Mindestlast, Justieren, Wägefehler

Fehlerquelle Waage Alexandra Negt, 13.10.2020 12:35 Uhr

Nicht für jeden Wägeprozess eignet sich jede Waage. Je nach Gewicht kommen unterschiedliche Gerätetypen zum Einsatz. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

In der Apotheke gibt es zwei verschiedene Waagentypen. Einmal die Rezepturwaage mit zwei Nachkommastellen und einmal die Analysen- oder Präzisionswaage mit vier Nachkommastellen. Gelegentlich stehen darüber hinaus spezielle Teewaagen parat; hier reicht eine Genauigkeit mit nur einer Nachkommastelle aus. Der richtige Umgang mit den Geräten ist wichtig, um Wägefehler zu vermeiden. Nicht nur die richtige Auswahl ist daher von Bedeutung, sondern auch die Eliminierung von Störfaktoren und die regelmäßige Kontrolle.

Wiegen gehört zum Alltag einer Rezeptur-PTA. Dennoch kann es sein, dass sich mit der Zeit einige Fehler beim Umgang mit den empfindlichen Geräten einschleichen. Je nach Gewicht des Wägegutes muss die PTA wählen zwischen der Rezeptur- und der Analysenwaage. Um stets richtige Ergebnisse zu erzielen, sollten einige Regeln eingehalten werden.

Standort

Für alle Waagen gilt: Nur eine glatte, ebene Oberfläche liefert zuverlässige Gewichtsangaben. Wackelnde Waagen sind ein No-Go – stehen nicht alle Füßchen der Waage auf der Arbeitsfläche, so schwankt das Gewicht. Zudem sollte ein starker Luftstrom vermieden werden. Die Waagen sollten nach Möglichkeit nur bei geschlossenem Fenster benutzt werden. Schnelles Gehen in der Nähe der Waage kann die Anzeige ebenfalls schwanken lassen. Analysenwaagen haben Glasschiebetüren, um genau diesen Fehler zu vermeiden. Das Gewicht sollte erst bei geschlossener Tür abgelesen werden. Direkte Sonneneinstrahlung auf das Gerät sollte vermieden werden. Auch Magneten können zu Fehlern führen: In einigen Rezepturen werden die Verordnungen in Rezepthüllen an einem Magnetband gesammelt, um einen besseren Überblick über die Reihenfolge zu haben. Sind diese Magneten zu nah an der Waage positioniert, so kann dies zu falschen Ergebnissen führen.

Prüfgewicht und Stand-by-Modus

Um morgens direkt mit der Arbeit beginnen zu können, sollten die Waagen nicht vom Netz genommen werden. Im Stand-by-Modus ist die Waage direkt einsatzfähig. Wird das Gerät über Nacht nicht mit Strom versorgt, so muss die Aufwärmzeit am Folgetag beachtet werden. Je nach Waagentyp kann diese wenige Minuten bis mehrere Stunden betragen. Vor der ersten Einwaage sollte eine Wägung mittels Prüfgewicht erfolgen. Der ermittelte Wert kann zur Dokumentation in ein fortlaufendes Protokoll übertragen werden. Weicht das angegebene Gewicht vom tatsächlichen Gewicht des Prüfobjektes ab, so müssen Apotheker und PTA auf Fehlersuche gehen. In der Praxis stellt sich häufig heraus, dass die Libelle der Waage nicht richtig eingestellt ist. Durch abendliches Reinigen der Arbeitsfläche kann es vorkommen, dass die Füßchen verstellt werden. Scheint ein Einstellen der Libelle unmöglich, so sollten zunächst alle Schrauben auf minimale Höhe gestellt werden. Mit dieser Ausgangsstellung kann das Einstellen häufig erleichtert werden.

Mindest- und Höchstlast

Je nach Gewicht des Wägegutes muss sich der Rezeptar für die entsprechende Waage entscheiden. Für Feinwaagen gilt im Allgemeinen eine Mindestlast von 0,01 g und eine Höchstlast von 220 g. Die Rezepturwaage sollte erst ab Einwaagen von 0,5 g verwendet werden. Die meisten dieser Waagen weisen eine Höchstlast von 3200 g auf. Die Analysenwaage verfügt über vier Nachkommastellen, wobei die letzte Stelle stets als ungenau angesehen werden muss. Die Ablesbarkeit beträgt 0,1 mg. Bei der Rezepturwaage beträgt sie 10 mg, also 0,01 g. Die Mindestlast ist die Last, die sich mindestens auf der Waage befinden muss, um eichpflichtige Wägungen vornehmen zu können. Umgekehrt gilt dies für die Höchstlast. Das kann vor allem dann interessant werden, wenn Einwaagen in Bechergläser & Co. auf der Analysenwaage vorgenommen werden. Die Waage kann bei starker Überanspruchung sogar dauerhaft zerstört werden.

Bindungspartner entscheidend

Eine falsche Einwaage kann auch fernab von den klassischen Wägefehlern passieren, beispielsweise wenn der Rezeptar nicht auf den Bindungspartner achtet. Im Normalfall fällt solch ein Fehler dann dem kontrollierenden Apotheker beim Abgleich des Herstellprotokolls auf. Als Beispielsubstanz kann Coffein genannt werden. Im NRF ist eine standardisierte Vorschrift zur Herstellung einer Coffein-haltigen Lösung zur Behandlung von Frühgeborenen mit primärer Apnoe gelistet. Früher wurde diese Rezeptur mit Coffeincitrat hergestellt. Nach der Umstellung wird nun Coffein als freie Base verwendet. Hierbei ist zu beachten, dass 10 mg Coffein 20 mg Coffeincitrat entsprechen. Beim Vertauschen der Ausgangsstoffe könnte es also zu einer doppelt so hohen Coffein-Konzentration kommen.

Somit sollte sich der Herstellende vor Beginn klar darüber werden, welcher Ausgangsstoff gefordert ist. Auch bei einer Nichtverfügbarkeit eines Ausgangsstoffes stellt der Austausch von Base und Salz eine Möglichkeit zur Herstellung. Das neu berechnete Gewicht sollte im Vier-Augen-Prinzip kontrolliert und abgeglichen werden. Da wo es sich umsetzen lässt, sollte jede Einwaage durch zwei Personen kontrolliert werden. Eine alternative Lösung ist die Vernetzung von Waage und Laborprogramm – hier übernimmt der PC die Aufgabe der zweiten Kraft.

Keine heißen Flüssigkeiten wiegen

Wird bei einer Rezeptur unter Erwärmung gearbeitet, so sollte der Ansatz vor weiteren Zuwägungen vollständig ausgekühlt sein. Zum einen ändert sich die Dichte bei einer Temperaturzunahme, zum anderen kommt es bei wasserhaltigen Rezepturen zu Verdunstungsverlusten. Bei leicht flüchtigen Substanzen, wie beispielsweise Alkohol, muss die Wägung zügig erfolgen. Bei alkoholischen Lösungen kann keine Ergänzung der Masse vorgenommen werden, da nicht eindeutig bestimmt werden kann, wieviel Alkohol und wieviel Wasser verdunstet ist.

Sonderfall Teewaage

Einige Apotheken verfügen über spezielle Teewaagen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie weniger Präzise als Rezepturwaagen sind. Daher sind sie preisgünstiger. Eine Teewaage kommt mit einer Nachkommastelle aus. Einige Modelle haben eine Mindestlast von 5 g. Dafür können häufig größere Massen bis zu 6 kg abgewogen werden. Besonders wichtig: die tägliche Reinigung. Gerade bei der Abfüllung von Drogen kann es zu einer großen Staubentwicklung kommen. Die Waage sollte daher jeden Tag mit Pinsel und Zellstoff gereinigt werden.

Rückwägung

Bei besonders geringen Einwaagen sollte eine Rückwägung der Unterlage erfolgen. Je nach Wirkstoff kann auf Kartenblatt & Co. einiges zurückbleiben. Aus der Praxis empfiehlt sich bei Kleinstmengen tendenziell eher eine minimale Mehreinwaage, da durch den Wägeverlust Substanz verloren geht. Die Rückwägung sollte protokolliert werden. Einige PTA setzen auf antistatische Wägeschälchen, um größere Verluste zu vermeiden.