmenvertrag eine Daueraufgabe bleibt.
Apotheker Dr. Henrik Dörschner aus Wolfsburg hat sich auch geärgert, aber in diesem Fall über sei Softwarehaus. Pharmatechnik informiert seine Kunden nämlich aktuell über eine Erhöhung der monatlichen Mietgebühr. Hintergrund ist hier ausgerechnet die Anpassung des Rahmenvertrags. Mit der Neufassung ändert sich für Apotheken einiges: Ab Juli gelten die Neuerungen zur Importquote, Defektbelegen, Retaxationen und Rezeptkorrekturen. Pharmatechnik legt den Aufwand auf die Kunden um, Dörschner will der Erhöhung widersprechen.
Noch zwei schnelle Meldungen aus dem Markt: Fischer bringt ein Cannabis-Extrakt und beim Großhandel wurde in dieser Woche gestreikt. Und zum Abschluss noch etwas zum Schmunzeln. Wir hatten vor einiger Zeit lustige Begebenheiten aus dem Notdienst gesammelt und das in unserem Podcast noch einmal aufgegriffen. Wenn Ihnen auch schon einmal etwas besonders merk-würdiges passiert ist, lassen Sie es uns wissen. Danke vorab und schönes Wochenende!