Sportliche Menschen erkranken seltener

Glaukom: Sehverlust durch Bewegung abwenden

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Berlin -

Das Glaukom, welches häufig auch als „Grüner Star“ bezeichnet wird, zählt zu den häufigsten Ursachen für Erblindung in Deutschland. Sportliche Aktivitäten können jedoch einer Entstehung vorbeugen, wie Experten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) anhand einer aktuellen Studie erklären.

Nicht nur die Entstehung des Glaukoms soll durch regelmäßige Bewegung verhindert werden können, auch das Fortschreiten der Symptome bei bestehender Erkrankung könnte verzögert werden. Verschiedene Untersuchungen konnten bereits eine Senkung des Augeninnendrucks nach Aktivitäten wie Fahrradfahren oder Laufen belegen, berichtet die DOG. Dennoch bleibe die wichtigste Maßnahme zur Abwendung des Sehverlustes eine rechtzeitige Diagnose durch den Facharzt.

Neuerkrankungsrate bei Aktiven geringer

Eine aktuelle prospektive Beobachtungsstudie belegt nun erneut den positiven Einfluss von sportlicher Aktivität auf das Glaukom. Mehr als 9500 Männer und Frauen zwischen 40 und 81 Jahren wurden in die Analyse eingeschlossen. Das Ergebnis: Bei sportlichen und körperlich aktiven Menschen war die Neuerkrankungsrate geringer ist als bei inaktiven Personen. „Dieser Effekt zeigte sich in der fast sechsjährigen Beobachtungsphase selbst dann, wenn andere Faktoren wie Ernährung, Alkoholgenuss oder Rauchen herausgerechnet worden waren, die oft mit dem Fitnessniveau einhergehen“, erläutert Professor Dr. med. Hagen Thieme, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Magdeburg.

Der positive Einfluss sei durchaus plausibel: „Aerobe Sportarten wie Fahrradfahren oder Laufen senken vorübergehend den Augeninnendruck, das haben schon sehr viele Studien nachgewiesen“, erklärt Thieme. „Die Senkung hielt je nach vorausgegangener sportlicher Intensität zwischen zehn Minuten und zweieinhalb Stunden an.“ Bei aktiven Menschen sei der Sehnervenkopf außerdem nachweislich besser durchblutet. Durch eine bessere Durchblutung würden jedoch auch verschiedene neuronale Reparaturmechanismen im Gehirn stimuliert. „Das ist für einige Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie etwa den Schlaganfall belegt. Es ist vorstellbar, dass es auch für Nervenzellen und -fasern am Sehnervenkopf gilt“, erläutert der Experte. Das würde erklären, warum sportliche Menschen seltener an Grünem Star erkranken.

Möglich sei auch, eine bereits bestehende Glaukom-Erkrankung aufzuhalten beziehungsweise zu verlangsamen. Allerdings ist diese Vermutung bisher nicht ausreichend untersucht. Eine Untersuchung an 141 Glaukom-Patienten zeigte kürzlich, dass 1000 zusätzliche Schritte am Tag den Sehverlust verzögern könnte. Die Effekte seien jedoch insgesamt sehr gering gewesen. „Ginge man unter diesen Voraussetzungen von einer schützenden Wirkung aus, müssten Patienten etwa 5000 Schritte oder zwei Stunden körperliche Aktivität zusätzlich pro Tag ausüben, um die jährliche Sehverschlechterung bei der Glaukom-Erkrankung um zehn Prozent zu reduzieren“, erläutert Thieme.

Vorsorgeuntersuchungen unerlässlich

Wichtig sei deshalb nach wie vor eine rechtzeitige Vorsorge beim Augenarzt, um gegebenenfalls eine frühzeitige Behandlung einleiten zu können. Rund eine Million Menschen in Deutschland leiden am Grünen Star. Oftmals bleibt der erhöhte Augeninnendruck zunächst unbemerkt, da die Beschwerden unspezifisch sind: Es kann zu Kopfschmerzen und geröteten, geschwollenen und tränenden Augen kommen. Erst im fortgeschrittenen Stadium macht sich die Erkrankung bemerkbar. Im Verlauf folgt oft eine Sehminderung, bei der das Gesichtsfeld bogenförmig von außen eingeengt ist. Auch der Verlust von Sehschärfe und Kontrasten sowie Lichtscheu ist möglich. Die Lichtempfindlichkeit der Sehzellen nimmt immer mehr ab: Objekte werden nicht mehr wahrgenommen, das führt zu Orientierungsproblemen. Im fortgeschrittenen Stadium sind auch Ausfälle zum zentralen Gesichtsfeld bis hin zur Blickmitte möglich. Der Sehnerv ist dann schon geschädigt. Bereits entstandene Schäden lassen sich in der Regel nicht mehr rückgängig machen.

Wie schnell die Erkrankung fortschreitet ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Fast immer geht ein Glaukom mit einem erhöhten Augeninnendruck einher, manchmal entsteht es aber auch in Folge anderer Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder durch Medikamenteneinnahme. Der erhöhte Augeninnendruck kommt zustande, wenn in der vorderen Augenkammer mehr Kammerwasser gebildet wird, als abfließen kann. Durch den erhöhten Druck werden dann Blutversorgung und Ernährung der empfindlichen Nervenzellen gestört. „Es ist daher sinnvoll, den Sehnerven ab dem 40. Lebensjahr beim Augenarzt untersuchen zu lassen, ab dem 60. Lebensjahr ist ein jährlicher Sehnervencheck anzuraten“, empfiehlt der Augenexperte.

Behandlung des Grünen Stars

Je eher der Grüne Star erkannt und behandelt wird, umso besser. Die Therapie erfolgt mit Wirkstoffen, die entweder die Bildung des Kammerwassers regulieren, oder den Abfluss verbessern. Es gibt sowohl topische Behandlungsmöglichkeiten in Form von Augentropfen wie auch systemische Therapien mit Tabletten. Häufig kommen gleich mehrere Substanzen zum Einsatz, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Auf dem Markt gibt es bereits einige Präparate mit verschiedenen Wirkstoff-Kombinationen.

In der lokalen Behandlung werden häufig Betablocker wie Timolol oder Sympathomimetika wie Brimonidin eingesetzt: Sie drosseln die Produktion des Kammerwassers und senken so den Augeninnendruck. Carboanhydrasehemmer wie Dorzolamid oder Brinzolamid wirken ähnlich. Bei einem akuten Glaukomanfall können Mittel dieser Gruppe auch direkt in die Vene gespritzt werden. Eine weitere Alternative sind Parasympathomimetika wie Pilocarpin: Sie sorgen für eine Verengung der Pupille. Dadurch erweitert sich der Kammerwinkel und der Abfluss des Kammerwassers wird erleichtert. Prostaglandine senken den Augeninnendruck, indem sie den Abfluss des Kammerwassers verbessern. Bekannte Vertreter dieser Wirkstoffgruppe sind Substanzen wie Latanoprost oder Travoprost.

Der Arzt unterscheidet bei der Diagnose zwischen vier Glaukom-Grundformen: Weitwinkelglaukom, Normaldruckglaukom, Winkelblock-Glaukom und Glaukomanfall. Letzterer ist von den „normalen“ Glaukomformen abzugrenzen: Ein Glaukomanfall ist ein akutes Krankheitsbild, welches mit einer erweiterten Pupille und fehlender Lichtreaktion einhergeht. Der plötzliche Druckanstieg kann Übelkeit, Erbrechen, sowie Herzrhythmusstörungen oder einen Kollaps zur Folge haben. Es handelt sich immer um einen Notfall, welcher sofort in ärztliche Behandlung gehört.

 

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