Mythos oder Fakt

Krank durch den Urlaub

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Berlin -

Im Urlaub möchte keiner krank werden. Die wenigen Tage am Strand sollen so angenehm wie möglich werden – keiner möchte die Tage im Hotelzimmer verbringen. Um fit zu bleiben, treffen viele Urlauber gewisse Vorsichtsmaßnahmen: Sie verzichten etwa auf Eiswürfel, weil diese stehen im Verdacht stehen, Durchfall auszulösen. Aber kann man wirklich durch den Urlaub krank werden, oder sind die meisten Annahmen mehr Mythos als Realität?

Im Urlaub soll man sich erholen – aber bitte nicht von einer Krankheit. Um auf Nummer sicher zu gehen, meiden viele Urlauber gewisse Situationen. Was ist dran an den Mythen rund um den Sommerurlaub?

Pilzinfektion aus dem Hotelpool

Im Hotelpool selbst befindet sich der Pilz, meist Candida albicans, nicht. Damit das Wasser weitestgehend keimfrei bleibt, ist es gechlort. Die zugesetzten Verbindungen töten die Pathogene ab, die durch die Filteranlage hindurch gelangen. Chlor in Reinform ist ein sehr giftiges, grün-gelbliches Gas, welches sehr reaktionsfreudig ist. Heute wird nur noch selten reines Chlorgas zur Desinfektion eingesetzt. Meist handelt es sich um Chlor-Verbindungen, die im Wasser langsam in ihre Bestandteile zerfallen und Chlor freisetzen. Dennoch kann der Chemieanteil im Wasser für eine Reizung der Vaginalschleimhaut ausreichend sein. Gleiches gilt für Meerwasser – auch der hohe Salzgehalt kann die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht bringen. Die körpereigene Zusammensetzung von Bakterien und Pilzen wird dann so gestört, dass einzelne Keime die Oberhand gewinnen und sich unnatürlich stark vermehren. Zu den häufigsten Erregern von Vaginalpilzen gehört Candida albicans. In schwereren Fällen kann es zu einer bakteriellen Vaginose kommen.

Die meisten Frauen kennen ab einem gewissen Alter ihren Körper gut und wissen, dass sie zu Vaginalmykosen neigen. Aus Angst vor einer Infektion im Urlaub meiden sie häufig das kühle Nass. Innerhalb eines Beratungsgespräches können Apotheker und PTA einige Tipps zur Vermeidung geben. Es können Salben zum äußerlichen Schutz empfohlen werden. Diese meist lipophilen Dermatika legen sich wie ein Schutzfilm über die Schleimhaut, sodass Chlor und Salz nicht an die körpereigene Flora heranreichen. Auch gut: Nach dem Baden direkt die Bikinihose wechseln. So verbleiben die Substanzen aus dem Gewebe nicht länger auf der Haut. Abschließend sollte jede Frau eine 3-Tages-Kur bestehend aus Tabletten und Creme – für den Fall der Fälle – in der Reiseapotheke vorrätig halten.

Durchfall von den Eiswürfeln im Cocktail

Bereits als Kind hat man es von seinen Eltern vorgelebt bekommen. Im Spanienurlaub – insbesondere auf den Inseln – wurden direkt am ersten Tag große Kanister Wasser im Supermarkt gekauft. Das Wasser war nicht nur zum Trinken, damit wurden sich auch die Zähne geputzt, der Kaffee und die Nudeln gekocht. Der Grund: In manchen Ländern entspricht die Qualität des Leitungswassers nicht der hierzulande. Empfindliche Mägen reagieren mit Blähungen, Krämpfen und Durchfall. Der Mythos um die Eiswürfel ist also nicht unbedingt falsch. Lässt sich nicht nachvollziehen, aus welchem Wasser die Würfel produziert worden sind, sollte man – je nach Reiseland – besser darauf verzichten. Die Wasseraufbereitung in Spanien & Co. hat sich in den vergangenen Jahren sehr verbessert. Zudem verwenden die meisten Lokale gekaufte Eiswürfel. Die alte Regel „Peel it, cook ist, boil it or leave it“ hat in einigen fernen Ländern immer noch Substanz. Leider gehen mit dieser Regel auch die meisten Vitamine verloren, für eine längerfristige Ernährung eignet sich der Ratschlag eher weniger.

 

Wenn es einen im Urlaub doch erwischt, sollten Apotheker und PTA zwei wichtige Tipps mit auf den Weg geben: Zum einen sind Antidiarrhoika wie Loperamid bei gleichzeitigem Fieber tabu. Zum anderen sollte man den Grund für die Darmverstimmung ausmachen. In Asien und Afrika kann auch ein Insektenstich zu Durchfall führen. Je nach Begleitsymptomatik kann ein Arztbesuch notwendig sein.

Erkältung dank Klimaanlage

Eine Erkältung im Urlaub gehört zu den häufigen Leiden. Oftmals steht die Klimaanlage im Hotelzimmer im Verdacht, einen Infekt ausgelöst zu haben. Fakt ist: Eine sehr kalt eingestellte Klimaanlage begünstigt eine Erkältung, denn gekühlte Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen und trocknet die Schleimhäute aus. Viren können leichter eindringen. Durch die Kälte wird auf Dauer auch das Immunsystem geschwächt, Schleimhäute werden weniger durchblutet und trocknen aus. Im Urlaub kommt dann noch hinzu, dass die meisten Menschen dazu neigen, sich luftig zu kleiden – Zugluft hat leichtes Spiel und kühlt zusätzlich aus. Gegner von Klimaanlagen bezeichnen diese gerne als „Virenschleudern“. Je nach Bautyp kann die Klimaanlage auch tatsächlich zur Virenschleuder werden. Wird das Gerät nicht regelmäßig gewartet, können sich Bakterien & Co. länger in der Anlage halten. Durch das Abkühlen der Raumluft kann sich im Gerät Kondenswasser bilden – ein idealer Nährboden für Keime – darunter auch Schimmelpilzsporen.

Beim Griff in die Reiseapotheke fällt die Wahl für die meisten Urlauber auf Präparate, die schnell wieder fit machen, oder das zumindest vortäuschen. Die Zeit für eine Genesung ist begrenzt, der Druck, die Tage am Strand genießen zu können häufig größer. Die Wahl fällt auf Präparate wie Aspirin Complex, Boxagrippal oder Geloprosed. Ist der Patient erwachsen und ansonsten gesund, können diese Arzneimittel den Urlaub durchaus noch retten. Der Urlauber sollte sich jedoch stets bewusst sein: Diese Mittel überdecken die Symptome nur, zu Hause angekommen kann der Infekt mit höherer Intensität zurückschlagen. Als Tipp zur Vermeidung gilt: Die Klimaanlage nicht zu kalt einstellen. Als Richtwert gilt: Die Temperaturdifferenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur sollte maximal 6 Grad Celcius betragen.

 

Herpes von der Hotelbar

Herpes-geplagte Menschen können häufig auslösende Situationen nennen, in denen sie einen Ausbruch befürchten. Nicht selten tritt dieser dann auch ein. Ein Beispiel ist das dreckige Glas im Restaurant. Sind Lippenstiftreste erkennbar, so befürchten viele Menschen, dass sie sich mit Herpes anstecken können. Tendenziell ist dies möglich, auch wenn Herpesviren an sich eine sehr empfindliche Hülle besitzen, die leicht durch Tenside und Hitze zerstört werden kann. Empfehlung: Den Kellner freundlich drauf hinweisen und das Glas zurückgehen lassen. Präventiv helfen Produkte mit Melissenextrakt (Lomaherpan). Einige Patienten schwören auch auf die Verwendung von Zinksalben.

Doch nicht selten ist auch eine erhöhte Sonneneinstrahlung Grund für einen Ausbruch. Dann ist vielleicht gar nicht das dreckige Glas vom gestrigen Abend an der Hotelbar der Auslöser, sondern die intensiven Sonnentage am Strand. Hier können präventiv Sonnenprodukte speziell für die Lippen aufgetragen werden. In den Mittagsstunden zwischen 11 und 15 Uhr sollte man sich im Schatten aufhalten. Ist der Herpes ausgebrochen, ist Sonne tabu. Dann heißt es cremen und abwarten. Salben mit Aciclovir oder Pencivir helfen dabei, die Lippenbläschen schneller in den Griff zu bekommen. Auch Herpes-Patches können helfen. Sie verdecken vor allem die hochinfektiöse Haut. Einige Produkte können auch übergeschminkt werden – so wird das Pflaster unsichtbar.

 

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