Von der Realschülerin zur Apothekerin

Staatsexamen in Corona-Zeiten

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Berlin -

Für Kira Paffendorf ist der Weg das Ziel: Die 29-jährige hat in der vergangenen Woche ihr drittes Staatsexamen bestanden und ist damit frisch gebackene Apothekerin. Um dies zu erreichen, hat sie jedoch einen regelrechten Lernmarathon zurückgelegt: Nach dem Realschulabschluss absolvierte sie zunächst die PTA-Ausbildung, dann erst folgten Abitur und Pharmaziestudium.

Die Eindrücke der Prüfung sind noch ganz frisch. Nach einem langen Werdegang ist Paffendorf nun endlich da wo sie hinwollte. „Weil ich schon immer in der Apotheke gearbeitet habe, hat sich für mich durch das Studium allerdings nicht so viel verändert“, berichtet sie. „Man hat natürlich jetzt noch mehr Verantwortung, aber bei mir war das alles ein fließender Prozess.“ Dennoch fühlt sich die 29-jährige nun noch sicherer in ihrem Wissen: „Man hat nochmal einiges mehr vertieft und detaillierter gelernt.“

Luftballons und Champions-League-Hymne

Beim jetzigen Examen handelte es sich um eine mündliche Prüfung. „Es gab einen Praxisteil und einen Rechtteil, der von drei Prüfern abgefragt wurde“, erklärt Paffendorf. Eine knappe Stunde musste sie Rede und Antwort stehen und sich dem Fragenhagel stellen – mit Erfolg: Am 10. Juni hat Paffendorf ihre Prüfung in Düsseldorf bestanden. Danach wurde die frisch gebackene Apothekerin Zuhause von ihrem Mann und der Familie überrascht. „Sie hatten Luftballons aufgehängt und als ich aus dem Auto gestiegen bin, hat mein Mann die Champions League-Hymne laufen lassen“, lacht sie. Gefeiert wurde wegen Corona aber nur im kleinen Kreis.

Die 29-jährige freut sich über ihren Erfolg: „Das fühlt sich schon toll an, obwohl ich anfangs ein bisschen Bammel hatte“ berichtet sie. Denn nach der Prüfung bekam sie lediglich mitgeteilt, ob sie bestanden hat und mit welcher Note. „Eine Bescheinigung oder etwas Schriftliches gab es nicht – umso glücklicher war ich, als jetzt endlich das Zeugnis ankam und ich es damit schwarz auf weiß habe“, sagt sie.

Im Vorfeld war die Nervosität groß. „Ich war total aufgeregt, weil wirklich alles gefragt werden kann“, erläutert die Apothekerin. Die Bereiche seien sehr umfangreich und breit gefächert – auch brandaktuelle Themen, wie geänderte Regelungen zur aktuellen Corona-Pandemie oder neue Arzneimittel, konnten auf dem Plan stehen. „Man muss also wirklich viel lesen und auf dem neusten Stand bleiben.“ Außerdem konnten Fragen zu Dingen aus der Apothekenpraxis, Beratungsthemen und Pharmakologie oder auch zu rechtlichen Grundlagen aus der Apothekenbetriebsordnung oder dem Betäubungsmittelgesetz gestellt werden.

Karteikarten, Facetime und Corona

Beim Lernen hat sich Paffendorf vor allem auf die praxisrelevanten Themen fokussiert. „Einige Dinge habe ich nur mal durchgelesen, die für die Praxis wichtigen Dinge habe ich dann wirklich im Detail gelernt.“ Bis Ende April stand sie noch jeden Tag in der Apotheke, danach hat sie den HV-Tisch gegen den Schreibtisch getauscht und sich auf ihr Examen vorbereitet. „Anfangs habe ich noch nicht so viel gelernt, je mehr es dann darauf zuging, umso intensiver wurde es.“ Teilweise habe sie von morgens bis abends über Karteikarten-Stapeln und Aufzeichnungen gesessen – „es war wirklich extrem viel Lernstoff“, meint sie.

Auf das Lernen und die Prüfung selbst hatte die Corona-Pandemie wenig Einfluss. „Ich habe schon für das zweite Staatsexamen zusammen mit einer Freundin per Facetime gelernt“, erklärt sie. Denn die beiden trennen rund 70 km – gemeinsam virtuell zu lernen hat sich daher in der Vergangenheit schon bewährt. „Das hat so gut funktioniert, dass wir das auch jetzt so gemacht haben.“ Auch bei der Prüfung selbst war Corona kaum zu spüren. „Einen Mundschutz musste ich nicht tragen, wir haben alle sehr weit auseinander gesessen – sowohl ich wie auch jeder Prüfer hatte einen eigenen Tisch.“

Corona verändert die Sicht auf Apotheken

Ihre Sicht auf den Apothekerberuf hat sich durch Corona nicht verändert: „Mir war vorher schon klar, wie wichtig unser Beruf ist – allerdings glaube ich, dass sich die Sicht der Mitmenschen auf die Apotheke durch Corona verändert hat“, erläutert die Apothekerin. Denn auch während ihrer Lernphase war Paffendorf regelmäßig samstags in der Offizin. Dabei habe sie gemerkt, dass vielen Kunden während der Pandemie bewusst geworden sei was die Apotheken vor Ort alles leisten. Einige ihrer Kunden seien wirklich dankbar gewesen und hätten dies auch gezeigt. „Man merkt schon, dass sich etwas verändert hat.“ Die Praxis sei zudem eine gute Ablenkung zur Theorie gewesen. „Ich konnte dann mal ein wenig der Kopf frei bekommen und einige Dinge nochmal aus der praktischen Sicht betrachten.“

Pharmaziestudium als Ziel

Um beruflich dort zu sein wo sie nun ist, hat Paffendorf einiges auf sich genommen: Nach dem Realschulabschluss hat sie 2010 zunächst die Ausbildung zur PTA absolviert. „Ich war also sehr früh fertig – gerade mal 18 Jahre alt. In meinem halben Jahr in der Apotheke habe ich mich dann gefragt, ob das wirklich schon alles sein soll“, berichtet sie. Zwar könne man Weiter- und Fortbildungen machen, das habe ihr jedoch nicht gereicht. „Ich habe also dann zuerst mal mein Abitur nachgeholt.“ Vormittags stand also erneut Schule auf dem Plan, nebenher arbeitete Paffendorf weiterhin für 20 Stunden pro Woche in der Apotheke, um den Praxisbezug nicht zu verlieren. Während dieser Zeit habe sie sich bereits Gedanken gemacht, wohin die Reise gehen könnte. „Fast alle meine Freunde haben damals studiert und immer von ihrem Studentenleben erzählt – das wollte ich auch gerne haben“, lacht sie.

Der Schritt zum Pharmaziestudium war also naheliegend. Sie habe sich zwar auch für die Medizin interessiert, schließlich sei die Wahl jedoch auf die Pharmazie und die Apotheke gefallen. „Mir gefällt einfach das Arbeiten mit Menschen und dass ich immer etwas Neues dazu lernen kann.“ Nun möchte Paffendorf sich und ihrem Kopf jedoch erstmal eine Pause vom Lernen gönnen. Irgendwann möchte sie sich allerdings noch im Bereich der geriatrischen Pharmazie weiterbilden und Zusatzqualifikationen erlangen.

 

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