Anhörung im Petitionsausschuss

Bühler vs. Spahn: Showdown nach Stoppuhr

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Berlin -

Es war der erwartete große Auftritt von Benedikt Bühler: Im Petitionsausschuss des Bundestags durfte er seinen Kampf gegen den Rx-Versandhandel auf großer Bühne fortsetzen. Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch an der Anhörung teilnahm, hatte eine doppelte Bedeutung.

Ein ungleiches Duell: Auf der einen Seite Benedikt Bühler, 20 Jahre alt und Pharmaziestudent im vierten Semester, auf der anderen Seite Jens Spahn (CDU), als Gesundheitsminister mit 39 auch noch jung, aber mit fast so vielen Jahren Parlamentserfahrung wie Bühler alt ist. Der Politikerfahrene kam sehr pünktlich zum Anpfiff, ging zügig an den Gästen vorbei zum Sitzungssaal, traf dort Bühler und hielt diesem die Tür auf, um ihm den Vortritt zu lassen. Bühlers Unterstützer bei der Anhörung, Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, begrüßte der Minister dagegen etwas frostig als „den Noweda-Anwalt“ – die Genossenschaft trägt tatsächlich die Kosten.

Spahn zeigte sich auch im weiteren Verlauf der Anhörung immer wieder angriffslustig, gleichzeitig aber auch staatsväterlich und umsichtig. Dass der Minister überhaupt an der Sitzung des Petitionsausschusses teilnahm, ist so ungewöhnlich, dass es vom Sitzungsleiter einleitend bemerkt wurde. Einerseits erwies Spahn Bühler damit die Ehre, sich des Themas anzunehmen und der Debatte zu stellen. Auf der anderen Seite zog Spahn damit die Aufmerksamkeit der Abgeordneten aus den Fraktionen teilweise auf sich. Da der Fragesteller auch nur eine Minute Zeit in dem streng geregelten Ablauf hat, verkleinerte er Bühlers Bühne. Und so kam es tatsächlich vor, dass sich Abgeordneten in den beiden vorgesehenen Fragerunden teilweise nur an den Minister richteten und nicht an den Hauptpetenten.

Bühler hat seine Sache trotzdem gut gemacht. Sein fünfminütiges Eingangsstatement überzog er selbstbewusst um anderthalb Minuten. Und er leistete sich gleich zum Start auch eine kleine Spitze gegen den Minister, als er dessen abgenutztes Credo „Apotheke ist ein Stück Heimat“ zitierte. Inhaltlich ließ er sich nicht auf die juristischen Fragen der europarechtlichen Machbarkeit ein, sondern konzentrierte sich auf ganz praktische Fragen: Wer denn Versand- und Grenzapotheken kontrolliere oder wie die Arzneimittelsicherheit beim Versand gewährleistet werden könne? Der Gesetzgeber habe sogar bestimmte OTC-Arzneimittel wie die Pille danach schon heute aus Sicherheitsgründen vom Versandhandel ausgeschlossen.

Aus Bühlers ist das Rx-Versandverbot die einzige Möglichkeit ist, Gerechtigkeit herzustellen und die Versorgung zu sichern. Dazu braucht es Apotheken in der Fläche mit ihrer Beratungspflicht. Sein Organspende-Vergleich konnte auch als kleiner Seitenhieb gegen den Minister verstanden werden: Mit der Beratung in der Apotheke sei es wie bei der – von Spahn favorisierten – Widerspruchslösung: Wer nicht nein sage, werde in der Apotheke beraten, im Versand nicht.

Spahn griff das später auf und ließ sich aus der Reserve locken: Es gebe aber eben auch keine Pflicht für den Patienten, sich beraten zu lassen, gab er zurück. Und was das Apothekensterben angeht, ist der Minister nach wie vor überzeugt, dass der Versandhandel eben nicht ursächlich ist. Bei ihm im Münsterland jedenfalls würden die Apotheken aus ganz anderen Gründen schließen.

Spahn versuchte neben den kleinen Scharmützeln, in seinen Äußerungen den Weitblick des Gesetzgebers zu repräsentieren. Es gebe eben die kritischen Einschätzungen aus den Verfassungsressorts zum Rx-Versandverbot. Und den Versandhandel wieder zu verbieten, sei juristisch eben etwas anderes, als ihn gar nicht erst zuzulassen, wie viele europäische Nachbarn es getan hätten. Also warb er für Unterstützung für sein Apothekenstärkungsgesetz inklusive Boni-Verbot. Das sei das mildere Mittel und habe daher auch in Brüssel bessere Chancen auf Erfolg. Zum Monatswechsel wird Spahn Gespräche mit dem zuständigen EU-Binnenmarktskommissar führen. Dessen Einschätzung sei übrigens nicht bindend für den deutschen Gesetzgeber.

Von mehreren Abgeordneten war Spahn nach dem Gutachten befragt worden, dass das Bundesgesundheitsministerium zur Überprüfung der Preisbindung in Auftrag gegeben hatte. Die Abgeordneten nutzten die Gelegenheit, den Minister hierzu zu befragen und Spahn hatte wieder ein paar Minuten Redezeit auf seiner Seite. Seine Erklärung: Schon der EuGH habe im Rx-Boni-Verfahren Fakten gefordert und die liefere man jetzt. Er wundert sich, dass das nicht schon früher ausgeschrieben worden sei. Und: Natürlich werde man die Ergebnisse transparent veröffentlichen.

Nach der einstündigen Anhörung war die Rollenverteilung wieder klar: Während Bühler sichtlich erleichtert nach seinem guten Auftritt die Gratulationen der angereisten Apotheker und sonstigen Mitstreiter entgegennahm, stand Spahn den Kamerateams zum Thema Sars-Ausbruch Rede und Antwort. Damit ist das Kapitel Petition vorerst geschlossen. Klar ist: Mit Spahn wird es kein Rx-Versandverbot geben. Doch Bühler gibt längst nicht auf: Vom Petitionsausschuss kann das Thema jetzt ins Plenum des Bundestags gebracht werden, auch der Bundesrat könne das Rx-Versandverbot noch einbringen.

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