Myokarditis durch Impfung?

Fresh-up: Herzmuskelentzündung Cynthia Möthrath, 27.04.2021 12:25 Uhr

Risiko Myokarditis: Wenn die Symptome rechtzeitig erkannt werden, bestehen gute Heilungschancen. Foto: Victor Josan/shutterstock.com
Berlin - 

Seit den Meldungen über mögliche Herzmuskelentzündungen nach der Impfung von Biontech/Pfizer suchen viele Menschen nach Orientierung, auch in der Apotheke: Welche Symptome können auftreten? Kann eine Myokarditis durch Impfungen ausgelöst werden? Und wie gefährlich ist sie? Ein Überblick.

Grundsätzlich kann eine Herzmuskelentzündung akut oder chronisch verlaufen. Über die aktuellen Fälle, die eventuell mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer zusammenhängen, ist bislang wenig bekannt. Derzeit werden die Fälle vom israelischen Gesundheitsministerium untersucht. Demnach sind die Fälle vor allem bei jungen Männern nach der zweiten Impfdosis aufgetreten. Biontech und Pfizer erklärten bereits, man habe bei regelmäßigen Überprüfungen von Nebenwirkungen keine höhere Myokarditis-Rate beobachtet, als in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten wäre.

Die Bewertung eines kausalen Zusammenhangs dürfte schwierig sein: Denn genaue Zahlen zur Myokarditis gibt es nicht, da sie häufig nicht bemerkt wird und ohne große Symptome oder Komplikationen abläuft. Die Dunkelziffer ist daher sehr hoch. Oft wird sie nur diagnostiziert, weil bereits Vorerkrankungen des Herzens bestehen. Grundsätzlich kann eine Myokarditis in jedem Alter auftreten.

Bei einer Herzmuskelentzündung kommt es, wie der Name sagt, zu einer Entzündung der Herzmuskelzellen. Sie ist klar abzugrenzen von einer Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut und der Herzklappen) und einer Perikarditis (Entzündung des Herzbeutels). Besonders häufig werden Herzmuskelentzündungen durch Viren oder Bakterien ausgelöst, es kommen aber auch Parasiten und Pilze in Frage. Zu den nichtinfektiösen Auslösern zählen zudem verschiedene System- und Autoimmunerkrankungen wie rheumatische Krankheitsbilder oder Gefäßerkrankungen. Außerdem zählen Alkohol- und Drogenmissbrauch, toxische Medikamente oder auch die koronare Herzkrankheit (KHK) zu den Ursachen.

Impfung als Auslöser – ist das möglich?

Die nun in Israel aufgetretenen Fälle könnten nach ersten Einschätzungen mit der Verabreichung des Corona-Vakzins von Biontech/Pfizer zusammenhängen. Impfungen gelten allgemein jedoch nicht als Auslöser einer Myokarditis. Denkbar wäre am ehesten eine Immunreaktion – ähnlich wie bei den aufgetretenen Nebenwirkungen der Vektor-Impfstoffe. Diese könnte dazu führen, dass die Herzmuskelzellen angegriffen werden und eine Entzündung entsteht. Auch bei den aufgetretenen Thrombosen bei AstraZeneca und J&J scheint nach bisherigen Erkenntnissen eine Reaktion des Immunsystems zugrunde zu liegen: Als möglicher Pathomechanismus wird derzeit eine „vakzineinduzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie“ (VIPIT) vermutet: Dabei werden durch die Impfung immunvermittelt Antikörper gegen Thrombozytenantigene gebildet.

Oft treten Herzmuskelentzündungen in Folge einer verschleppten Infektion auf: Werden eine Influenza oder auch ein anderer – vermeintlich harmloser – grippaler Infekt nicht richtig auskuriert, kann das Herz in Mitleidenschaft gezogen werden: Die Erreger greifen die Zellen des Herzmuskels an. Dort kommt es zu Durchblutungsstörungen und einer erhöhten Durchlässigkeit der Gefäßwand.

Besonders Sportler sind häufig von Herzmuskelentzündungen betroffen, da aufgrund des Leistungsdrucks auch während eines Infektes weiter trainiert oder zu schnell wieder mit dem Training begonnen wird. Aus der Entzündung kann eine dauerhafte Strukturveränderung des Herzmuskels entstehen, die dazu führt, dass er seine Aufgabe nicht mehr erfüllen kann. Männer sind häufiger von den Folgen eines zu frühen Wiedereinstiegs betroffen als Frauen. Jedes Jahr gibt es Fälle von Profisportlern, die an den Folgen gestorben sind. Beispiele hierfür sind der deutsche Mittelstreckenläufer René Herms oder auch Profi-Fußballspieler Marc-Vivien Foé.

Myokarditis – was tun?

In vielen Fällen verläuft die Myokarditis jedoch auch unbemerkt und sie heilt ohne Symptome wieder aus. Bei schweren Verläufen kann es allerdings zu Komplikationen und Folgeschäden kommen. Als Alarmsignale gelten Ödeme im Bereich der Knöchel und Unterschenkel, Brustschmerzen, starke Atemnot sowie andauernde Erschöpfung und ein Abfall der Leistungsfähigkeit. Außerdem kann es bei Betroffenen zu Herzstolpern, Gelenksschmerzen oder auch Fieber kommen. Manchmal strahlen die Schmerzen vom Brustbein zu Nacken und Schultern hin aus. Bei entsprechenden Symptomen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären.

Wird die Diagnose bestätigt, gilt absolute Schonung mit Bettruhe, um eine Chronifizierung zu vermeiden. Außerdem wird die Erkrankung je nach auslösendem Erreger mit Antibiotika oder Interferonen therapiert. Desweiteren kann eine symptomatische Behandlung mit Kortison oder Antipyretika erfolgen. Nach Abklingen der Symptome sollte eine stufenweise Belastung erfolgen, um das Herz langsam wieder an eine normale Belastung zu gewöhnen.