Apotheken sehen Lockerungen kritisch

Maskenpflicht: Wenn der Kunde rebelliert APOTHEKE ADHOC, 01.05.2020 14:02 Uhr

Berlin - 

Bund und Länder wollen nach diesem Wochenende über weitere mögliche Lockerungen der Beschränkungen infolge der Corona-Infektion entscheiden. Das Apothekenpersonal sieht dies jedoch kritisch. Mehr als drei Viertel der Apotheker und PTA (78 Prozent) befürchten durch weitere Lockerungen einen Anstieg der Infektionskurve, wie eine aktuelle aposcope-Umfrage zeigt. Dabei sind viele Apotheken wirtschaftlich selbst auf die Rückkehr der Kundenströme angewiesen. Die Maskenpflicht bringt derweil neues Konfliktpotenzial in die Offizin.

Seit Beginn vergangener Woche sind erste Lockerungen der Corona-Regelungen in Kraft, die nach wochenlanger Schließung vor allem im Einzelhandel für Aufatmen gesorgt haben. Sowohl die Bundesregierung als auch Virologen haben jedoch eindringlich davor gewarnt, dass durch diesen ersten Schritt zurück in die Normalität die Zahl der Corona-Erkrankungen wieder steigen könnte. Diese Sorge teilen knapp drei Viertel der Umfrageteilnehmer. Sollte es demnächst noch weitere Lockerungen geben, ist die Besorgnis beim Apothekenpersonal sogar noch etwas größer (78 Prozent).

Um die Übertragung des Virus einzudämmen, haben inzwischen alle Bundesländer eine Maskenpflicht eingeführt, die sowohl im öffentlichen Nahverkehr als auch beim Einkaufen gilt – das betrifft auch Apotheken. Kunden müssen beim Betreten der Apotheke eine Maske tragen, bei Nichteinhaltung droht je nach Bundesland ein Bußgeld.

Fehlt eine Mund-Nasen-Bedeckung bei Kunden, verweigern ihnen derzeit 44 Prozent des Apothekenpersonals den Zutritt. 14 Prozent der Teilnehmer verkaufen den Kunden vor dem Betreten der Offizin eine entsprechende Maske und 8 Prozent bedienen Kunden ohne Maske komplett über die Notdienstklappe. Ein Drittel der Apotheker und PTA (33 Prozent) berichtet außerdem von unangenehmen Situationen in der Offizin wegen Kunden ohne Maske. Um sich selbst und die Kunden zu schützen, geben zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) an, dass in ihrer Apotheke auch alle Mitarbeiter eine Schutzmaske tragen. Das ist allerdings in der Regel nicht verpflichtend.

Bereits vor der bundesweiten Maskenpflicht war die Nachfrage nach Schutzmasken und Mund-Nasen-Bedeckungen hoch. Diese hält auch weiterhin an. Laut einem Viertel der Befragten (28 Prozent) kommen etwa 25 bis 50 Prozent der Kunden nur in die Offizin, um eine Maske zu kaufen. Bereits in der vergangenen Woche gab die deutliche Mehrheit der Befragten (83 Prozent) an, in der Offizin wieder einen Vorrat an Masken zum Verkauf zu haben. 70 Prozent der Apotheken haben derzeit sogar die lange Zeit ausverkauften Filtrierenden Atemmasken (FFP2 und FFP3) vorrätig. OP-Masken sind sogar in 82 Prozent der Apotheken vorhanden. Dagegen ist der Vorrat an Alltags- oder Community-Masken in Apotheken eher gering (48 Prozent).

Sowohl Filtrierende Masken als auch OP-Masken bezieht das Apothekenpersonal dabei vor allem über Händler oder Zwischenhändler (38 Prozent und 44 Prozent). Aber auch der Großhandel sowie der direkte Bezug vom Hersteller spielen bei rund jedem Vierten (OP-Masken) beziehungsweise jedem fünften Befragten (FFP2 und FFP3) eine Rolle.

Nach einem Kundenansturm in den ersten Wochen der Corona-Pandemie sind die Kundenzahlen in vielen Apotheken zuletzt eingebrochen, sodass vielerorts Überstunden abgebaut oder sogar Kurzarbeit angemeldet werden musste. Somit wuchs auch die Sorge um das wirtschaftliche Überleben der Offizin und den eigenen Arbeitsplatz. Dennoch beurteilen zwei Drittel (67 Prozent) des Apothekenpersonals die derzeitige Geschäftslage ihrer Apotheke als sehr gut bis eher gut.

Bei einem Vergleich der aktuellen Kundenzahlen mit dem Vorjahr zeigt sich ein gemischtes Bild. Von den 100 befragten Inhabern und Filialleitern berichten 47 Prozent im April 2020 von weniger Kunden als im Vorjahresmonat, während ebenso viele unveränderte oder sogar gestiegene Kundenzahlen verzeichnen.

Derzeit wird über eine höhere Kassenpauschale für Pflegehilfsmittel diskutiert, die Pflegende benötigen, um betroffene Angehörige zu Hause zu pflegen. Dazu gehören Produkte wie Betteinlagen, Einmalhandschuhe, sowie Desinfektionsmittel und Schutzmasken, die aktuell zum Teil verstärkt nachgefragt werden. Während die Versorgung mit entsprechenden Produkten bis auf Einmalhandschuhe in den Apotheken überwiegend gesichert ist, ist mit Ausnahme von Betteinlagen bei allen Pflegehilfsmitteln ein Anstieg des Einkaufspreises festzustellen.

Besonders betroffen sind davon Schutzmasken, für die laut mehr als drei Viertel der befragten Inhaber (77 Prozent) ein Aufschlag von 100 Prozent oder mehr fällig wird. 30 Prozent der Inhaber berichten, dass der Einkaufspreis von Desinfektionsmitteln seit Beginn der Corona-Epidemie um bis zu 50 Prozent gestiegen ist, laut 40 Prozent sogar um 100 Prozent oder mehr.

aposcope befragt seit dem 25. Februar 2020 jede Woche verifizierte Apotheker und PTA online zum Thema Coronavirus. An der aktuellen Umfrage zur „Zahl der Woche“ nahmen am 29. und 30. April 2020 insgesamt 301 Apotheker und PTA teil. Die Umfrage ist repräsentativ für die deutsche Apothekenlandschaft.