Probleme mit Wärme

Metronidazol: Kristallwachstum bestätigt

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Berlin -

Wird eine Rezeptur mit Metronidazol angefordert, so klingeln bei vielen PTA die Alarmglocken. Bei dem Antibiotikum gilt es während der Herstellung so einiges zu beachten. Der Wirkstoff kann nicht immer problemlos mit anderen Arzneistoffen kombiniert werden. Darüber hinaus kann Metronidazol bei der Herstellung im automatischen Rührsystem zur Agglomeratbildung neigen. Auch Temperaturschwankungen verträgt der Stoff nicht gut: Bei höheren Temperaturen kann es zur Kristallbildung kommen. Das bestätigt nun auch eine Untersuchung des Zentrallaboratoriums (ZL).

Metronidazol gehört zu den häufig verwendeten Ausgangsstoffen in der Rezeptur. Das Nitroimidazol wird unter anderem zur Behandlung der Rosacea eingesetzt. Bei den herstellenden PTA ist der Wirkstoff mitunter weniger beliebt, da es einiges zu beachten gibt. Um Agglomerat- und Kristallbildungen zu vermeiden, setzen die meisten Rezeptare auf die Herstellung in der Fantaschale. Viele Apotheken verwenden vorgekühlte Grundlagen, da Metronidazol sehr temperaturempfindlich ist. Eine aktuelle Untersuchung des ZL bestätigt die Empfindlichkeit: Wird die fertige Rezeptur höheren Temperaturen ausgesetzt, so kommt es zur Kristallbildung. Diese Partikel führen nicht nur zu einem Kratzen auf der Haut, sondern auch zu einer verminderten Wirksamkeit.

30 Grad ist zu viel

Durch die Auswertung des aktuellen Ringversuchs „Hydrophile Metronidazol-Creme 1 Prozent (NRF 11.91.)“ konnte gezeigt werden, wie sich Temperaturschwankungen auf die Partikel des suspendierten Metronidazols auswirken. Bei den Herstellungen im April und Mai wurden die Cremes laut ZL in den meisten Fällen bei Außentemperaturen von 25 Grad Celsius verschickt. Bei den späteren Herstellungsterminen im Juni, Juli und August stiegen die Außentemperaturen zum Teil auf über 30 Grad. Beim Transport waren die Umgebungstemperaturen noch einmal höher. Das ZL schreibt in seinem Bericht: „Die Rezepturen waren so stark mit Kristallen durchsetzt, dass eine Bewertung der Partikelgröße im Rahmen des Ringversuches nicht durchgeführt werden konnte.“ Als Spezifikationsgrenzen der Partikelgröße waren in Anlehnung an die DAC-Monographie folgende Werte festgelegt: Es durften keine Partikel größer als 180 μm vorhanden sein. Es durfte maximal ein Partikel mit einer Größe zwischen 90 und 180 μm gefunden werden. Bei Partikeln zwischen 50 und 90 μm durften zwei Partikel innerhalb eines Probenzuges detektiert werden.

Aktuell geht das ZL davon aus, dass die Hydrophile Metronidazol-Creme 1 Prozent (NRF 11.91.) möglichst keinen Temperaturschwankungen ausgesetzt werden sollte. Um diese Annahme zu bestätigen, wurden weitere Stabilitätsuntersuchungen zum Kristallwachstum gestartet, die aktuell noch andauern. Gesichert gilt die Aussage, dass suspendiertes Metronidazol chemisch stabiler ist als gelöstes, und zwar ab einer Konzentration von 0,8 Prozent. Je höher der Anteil des suspendierten Wirkstoffes, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung von Kristallen.

Vor der jeweiligen Herstellung sollte also hinterfragt werden, ob eine Lösungs- oder eine Suspensionssalbe vorliegt. Bei Suspensions-Salben müssen die Wirkstoffe vor dem Mischen oft per Hand mit einem geeigneten Anreibemittel angerieben werden. Dies gilt auch für die Weiterverarbeitung im automatischen Rührsystem. Ist Glycerin Bestandteil der verwendeten Grundlage, so eignet sich wasserfreies Glycerin als Anreibemittel. Viele PTA empfinden das „Umswitchen“ von Fantaschale auf Topitec als zu umständlich, sodass sie bei Suspensionssalben gänzlich auf die automatischen Rührsysteme verzichten.

Kühlschrank als Lösung?

Um die Rezeptur vor zu hohen Temperaturen zu schützen und eine Verarbeitung im automatischen Rührsystem dennoch zu ermöglichen, setzen Apotheken zum Teil auf vorgekühlte Grundlagen. Da die Löslichkeit von Metronidazol stark temperaturabhängig ist, sollte Prozesswärme während der Herstellung unbedingt vermieden werden, so kann eine Rekristallisation des Wirkstoffes nach der Herstellung vermieden werden. Die Verwendung von vorgekühlten Grundlagen ist bei einer Herstellung im automatischen Rührsystem sinnvoll. Bei der Herstellung per Hand können Grundlagen mit Raumtemperatur verwendet werden. Eine anschließende Lagerung im Kühlschrank durch den Kunden ist nicht immer ein Garant für die Vermeidung von Kristallen. Je nachdem, wie groß der Temperaturunterschied ist und wie oft die Creme weiteren Temperaturschwankungen unterliegt, können auch im Kühlschrank Kristalle entstehen.

Geeignete Lagerung

Laut ZL ist es wichtig, dass die Creme so wenigen Temperaturschwankungen wie möglich ausgesetzt ist. Um dies zu erreichen, sollen die Patienten darauf hingewiesen werden, dass die Creme keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden sollte. Eine Lagerung auf der Fensterbank sei ebenso zu vermeiden wie die Lagerung in warmen Räumen. Optimal gelten Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad. Lässt sich dieser Rahmen in den Sommermonaten nicht erreichen, so kann die Rezeptur gegebenenfalls in einer Kühltasche aufbewahrt werden. Gleiches gelte für den Transport von der Apotheke in die Wohnung: An heißen Sommertagen sollte dem Patienten eine Kühltasche bereitgestellt werden. Nicht untersucht wurde eine mögliche unterschiedliche Temperaturentwicklung in Kruke und Tube. Tuben gelten generell als dichter – Verdunstungsverluste fallen geringer aus.

Metronidazol und Rührsystem

Rührsysteme wie TopiTec und Unguator werden in der Rezeptur gerne verwendet. Durch das automatische Rühren hat die PTA Zeit für andere Dinge und kann sich bereits der Dokumentation oder der nächsten Rezeptur widmen. Ob Dermatika mit Metronidazol in solchen Rührsystemen verabreitet werden können, wird immer wieder diskutiert. Bei falscher Herstellungstechnik kann es zur Entstehung von Wirkstoffnestern kommen. Diese Agglomerate führen dazu, dass die Creme nicht homogen wird und schlussendlich nicht abgegeben werden darf. Da die Agglomerate häufig nur bei der Ausstreichprobe erkennbar sind, sollte stets eine Inprozessprüfung vorgenommen werden.

Für den TopiTec gilt: Generell ist eine Herstellung mit Metronidazol bei angepassten Umdrehungszahlen möglich, hierfür hat Wepa die standardisierte NRF-Rezeptur „Hydrophile Metronidazol-Creme 1 Prozent“ (NRF 11.91.) in der Größe 30 Gramm geprüft. „Wichtig ist, dass mikronisierter Wirkstoff verwendet wird“, so Claudia Schwan, Fach-PTA für Dermopharmazie, tätig im Apothekentechnikbereich bei Wepa. Um eine mögliche Inprozess-Wärme zu vermeiden, sollte die Grundlage vorgekühlt sein. „Nicht immer müssen die Grundlagen gekühlt verarbeitet werden, da Metronidazol jedoch sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen reagiert, ist eine grundsätzlich kältere Grundlage zu bevorzugen.“

Metronidazol und Erythromycin nur standartisiert herstellen

Eigentlich passen beide Arzneistoffe nicht zueinander. Die Kombination ist aufgrund der unterschiedlichen pH-Bereiche nicht möglich. Das NRF hat jedoch eine standardisierte Rezeptur ausgearbeitet, auf die Apotheker und PTA bei Verordnung dieser beiden Antibiotika zurückgreifen können. Metronidazol besitzt einen rezeptierbaren Bereich von pH 4 bis 6, Erythromycin hingegen zwischen 8 und 8,5. Die Vorschrift NRF-Vorschrift 11.138. sieht eine Einstellung des pH-Werts mit Citronensäure vor. Trotz der unterschiedlichen pH-Werte ist die Zubereitung in Basiscreme stabil und laut NRF vier Wochen haltbar. Die Lagerung sollte im Kühlschrank erfolgen und möglichst nicht unterbrochen werden. Die hydrophile Erythromycin-Creme 2 Prozent mit Metronidazol 1 Prozent hat ungefähr den pH-Wert 8. In nicht standardisierten Zusammensetzungen sollten die beiden Antibiotika nicht gemeinsam verarbeitet werden.

 

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