Wirkung nicht bestätigt

Coronavirus: Apotheken sollen Algovir empfehlen

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Berlin -

Wie schützt man sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus? Eine Frage, die viele Menschen umtreibt. Dass ein Mundschutz einen Gesunden nicht vor einer Ansteckung schützen kann, hat das Robert-Koch-Institut (RKI) bestätigt. Um eine Ausbreitung zu vermeiden, sollten eine gute Händehygiene, Husten- und Niesetikette sowie ein Abstand von ein bis zwei Metern zu Erkrankten eingehalten werden. Ein anderer Ratschlag kommt von Hermes – den Apothekenkunden soll Algovir empfohlen werden.

„Neue Lungenkrankheit durch Coronavirustyp 2019-nCoV“, schreibt Hermes. Ergänzend zu Mundschutz und Händedesinfektion könne Algovir zum Einsatz kommen, um sich vor einer Infektion zu schützen. „Algovir kann als unterstützende Maßnahme gegen humane Coronaviren angewendet werden“, wirbt Hermes – und wagt sich damit weit vor. Laut Gebrauchsanweisung wird Algovir eingesetzt „zur unterstützenden Behandlung von Erkältungskrankheiten oder grippalen Infekten mit viraler Ursache“.

Hermes argumentiert so: Das neue Coronavirus 2019-nCoV gehöre zur Unterfamilie der Betacoronaviren und sei somit mit Coronaviren eng verwandt, die Ursache grippaler Infekte sein könnten. Und schon kommt das Carragelose-haltige Spray ins Spiel: Algovir könne vor dem „Eindringen respiratorischer Viren (darunter Coronaviren) in die Zellen der Nasenschleimhaut“ schützen. Das Unternehmen räumt zwar ein, dass es keinen Test mit dem neuen Virustyp gebe, betont aber, das Produkt ein hervorragendes Sicherheitsprofil habe.

Carragelose ist ein aus Rotalgen gewonnener natürlicher Wirkstoff, der eine physikalische Barriere auf der Nasenschleimhaut bildet, in der sich Erkältungsviren verfangen sollen. Der Kontakt zwischen den pathogenen Keimen und den menschlichen Zellen sei dadurch weitestgehend unterbunden und dadurch werde der Infektionsweg deutlich erschwert. „Tatsächlich zeigen klinische Studien mit Patienten mit viral bedingten grippalen Infekten, dass Carragelose-haltige Sprays zur Anwendung in der Nase (wie Algovir Effekt) die Viruslast um mehr als 90 Prozent reduzieren können“, führt Hermes an.

 

Das Produkt wurde zwar an verschiedenen Typen humaner Coronaviren getestet, aber nicht an 2019-nCoV. „Daher können derzeit keine endgültigen Rückschlüsse zur Aktivität und Effektivität der Carragelose gegen 2019-nCoV gezogen werden“, so das Unternehmen. „Allerdings haben Carragelose-Erkältungssprays ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil, weshalb sie durchaus ergänzend zu den gängigen Maßnahmen zum Schutz vor respiratorischen Viren wie Händedesinfektion und Mundschutz angewendet und den Apothekenkunden empfohlen werden können.“

Parallel ist Algovir das Hauptprodukt im aktuellen Newsletter von Mycare mit dem Betreff „Schutz vor Viren“. Hier wird allerdings nicht weiter auf die neue Lungenkrankheit eingegangen, vielmehr heißt es allgemein: „In der Erkältungszeit treten häufig auch Viruserkrankungen auf. Wenn Sie sich vor Ansteckung schützen möchten, kann Sie das Algovir Effekt Erkältungsspray dabei unterstützen. Es bildet einen Schutzfilm auf der Nasenschleimhaut, der das Festsetzen von Viren verhindert und somit als physikalische Barriere gegen Erkältungsviren wirkt. Es ist auch für Kinder erhältlich.“

Bereits wenige Wochen nach der Markteinführung im Herbst 2017 hatten die Medien sich kritisch mit dem Abwehrspray auseinandergesetzt: Erst holte Professor Dr. Gerd Glaeske unter dem Motto „Nase läuft, Geschäft läuft!“ im „Spiegel“ zum Rundumschlag aus, dann nahmen Sat.1 („Frühstücksfernsehen“), SWR („Marktcheck“) und WDR („Markt“) die wissenschaftliche Datenlage unter die Lupe. Hermes argumentierte, zu Algovir lägen insgesamt drei randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien mit einem Patientenkollektiv von mehr als 450 Probanden vor, darunter 213 Kindern. „Diese Studien zeigen, dass das Produkt bei dreimal täglicher Anwendung zu einem signifikanten Wirkeffekt führt.“ Damit sei man über das sonst für ein OTC-Medizinprodukt der Klasse IIa übliche Level deutlich hinausgegangen. „Wir dokumentieren damit unseren Anspruch, den Prinzipien der evidenzbasierten Medizin Folge zu leisten.“ Im Übrigen seien die vorgelegten Studien von einer „Benannten Stelle“ auf Herz und Nieren getestet worden. „Diese Bewertung hat letztendlich auch zu den im Beipackzettel beschriebenen Anwendungsgebieten geführt.“

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