Rezeptur

Kittel zu, Haare weg: Sterile Augentropfen in der Apotheke Dr. Kerstin Neumann, 13.11.2015 15:12 Uhr

Berlin - 

Vor wenigen Wochen sorgte die Nachricht für Schlagzeilen, dass Patienten nach der Anwendung von Augentropfen erblindet sind. Der Verdacht kam schnell auf, dass die Medikamente verunreinigt waren. Auch wenn diese Behauptung nicht bewiesen wurde: Die Nachricht zeigt, wie gefährlich verunreinigte Augentropfen sein können. Darum gilt: Bei der Herstellung von Augentropfen muss steril und sehr genau gearbeitet werden. Wer das Verfahren gut beherrscht, kann sich als wichtige Fachkraft in der Apotheke zeigen.

Zunächst muss in jeder Apotheke – gesetzlich vorgeschrieben – die Voraussetzung dafür da sein, sterile Arzneimittel herzustellen. Das bedeutet, dass die Herstellung in einem geschlossenen, staubarmen Raum durchgeführt werden muss. Dafür ist der Apothekeninhaber verantwortlich und muss dieses auch nachweisen. Daneben hängt die Qualität der herzustellenden Augentropfen aber auch von der eigentlichen Durchführung ab. Alle Arbeitsschritte müssen gut bekannt und mehrfach geübt sein.

Sämtliche Arbeitsutensilien – Bechergläser, Spatel, Löffel und auch das Abgabegefäß selbst – werden vorab für mindestens 30 Minuten bei 180 Grad im Trockenschrank sterilisiert. Spritzen und Sterilfilter sind normalerweise originalverpackt und schon vom Hersteller sterilisiert, sie benötigen keine spezielle Vorbereitung. Die Arbeitsflächen – auch die Waage – sollten vor dem Start der Rezeptur desinfiziert werden.

Ganz wichtig: Vor Beginn der Rezeptur sollte immer geprüft werden, ob die Zusammensetzung der Augentropfen, die vom Arzt verschrieben wurden, plausibel ist. Wenn es sich um eine Standardvorschrift, zum Beispiel aus dem Neuen Rezeptur Formularium (NRF) handelt, ist das relativ problemlos möglich. Bei freien Rezepturen ist es immer sinnvoll, mit dem Chef oder einer Kollegin die Zusammensetzung gemeinsam durchzugehen. Das „Vier-Augen-Prinzip“ ist vor allem dann wichtig, wenn die Menge der Hilfsstoffe noch selbst berechnet werden muss.

Bei der sterilen Herstellung von Arzneimitteln gilt: Geschlossener Kittel ist Pflicht, Haare werden zurück gebunden. Uhren, Armreifen und Ringe haben in der Rezeptur ebenso wenig zu suchen wie Kollegen mit Erkältungen. Während der Herstellung von Augentropfen bleibt der Raum geschlossen.

Bei der Anfertigung gilt: Keimfreiheit ist oberstes Gebot! Deshalb muss Wasser für Injektionszwecke verwendet werden. Die Wirkstoffe und die anderen Hilfsstoffe – zum Beispiel Konservierungsmittel oder Pufferlösungen – werden vorsichtig hinzugefügt. Dabei muss sehr konzentriert gearbeitet werden, damit die Rezeptur nicht versehentlich kontaminiert wird. Es hilft, zu zweit zu arbeiten. Dann kann eine Person die Rezepturbestandteile zureichen und die Rezeptur nach jedem Zwischenschritt kontrollieren, während die andere sich ganz auf die eigentlichen Herstellungsschritte konzentriert.

Um ganz sicher zu gehen, dass die fertige Rezeptur keimfrei ist, wird als letzter Arbeitsschritt eine Sterilfiltration durchgeführt. Dabei wird die hergestellte Lösung in eine Spritze aufgezogen, durch einen kleinen Filter direkt in das Abgabegefäß gegeben und das Fläschchen fest verschlossen. Achtung: Die Endkontrolle nicht vergessen! Wenn alles fertig ist, muss immer geprüft werden, ob die Augentropfen die richtige Farbe und Konsistenz haben.