Keine Sicherungsverwahrung

Göttingen: Lebenslänglich für PTA-Mörder APOTHEKE ADHOC, 14.08.2020 17:12 Uhr

Hinter Gittern: Das Landgericht Göttingen hat Frank N. für den Mord an zwei Apothekenmitarbeiterinnen zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Foto: Polizei Göttingen
Berlin - 

Das Göttinger Landgericht hat Frank N. wegen zweifachen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Der 53-Jährige hatte vergangenen September seine Lebensgefährtin und eine Arbeitskollegin von ihr in der Nähe ihrer Apotheke brutal ermordet. Eine Sicherheitsverwahrung lehnten die Richter jedoch ab. Die Verteidigung hatte auf Totschlag plädiert.

In Göttingen ist der Prozess um den Doppelmord an zwei Apothekenmitarbeiterinnen zu Ende gegangen. Mörder Frank N. erhält lebenslänglich mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Das heißt, dass N. nicht wie im Regelfall einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auf Bewährung freigelassen wird, sondern eine Strafvollstreckungskammer frühestens nach Ablauf dieser Zeit festlegen kann, wie viel Strafe noch verbüßt werden muss. Entscheidend ist dabei das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit. Eine feste Obergrenze gibt es zwar nicht, meist werden dabei aber nicht mehr als zehn zusätzliche Jahre verhängt.

Die von der Staatsanwaltschaft geforderte anschließende Sicherheitsverwahrung lehnten die Richter hingegen ab. Dazu müsste der Hang zu erheblichen Straftaten beim Angeklagten erkennbar sein, was vom Gericht aber nicht festgestellt worden sei. Zwar sei N. mehrmals vorbestraft, aber die Taten stammten hauptsächlich aus den 80er- und 90er-Jahren. Seit seiner letzten Haftentlassung im Jahre 2001 sei er weitgehend straffrei geblieben.

Ein psychiatrischer Gutachter hatte vor Gericht ausgesagt, dass er bei N. eine Wiederholungsgefahr als gegeben sieht. Auch sei die Tat nicht im Affekt geschehen, wofür schon die Vorbereitungen sprechen. Er diagnostizierte eine leichte Persönlichkeitsstörung sowie eine narzisstische Störung. N. reagiere mit aggressivem Verhalten auf Zurückweisungen und Enttäuschungen. Eifersucht und Kränkung seien demnach auch die Tatmotive. Bereits vor der Tat habe er seiner ehemaligen Lebensgefährtin mitgeteilt: „Ich habe dir gesagt, ich bring dich um, wenn du mich betrügst.“

Das Vorstrafenregister des Verurteilten ist bereits lang. Neben kleineren Vorstrafen wurde er bereits dreimal wegen Vergewaltigung und wegen versuchter Vergewaltigung in fünf Fällen verurteilt. Dafür erhielt er Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, fünf Jahren sowie sechs Jahren. Der Prozess fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt: N. wurde durch eine gesonderte Tür direkt aus dem Keller des Gerichtsgebäudes auf die Anklagebank geführt und durchgehend von mehreren Justizbeamten bewacht. Die Maßnahmen erfolgten nicht allein aufgrund der Schwere der Tat: Bei einem früheren Prozess in den 90er-Jahren war N. aus dem Gericht geflüchtet, als sich ihm die Gelegenheit bot. Es dauerte drei Wochen, bis er gefasst wurde. Ein Polizist musste dabei seine Schusswaffe einsetzen.

Die Bluttat in Göttingen ist der Tiefpunkt von N.s krimineller Karriere. Nachdem seine Lebensgefährtin sich von ihm getrennt hatte, lauerte er ihr vor ihrer Apotheke auf, besprühte er sie mit Benzin und zündete sie an. Die Frau versuchte laut Staatsanwaltschaft noch zu fliehen, Zeugen des Vorfalls wollten sie löschen. Doch Frank N. zündete sie erneut an und stach dutzendfach auf sie ein. Die Stichwunden waren bis zu 15 Zentimeter tief. Allein viermal hatte er ihr ins Herz gestochen. Eine 57-jährige Arbeitskollegin eilte ihr aus der Apotheke zur Hilfe und wurde dabei mit drei Messerstichen in den Bauch so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus starb. Zwei weitere hinzugeeilte Helfer wurden ebenfalls verletzt. N. flüchtete mit dem Fahrrad vom Tatort und wurde anderthalb Tage später von der Polizei festgenommen.

Grund für die Tat waren Eifersucht und Kränkung. Die 44-Jährige hatte sich nach einer zweijährigen Beziehung von N. getrennt. Kurz vor der Tat habe die Frau dann den Kontakt abgebrochen, wie der Angeklagte zu Prozessbeginn in seiner Einlassung erklären ließ. Er habe mehrmals versucht, mit ihr zu sprechen, sei jedoch stets gescheitert. Daraufhin war er ihr nachgestiegen: Er habe an einem Abend durch das Fenster beobachtet, wie seine Ex-Freundin leicht bekleidet mit einem anderen Mann auf dem Sofa lag. Dadurch sei er gekränkt, wütend und verzweifelt gewesen, er habe geschrien, ans Fenster geklopft und Balkonmöbel geschleudert. Deshalb hatte die 44-Jährige eine Kontaktsperre erwirkt. Kurz darauf wurde sie von Frank N. ermordet.