Betriebsprüfung

Fahrtenbuch kostet 50.000 Euro

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Berlin -

Er hatte für sein Botenfahrzeug jahrelang akribisch Fahrtenbuch geführt und sich sogar eigens eine Software dafür gekauft – trotzdem musste ein badischer Apotheker mehrere tausend Euro an Steuern nachzahlen. Der Fiskus wollte Beweise, dass er bei seinen Aufzeichnungen nicht betrogen hatte. Der Prozess vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) sei einer „öffentlichen Exekution“ gleichgekommen, berichtet der Apotheker.

Bei einer Betriebsprüfung hatte der Apotheker für die Jahre 2006 bis 2008 eine private Nutzung seines Fahrzeugs zwischen 9 und 16 Prozent veranschlagt. Grundlage dieser Berechnung war sein elektronisch geführtes Fahrtenbuch. Dieses wurde bei der Prüfung von dem Finanzbeamten jedoch verworfen. Aus Sicht des Fiskus war das Programm nicht manipulationssicher. Das FG bestätigte dies und winkte die Steuernachzahlung durch.

Etwa 6000 Euro muss der Apotheker nachzahlen – pro Jahr und zuzüglich Zinsen. Da das FG die Software zum Erstellen der Fahrtenbücher nicht anerkannte, geht es nicht mehr nur um die drei Jahre der Betriebsprüfung. Er habe vom Finanzamt schon Post bekommen, berichtet der Apotheker. Der Fiskus stellt entsprechende Nachforderungen auch für die Jahre 2009 bis 2013, weil die Fahrtenbücher in diesem Zeitraum mit demselben Programm erstellt wurden. Insgesamt könnte damit ein Betrag von rund 50.000 Euro als Steuernachzahlung drohen.

Das Finanzamt rechnete mit der sogenannten 1-Prozent-Regel nach. Wird ein Fahrzeug zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt, können die Kosten steuerlich geltend gemacht werden. Die private Nutzung wird pauschal mit 1 Prozent des Listenpreises pro Monat versteuert. Sollen Privatfahrten einzeln veranschlagt werden, müssen alle Aufwendungen durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Der Betriebsprüfer hatte im Gerichtsverfahren mit Laptop und Projektor vorgeführt, wie man mit der Fahrtenbuch-Software betrügen kann. Das Programm erlaubte einen Export der gespeicherten Daten und anschließenden Import der – veränderten – Daten. Weil diese Manipulation im System nicht vermerkt wurde, war aus Sicht der Richter nicht gewährleistet, dass der Apotheker den Anteil betrieblicher Fahrten nicht zu seinen Gunsten verbessert habe. Den Beweis dafür müsse er erbringen.

Das war aber nicht mehr möglich: „Bei dem Laptop mit den Daten ist die Festplatte 'verreckt'. Da ließ sich nichts mehr retten“, so der Apotheker. Er konnte bei der Prüfung nur noch die Ausdrucke vorweisen. Irgendwo hinten im Safe habe er noch die Original-CD mit dem Programm gefunden und dem Betriebsprüfer übergeben. Das wurde ihm zum Verhängnis, da mit dieser Version tatsächlich nachträgliche Veränderungen möglich waren.

Mit späteren Updates wurde diese Möglichkeit im System behoben. Das hatte im Prozess sogar ein Gutachter bestätigt, der das Programm auf Herz und Nieren geprüft hatte. Die Richter vermuteten anhand der Ausdrucke aber, dass nicht die neueste Version benutzt worden war. „Das war eine reine Behauptung, ich habe das System immer aktualisiert“, so der Apotheker. Was ihn besonders ärgert: Den Gutachter soll er auch bezahlen – noch einmal 10.000 Euro. „Wozu, wenn ich diese Version doch angeblich gar nicht benutzt habe?“

Der Apotheker glaubt an ein politisches Verfahren: „Es soll anscheinend unbedingt verhindert werden, dass man aus dieser 1-Prozent-Regel herauskommt.“ Bei der Verhandlung in Freiburg seien rund 20 Steuerberater zugegen gewesen. „Für die war das eine Art Fortbildungsveranstaltung, für mich hat es sich angefühlt wie eine öffentliche Exekution“, so der Apotheker. Die Richter seien anscheinend sowieso davon ausgegangen, dass Apotheker sich das leisten könnten.

Das Botenauto nutzt der Apotheker zu etwa 90 Prozent für geschäftliche Fahrten. Obwohl er daher eigentlich von der individuellen Berechnung steuerlich profitieren könnte, hat er jetzt auf die 1-Prozent-Regel umgestellt.

Bei den Finanzbehörden der Länder wurde das Urteil mit Interesse verfolgt. Sollten Anforderungen an die Überprüfung der Unveränderbarkeit von Fahrtenbüchern auf PC- und Registrierkassen übertragen werden, hätten die Finanzbehörden einen viel größeren Hebel. Bis die Softwarehäuser die EDV entsprechend nachgerüstet hätten, könnten die Daten aus der Warenwirtschaft theoretisch ebenfalls verworfen und die Steuerlast geschätzt werden. Zuletzt hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Apotheken alle Einzeldaten aus ihrer Warenwirtschaft bei einer Betriebsprüfung preisgeben müssen.

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