Ausbildung

PKA: Eine Chance für Ali

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Berlin -

Im Nahen Osten beherrscht der Krieg die Menschen und das Land. Ali Hussain ist als Minderjähriger aus dem Irak geflohen und vor zwei Jahren in Berlin angekommen. Dem jungen Mann stellten sich viele Hindernisse in den Weg, die er alle überwunden hat – Heimunterbringung, Ungewissheit über die schulische Ausbildung, Anerkennung seiner Zeugnisse und vieles mehr. Seit dem 1. August hat er Gewissheit und Sicherheit, er hat eine Ausbildung zum PKA in der BerlinApotheke an der Charité begonnen.

In der BerlinApotheke an der Charité arbeiten vier PKA und freuen sich über den Zuwachs und die Unterstützung von Ali. Das Backoffice-Team wird den jungen Mann während der Ausbildung besonders betreuen. Kollegin und Mentorin Laura hilft bei allen Fragen rund um das Führen des Berichtsheftes, den Fachbereich und den Alltag in der Apotheke und steht mit Rat und Tat zur Seite.

Bevor Ali aus dem Irak geflohen ist, ging er zur Schule und hatte gerade sein Abitur mit 83 Prozent – umgerechnet der Note 1,6 bestanden. Für Mathematik hatte er eine Leidenschaft und war darin besonders gut. „Das Rechnen und der Umgang mit Zahlen passen ja jetzt sehr gut zu meinem kaufmännischen Beruf. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich letztlich für die PKA-Ausbildung entschieden habe“, erzählt Ali.

Apotheken kannte Ali in seinem Heimatland nur als Kunde und hatte sie nur wahrgenommen, um beispielsweise Paracetamol zu kaufen. „In Deutschland sind die Apotheken besser aufgestellt, das kann ich sagen.“ Ein Praktikum in der Apotheke hatte der junge Mann zuvor nicht gemacht, das erste Mal blickte er in der BerlinApotheke am Hackeschen Markt hinter die Kulissen. „Die Kollegen waren dort besonders nett. In jedem Beruf spielen die Kollegen eine sehr große Rolle – und wenn die Kollegen nett sind, dann fühlt man sich automatisch sehr wohl. Sind sie nicht nett, dann wird es schwierig.“

Aber bis Ali das erste Mal in einer Apotheke arbeiten konnte, lag ein langer und steiniger Weg hinter ihm. Die ersten sechs Monate war Ali in einem Heim untergebracht. „Ich habe jeden Tag gesagt: ‚Ich möchte zur Schule gehen und lernen.‘ Nach vier Monaten waren alle meine Freunde aus dem Heim bereits in der Schule, nur bei mir hat es nicht geklappt. Es war eine harte Zeit“, erzählt Ali. Aber dann hat der junge Mann einen Tipp von
einem palästinensischen Freund bekommen, er solle nach einem Platz in einer Sprachschule fragen.

„Die Hartnackschule sollte es sein, denn ich wollte unbedingt in einer guten Schule Kurse belegen. Und das klappte, ich durfte Deutsch lernen!
 Kurz darauf bekam ich auch den Bescheid vom Jugendamt, dass ich aus dem Heim und in eine WG umziehen konnte.“ Heute spricht Ali sehr gut deutsch, für ihn selbstverständlich. „Das muss sein. Mit der Zeit wird mein Deutsch natürlich besser durch die vielen Kontakte zu Deutschen und den Kollegen. Das ging dann ganz schnell. Aber es muss noch besser werden, ich versuche immer alles zu geben und gut zu sein in dem, was ich tue, auch beim Deutsch lernen.“

Eine deutsche Freundin setzte sich für Ali ein, am Unterricht im Gymnasium teilnehmen zu können. Sie fragte den Direktor, ob es möglich ist und Ali erhielt die Erlaubnis. Es folgte ein Jahr mit langen Tagen: „Morgens hörte ich beim Unterricht der 10. Klasse im Gymnasium zu und konnte sogar die Prüfungen in Mathe und Chemie ablegen. Abends ging es dann weiter in die Sprachschule zum Deutsch lernen“. Mittlerweile spricht Ali besser Deutsch als seine Freunde, die vor ihm die Schule besuchten. Die Motivation, immer weiter zu machen und nicht aufzugeben, hat Ali von seinen Mitschülern und Lehrer bekommen. „Sie haben mir immer wieder gesagt, was für gute Fortschritte ich mache.“

Das Lernen, der Fleiß und der Ehrgeiz zahlten sich aus. Ali konnte zwischen drei Ausbildungsplätzen wählen. „Ich habe einen Mentor, Friedemann Egender von der Charité und dem Netzwerk ‚not alone‘. Er hat mich gefragt, ob der PKA-Beruf für mich spannend sein könnte und den Kontakt zur BerlinApotheke hergestellt. Friedemann hilft mir sehr und ist wie ein Bruder für mich.“ Um einen passenden Beruf zu finden, hatte Ali viele Praktika absolviert und drei Angebote für einen Ausbildungsplatz erhalten: PKA, Zahnarzthelfer und Sozialassistent. „Dann habe ich mich für die BerlinApotheke entschieden.“

Zuvor hatte Ali sich an der Technischen Universität beworben und an der Aufnahmeprüfung teilgenommen. „Sie haben tatsächlich nur 15 Personen von über 100 genommen und ich war leider nicht dabei. Damals war auch mein Deutsch nicht so gut. Danach habe ich mich dann entschieden, eine Berufsausbildung zu machen.“ Mit seiner Wahl für den PKA-Beruf ist Ali glücklich, der Job ist so, wie er ihn sich vorgestellt hat. Froh ist Ali vor allem über seine Kollegen und das Team, für den jungen Mann, „passt alles“. „Sie sind hilfsbereit und freundlich, wenn ich Probleme mit der Sprache habe, dann helfen sie mir weiter. Sie sind ein Grund für mich, warum ich mehr und mehr gebe und zeigen möchte, dass ich den Beruf sehr gerne mache“.

Solange Ali eine Ausbildung macht, wird er nicht ausgewiesen. Wichtig war ihm aber zu sagen, dass er die Ausbildung nicht wegen seines Aufenthaltsstatus mache. „Mich interessiert es, als PKA zuarbeiten, mit meinen Kollegen.“ Für die Zukunft hat Ali mehrere Wünsche. Als Erstes möchte er die Ausbildung mit einem guten Notendurchschnitt abschließen und dann ein paar Jahre im Job arbeiten und sich weiterbilden. „Aber erst einmal ein Schritt nach dem anderen.“

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