OTC-Hersteller

Klosterfrau: Contramutan reloaded

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Berlin -

Der Contramutan-Saft gehört in jede Sichtwahl, doch über dem pflanzlichen Erkältungsmittel zur Stärkung der Abwehrkräfte schwebt das Damoklesschwert. Denn bislang ist der Streit um die Nachzulassung nicht abgeschlossen. Damit kann das Produkt auch für Kinder nicht auf Kassenrezept verordnet werden. Wie PHARMA ADHOC berichtet, hat Klosterfrau das Problem jetzt gelöst.

Contramutan ist seit Jahrzehnten auf dem Markt und gehört der Sanofi-Tochter Nattermann. Klosterfrau hatte sich die Vertriebsrechte beim Ausverkauf von Aventis gesichert. Neben dem Saft gibt Tropfen und Tabletten. Alle Produkte enthalten Wasserdost (Eupatorium perfoliatum), blauen Eisenhut (Aconitum napellus), Tollkirsche (Atropa belladonna) und Sonnenhut (Echinacea angustifolia).

Gestritten wird darüber, ob der Saft als pflanzliches Arzneimittel oder als Homöopathikum einzustufen ist. Enthalten sind die Auszüge in Niedrigpotenzen, also als Urtinktur beziehungsweise D4-Verdünnung. Tropfen und Tabletten wurden bereits 2003 auf Homöopathika umgestellt, der Saft läuft aber noch als Phytopharmakon.

Entsprechend unterscheiden sich die Anwendungsgebiete: Tropfen und Tabletten werden als homöopathische Arzneimittel ausgewiesen, deren Anwendungsgebiete sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ableiten. „Dazu gehören: Fieberhafte grippale Infekte mit Entzündungen der oberen Luftwege.“

Der Saft dagegen wird vom Hersteller als „pflanzliches Anti-Infektivum für die ganze Familie“ beworben. Als Anwendungsgebiete werden „fieberhafte und grippale Infekte, Katarrhe und Entzündungen in Nasen- und Rachenraum“ beansprucht. Auch zur „Vorbeugung bei erhöhter Ansteckungsgefahr“ kann das Produkt laut Produktinformation eingesetzt werden.

Es sind diese starken Claims, an denen Klosterfrau festhalten will. Deshalb kämpft der Hersteller um eine Zulassung als pflanzliches Arzneimittel. Contramutan N gehört damit zu den wenigen Produkten, bei denen die Nachzulassung noch nicht abgeschlossen ist. Vermutlich landet der Fall vor Gericht. Einfach aussitzen können die Hersteller die Sache nicht, denn im Mai 2009 hatte das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die Kassen die Kosten für die sogenannten fiktiv zugelassenen Arzneimittel nicht übernehmen müssen. Nur als Satzungsleistung wäre eine Erstattung noch denkbar.

In Köln hat man eine Lösung für das Problem gefunden: Aktuell bringt Klosterfrau Contramutan als Junior-Sirup auf den Markt. Das Produkt ist identisch in der Zusammensetzung, aber analog zu Tropfen und Tabletten als homöopathisches Arzneimittel zugelassen und damit für Kinder bis 12 Jahren und Jugendliche bis 18 Jahren mit Entwicklungsstörungen erstattungsfähig.

Auch in der Selbstmedikation ist der Newcomer womöglich eine Alternative, denn mit einem Listenpreis von 9,90 Euro à 150 ml ist der Sirup deutlich günstiger als der Saft (14,05 Euro). Allerdings kann das neue Produkte nicht ab sechs Monaten, sondern erst ab einem Lebensjahr verabreicht werden. Zu beachten ist der Alkoholanteil von 3,7 Volumenprozent.

Contramutan kommt auf Basis der Herstellerabgabepreise auf jährliche Erlöse von rund sechs Millionen Euro. Im Bereich der pflanzlichen und homöopathischen Immunstimulanzien steht das Produkt im Wettbewerb mit Marken wie Umackaloabo (Schwabe), Meditonsin (Medice), Imupret (Bionorica), Angocin (Repha), Esberitox (Schaper & Brümmer), Lymphomyosot (Heel) und Infludoron (Weleda).

Klosterfrau gehört mit einem Umsatz von rund 640 Millionen Euro auf Basis der Verkaufspreise zu den führenden OTC-Herstellern in Deutschland. Der Anteil des Apothekengeschäfts ist mit rund 360 Millionen Euro etwas größer als der aus dem Mass Market. In der Offizin kommt das Unternehmen nach Umsatz auf Platz 7, in der Drogerie liegt Klosterfrau vor Konkurrenten wie Queisser (Doppelherz) und Merz (Tetesept).

Nach dem Tod des Firmenpatriarchen Wilhelm Doerenkamp wurde der größte Teil der Firmengruppe in den 1970er Jahren in eine Stiftung mit Sitz in Chur in der Schweiz überführt – die Familie in Gestalt von Doerenkamps einziger Enkelin Martine Eloy ist nur noch minderheitsbeteiligt. Zweck der Stiftung sind die Förderung der Natur- und Geisteswissenschaften, die Unterstützung von Alten und Gebrechlichen sowie notleidenden und bedürftigen Kindern sowie die Förderung von künstlerischen, literarischen, kulturellen und humanitären Leistungen.

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