Impfen in Apotheke

ABDA: Keine Lobbyarbeit für Herdenimmunität

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Berlin -

Beim Wirtschaftsforum im April bot DAV-Chef Fritz Becker der Politik noch an, das niedrigschwellige, flächendeckende Versorgungsangebot der Apotheken auszubauen. Als Beispiele nannte Becker Impfbereitschaft und Diabetesberatung: „Wir als Apothekerschaft sind bereit, neue Versorgungsangebote zu entwickeln und umzusetzen.“ Jetzt verstaubt das Angebot offenbar wieder in den ABDA-Schubladen. Denn einen entsprechenden Antrag des letzten Deutschen Apothekertages (DAT) will die ABDA „momentan nicht weiter lobbyieren“.

Beim DAT forderten die Delegierten die kommende Bundesregierung auf, „die Bemühungen zur Steigerung der Impfquote fortzuführen“ und „die vorhandenen heilberuflichen Kräfte in Deutschland zur Verbesserung der Durchimpfungsrate noch stärker als bisher zu bündeln“. Dazu seien „gemeinsam Konzepte zu entwickeln, die die niederschwellig und flächendeckend verfügbaren Kompetenzen der Apotheker sowohl beim Impfpass-Check als beispielsweise auch bei der Impfberatung oder bei der Durchführung von Auffrischungsimpfungen stärker als bisher nutzen, um so den hohen Bedarf sowohl an Aufklärungs- als auch Impfarbeit situationsgerecht und möglichst unkompliziert decken zu können“, lautete der Antrag der Apothekerkammer Berlin, der von den Delegierten in die Ausschüsse verwiesen wurde.

Im Bericht über die Behandlung der DAT-Anträge in den ABDA-Gremien aus dem letzten Jahr heißt es jetzt, dass „nach eingehender inhaltlicher Beratung im Geschäftsführenden Vorstand der ABDA“ und nach Abstimmung mit der Berliner Apothekerkammer beschlossen wurde, „die Durchführung von Impfungen in der Apotheke momentan nicht zu lobbyieren“. Voll unterstützen will die ABDA aber Aktionen, „die der Impfaufklärung dienen“.

Über die Gründe für den ABDA-Rückzieher lässt sich nur spekulieren. Bei den Ärzten war der Impfvorstoß nicht nicht gut angekommen. Womöglich will die ABDA ihre Lobbyarbeit für das Rx-Versandverbot auch nicht durch ein weiteres kontroverses Thema erschweren. Möglicherweise setzt die ABDA aber auch darauf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern in seinem „Masterplan Rx-Versandverbot“ neue Aufgaben zuteilen könnte.

Die Begründung für den Antrag der Berliner Kammer las sich beim DAT 2017 in Düsseldorf allerdings überzeugend: „Wer geimpft ist, schützt sich und andere, was jedoch nur gelingen kann, wenn eine ausreichend große Anzahl an Menschen geimpft wird, um damit für die notwendige ‚Herdenimmunität‘ der Bevölkerung zu sorgen.“

Untersuchungen hätten gezeigt, dass nicht nur generelle Impflücken, sondern die mit zunehmenden Alter abnehmende Impfbereitschaft Ursachen eines mangelnden Impfschutzes seien, die zum „Wiederaufflammen“ diverser Infektionskrankheiten führen. Bei älteren Jugendlichen sinke die Impfbereitschaft unter 30 Prozent, führte die Berliner Kammer aus.

Auch organisatorische Gründe seien für die Impfmüdigkeit verantwortlich, weil Impfungen vergessen würden oder Terminvereinbarungen zu kompliziert oder langwierig seien. Es liege daher im Interesse aller, die vorhandenen heilberuflichen Kräfte noch stärker zu bündeln: „Die Apotheker in Deutschland sind dazu jetzt bereit.“

Vor einem Jahr hatte auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zum Tag der Apotheke davon gesprochen, dass in den Apotheken auch verstärkt Dienstleistungen wie Sprechstunden etwa zur Rauchentwöhnung, Ernährungs- und Impfberatung angeboten werden sollten. Dafür hatte die ABDA ebenfalls eine Honorierung gefordert.

„Die Apotheker lehnen sich hier weit aus dem Fenster. Wollen sie die gute Koexistenz mit den Ärzten aufkündigen?“, hatte daraufhin der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Wieland Dietrich, erwidert. „Dann könnten Ärzte umgekehrt fordern, in ihren Praxen auch Medikamente abzugeben und zu verkaufen – was beispielsweise in der Schweiz sogar gut funktioniert und den Patienten den Weg in die Apotheke erspart.“

Stefan Hartmann, Chef des Bundesverbandes Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), hatte bereits im April die Zurückhaltung der ABDA beim Thema Impfen kritisiert: „ABDA und Kammern haben unsere Rechte zu vertreten und nicht die der Ärzte“, so Hartmann. „Es reicht anscheinend, mit dem Dispensierrecht zu drohen, und schon werden, wie in Bayern geschehen, die Kammerdelegierten mehrheitlich gegen das Impfrecht votieren.“

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