Faktencheck: AstraZeneca-Impfstopp

Was bisher bekannt ist

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Berlin -

Der gestrige Stopp der AstraZeneca-Impfung in Deutschland sorgt für große Unsicherheit. Während viele Menschen an der Vakzine festhalten, verlieren andere den Glauben in die Impfung – und das, obwohl der Impfstoff bereits zuvor ein massives Imageproblem hatte. Was ist bisher über die Nebenwirkungen bekannt, was müssen bereits Geimpfte beachten und welche Symptome treten auf? Ein Faktencheck. Die Übersicht als Download gibt es hier.

Warum jetzt der Impfstopp?

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat die Unterbrechung der Impfung mit der Vakzine von AstraZeneca empfohlen, da es zu gehäuften Meldungen einer Sonderform von Hirnvenenthrombosen (auch Sinusvenenthrombosen genannt) unmittelbar in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung von AstraZeneca gekommen ist.

Bis zum 11. März wurden dem PEI insgesamt elf Meldungen über unterschiedliche thromboembolische Ereignisse bei etwa 1,2 Millionen Impfungen gemacht. Zum 15. März gab es jedoch weitere Fälle in Deutschland, bei denen es sich – anders als zuvor – um Hirnvenenthrombosen handelt. Bislang seien sieben solche Fälle bekannt bei über 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland.

Wer ist bislang erkrankt?

Nach Angaben von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach handelt es sich um sechs Frauen und einen Mann, alle im Alter zwischen 24 und 58 Jahren und ohne Vorerkrankungen. Drei dieser Fälle seien erst in den vergangenen Tagen aufgetreten, so Lauterbach im ARD-Magazin „Hart aber fair“. Laut PEI-Präsident Professor Dr. Klaus Cichutek verliefen drei der sieben Fälle tödlich.

Was müssen bereits Geimpfte beachten?

Das PEI empfiehlt Menschen, die sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen, unverzüglich eine ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Beispielsweise wenn die typischen Symptome auftreten. Davon seien vor allem Menschen betroffen, die in den letzten 4 bis 16 Tagen geimpft wurden. Bei Personen, deren Impfung bereits länger her ist, könne Entwarnung gegeben werden.

Was sind Hirnvenenthrombosen? Welche Symptome treten auf?

Bei einer Hirnvenenthrombose kommt es zu Blutgerinnseln in den großen venösen Hirngefäßen. Sie sind für den Transport von sauerstoffarmem Blut aus dem Kopf in Richtung Herz verantwortlich. Durch den Verschluss kommt es zu einem Druckanstieg: Die Folge sind Kopfschmerzen, Krampfanfälle und neurologische Probleme wie Sehstörungen oder Lähmungserscheinungen. Oft gehen die Beschwerden mit Übelkeit einher, manchmal kommt es auch zu Hautveränderungen wie punktförmigen Einblutungen oder Hämatomen. Warnsignal sind also Hautveränderungen – rote Punkte durch Mikroblutungen – oder starke Kopfschmerzen in den ersten Tagen nach der Impfung.

Wie werden Sinusvenenthrombosen behandelt?

Wenn sie früh genug erkannt werden, kommt eine antithrombotische Akutbehandlung mit niedermolekularem gewichtsadapiertem Heparin in Frage. Diese ist auch bei Stauungsblutungen indiziert. Laut Lauterbach ist die Therapie schwierig, aber möglich. Dies habe er mit Ärzten besprochen. Details nannte er nicht.

Gibt es eine Prophylaxe?

Lauterbach zufolge gibt es keine Prophylaxe. Zwar lägen noch keine Untersuchungen dazu vor, aber sehr wahrscheinlich habe die vorbeugende Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern keinen Effekt. Auch der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen warnte bei „Hart aber fair“ davor, jetzt vorbeugend im Zusammenhang mit einer Impfung ASS einzunehmen.

Ist ein kausaler Zusammenhang wahrscheinlich?

Laut Lauterbach lassen sich die Thrombosen der Hirnvenen „mit großer Wahrscheinlichkeit“ auf das Präparat von AstraZeneca zurückführen. „Das sieht man sonst in der Bevölkerung 50 mal im ganzen Jahr in Deutschland“, sagte er im ARD-Morgenmagazin. Unklar ist allerdings, auf welche konkreten Fälle einer Sinusvenenthrombose er sich dabei bezieht: Eine sogenannte „aseptische Sinusvenenthrombose“ wird im Allgemeinen mit einer Häufigkeit von 3-5 Fällen pro 1.000.000 Einwohner pro Jahr angegeben. Außerdem ist sie für etwa ein Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Septische Sinusvenenthrombosen hingegen – welche Folge einer generalisierten Entzündung im Körper sind – machen etwa 50 Infektionen pro Jahr aus. „Der Zusammenhang macht auch physiologisch Sinn.“ Andererseits ist es laut Experten auch möglich, dass andere Effekte ursächlich waren: Man wisse nicht, ob die Einnahme von Kontrazeptiva eine Rolle spiele oder ob es sich womöglich um ein Chargenproblem handele.

Die Übersicht als Download

 

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