Not-Importe gegen Impfstoff-Engpass: Das PEI hatte zuletzt auf der Grundlage einer Ausnahmeermächtigung Impfstoffe aus Italien und Frankreich freigegeben.
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Dass lebenswichtige Medikamente oder Standardimpfstoffe in Deutschland fehlen, kann sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht vorstellen – und lehnt weitergehende Maßnahmen kategorisch ab.
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Dabei hat es vor wenigen Wochen erstmals einen echten Krisenfall gegeben: Wichtige Impfstoffe zur Immunisierung von Säuglingen waren komplett ausverkauft und mussten per Notermächtigung aus dem Ausland importiert werden. Ein bis dahin beispielloser Vorgang.
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Für Krisenzeiten ist im Arzneimittelgesetz (AMG) eine Maßnahme zur Notversorgung vorgesehen: Droht ein Versorgungsmangel bei „Arzneimitteln, die zur Vorbeugung oder Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden“, oder treten bedrohliche übertragbare Krankheiten auf, können spezifische Arzneimittel bereitgestellt werden.
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Bislang hat das BMG den Notstand erst dreimal ausgerufen: Als in Westafrika Ebola ausbrach und im Jahr 2014 erste Fälle auch in Deutschland gemeldet wurden, erteilte das BMG die Ermächtigung, „eine Vorbeugung oder Behandlung mit experimentellen Arzneimitteln zu ermöglichen“.
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Im September 2015 wurde der Import von oral applizierbaren Arzneimitteln zur Therapie von Skabies erlaubt. Die Importe waren notwendig geworden, nachdem es in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft zu einem Ausbruch der durch Krätzmilben verursachten und ansteckenden Hautkrankheit gekommen war
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Im Mai brachte Infectopharm die erste Ivermectin-haltige Tablette auf den Markt, sodass die Notimporte obsolet wurden.
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Zuletzt kam der Notparagraph im Juni zur Anwendung. GlaxoSmithKline (GSK) konnte Infanrix hexa nicht liefern.
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Weil auch die entsprechenden Fünffachimpfstoffe bereits seit Monaten defekt waren, genehmigte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) den Import aus anderen Ländern. Nachschub konnte so aus Frankreich und Italien beschafft und der Engpass damit überbrückt werden.
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Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Robert Koch-Institut (RKI) forderten die Ärzte angesichts des drohenden Ausfalls dazu auf, andere Impfstoffe zu kombinieren.
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Dem Engpass passt sich nun die Empfehlung an: Wer sein Kind gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis (DTaP) impfen lassen möchte, muss bis Ende des Jahres in Kauf nehmen, dass es zusätzlich vor Poliomyelitis, Haemophilus influenzae b (Hib) und Hepatitis B geschützt wird.
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Aber auch die Sechsfachimpfstoffe waren zuletzt nur eingeschränkt lieferbar. Die Engpässe bestimmen, wann Säuglinge und Kleinkinder gegen welche Krankheiten geimpft werden können.
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Anfang vergangener Woche hatte GSK Infanrix bis Ende des Jahres defekt gemeldet. Der britische Pharmakonzern ist der einzige Anbieter für die Erstimmunisierung gegen DTaP.
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Auffrischimpfungen gibt es von GSK (Boostrix), Pfizer (TdaP Immun) und Sanofi Pasteur MSD (Covaxis).
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Nach dem Ausfall von Infanrix hat die Ständige Impfkommission (STIKO) empfohlen, je nach Verfügbarkeit auf einen der beiden sechsvalenten Impfstoffe Infanrix hexa (GSK) oder Hexyon (Sanofi Pasteur MSD) auszuweichen.
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Negative Auswirkungen aufgrund überzähliger Impfstoffdosen seien nicht zu befürchten; bei der Fortsetzung begonnener Impfserien mit einem höhervalenten Impfstoff sei allenfalls darauf zu achten, dass die für eine vollständige Grundimmunisierung vorgesehene Anzahl komplettiert werde.
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Einen Berliner Arzt stört auch, dass das BMG nicht mehr Druck auf die Hersteller macht. Allzu oft entscheide die Liefersituation, welches Kind wann welchen Impfstoff erhalte. Ärzte müssten zwischen verschiedenen Herstellern wechseln oder ganz improvisieren.
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Laut IMS Health werden pro Jahr 10 Millionen Dosen an Tetanus-Impfstoffen abgegeben. Nur 300.000 Einheiten entfallen auf die monovalente Vakzine, der Rest auf Kombinationen.
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Engpass bei Standardimpfstoffen: Bei Kombinationsimpfstoffen gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten.
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Pentavac und Hexyon von Sanofi Pasteur MSD sind derzeit nicht lieferbar.
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Auch bei den Fünf- und Sechsfachimpfstoffen von GSK gibt es Engpässe.
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Das BMG hatte zuvor formal festgestellt, dass ein Versorgungsmangel vorliegt.
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Engpässe bei Impfstoffen kommen immer wieder vor.
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Die Herstellung von Impfstoffen ist komplex und aufwendig – und dauert lange.
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Die einzigen Vakzine, die im lebenden Organismus hergestellt werden und diesen zerstören, sind Grippeimpfstoffe.
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Die Viren werden in befruchteten Hühnereiern vermehrt. Die Eier werden zunächst elf Tage bebrütet, ...
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... dann werden die Grippeviren eingespritzt. Die Viren werden dann gesammelt und in mehreren Schritten aufbereitet.
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Alle Lebendimpfstoffe werden in tierischen Zellen produziert.
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Für die meisten Impfstoffe werden Zellkulturen verwendet.
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Die notwendigen Zellkulturen werden über Jahre weiter passagiert.
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Eine Zellkultur aus Hundenieren, die sogenannten MDCK-Zellen, wird für die Herstellung des Grippeimpfstoffs Optaflu verwendet.
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Die Zelllinie stammt aus dem Jahr 1958.
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Engpass bei Standardimpfstoffen: Bei Kombinationsimpfstoffen gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten.
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Allerdings gibt es bereits ein Vakzin auf Pflanzenbasis: 2006 hat die FDA einen Impfstoff gegen die Newcastle-Seuche bei Hühner zugelassen, der in Tabakpflanzen hergestellt wird.
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Trotz aller Ansätze: „Derzeit ist kein in Pflanzen produzierter Impfstoff zugelassen“, so das Fazit bei GSK.
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Doch selbst wenn es einen vegetarischen oder veganen Impfstoff gäbe, „erfordert die Gesetzgebung die Durchführung von Tierstudien während der Entwicklung von Impfstoffen“.
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Die WHO empfiehlt jedes Jahr im Februar und September Viren für die Aufnahme in Grippeimpfstoffen für die jeweilige Grippesaison in der nördlichen und südlichen Hemisphere.
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Anfang des Jahres schätzte die US-Seuchenschutzbehörde CDC die Effektivität der Impfstoffe für die laufende Saison auf 23 Prozent.
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In der vergangenen Influenza-Saison waren bis Anfang März bundesweit 47.700 Fälle gemeldet worden, wie aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht.
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