Apothekenpersonal

Mobbing-Albtraum – ein Opfer erzählt

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Berlin -

Jasmin K. erinnert sich genau an den Tag, an dem das Mobbing begann: Der Chef stellte morgens die neue Filialleiterin vor. Binnen kurzer Zeit liefen bei Jasmins PTA-Kolleginnen die Tränen, ein halbes Jahr später hatten vier von acht Mitarbeiterinnen gekündigt. Sie konnten die Schikanen nicht mehr ertragen.

Die neue Filialleiterin habe vom ersten Tag an keine Zweifel daran gelassen, dass sie das Team nicht mochte und kein Interesse an Teamgeist hatte. Sie habe nichts unversucht gelassen, um die PTA zu zermürben: „Mütter mussten von jetzt auf gleich bis 20 Uhr arbeiten – wer sich um die Kinder kümmern sollte, war der Chefin egal.“ Auch zu Samstagsdiensten seien Mütter neuerdings eingeteilt worden, was besonders Alleinerziehende traf, die niemanden hatten, die sich während der Arbeitszeit um den Nachwuchs kümmern konnte. „Nehmen Sie sich doch eine Tagesmutter“, so der Rat der Filialleiterin – eine Option, die bei einem PTA-Gehalt nicht in Frage kam.

Die Mütter kündigten als Erste. Andere Kolleginnen sollten laut Bericht Überstunden, die sich über Monate angesammelt hatten, von jetzt auf gleich „abbummeln“. Aus einem funktionierenden Team, in dem jeder gerne arbeitete, sei binnen kurzer Zeit eine frustrierte Gruppe geworden. „Lange kamen wir morgens gern zur Arbeit, plötzlich war die Apotheke ein Tal der Tränen“, erinnert sich Jasmin.

Die Stimmung sei eisig gewesen, freundliche, kollegiale Gespräche hätten kaum noch stattgefunden. Das Wort Mobbing machte hinter vorgehaltener Hand die Runde. „Jeder ging mit gesenktem Haupt durch den Tag, jeder hoffte, dass die nächste Mobbing-Attacke nicht ihn treffen würde. Auch das Misstrauen unter den Kollegen stieg. Wem konnte man noch trauen?“

Bei der Filialleiterin hingegen sei die gute Laune gestiegen, ihr schien diese Form der Machtausübung zu gefallen. Freundlichkeiten verteilte sie huldvoll „wie eine Königin an ihre Untergebenen“, aber stets blieb ein lähmendes Gefühl der Unsicherheit: Wer gerade gelobt wurde, konnte schon Minuten später in Ungnade fallen. „Niemand wollte mehr in dieser Apotheke arbeiten“, sagt Jasmin K., „jeder hielt Ausschau nach einem neuen Job“. Nach wenigen Monaten hatte das halbe Team gekündigt. Die Filialleiterin stellte neue Mitarbeiter ein, die sie ebenso schlecht behandelte wie die vorherigen.

Eines Tages – nach vielen frustrierenden Monaten – war es den PTA zu viel. Sie forderten ein Gespräch mit dem Chef, schütteten ihm ihr Herz aus und informierten den Apothekeninhaber, dass er alle langjährige, kompetenten Mitarbeiter verlieren würde, wenn sich die Arbeitsbedingungen nicht umgehend verbesserten. Der Chef sprach umgehend mit der Filialleiterin und zog die Notbremse: Der Frau wurde gekündigt.

„Es war, als wäre man aus einem Alptraum erwacht“, erinnert sich Jasmin, „der einzige Fehler, den wir gemacht haben, war, zu spät den Chef zu informieren. Das würde mir heute kein zweites Mal passieren. Bei Mobbing ist es wichtig, dass man konsequent und schnell die Probleme anspricht und den Mobber bremst.“ Heute herrscht in der Apotheke wieder eine freundliche Arbeitsatmosphäre. Das Thema Mobbing ist nur noch eine böse Erinnerung.

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