RNA und Vektor: Die wichtigsten Unterschiede

Faktencheck: Corona-Impfstoffe

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Berlin -

Aktuell sind zwei Impfstoffe in Deutschland zugelassen. Beide Vakzine beruhen auf der mRNA-Technologie. Nun wurde der Zulassungsantrag für einen dritten Kandidaten eingereicht. Der Impfstoff von AstraZeneca nutzt die Vektorviren-Technologie. Vor Covid-19 schützen alle drei Vakzine – die Unterschiede liegen im Detail. Hier eine Übersicht.

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Als erster Impfstoff erhielt der mRNA-Impfstoff von Biontech die Zulassung. Seit dem 27. Dezember letzten Jahres wird Comirnaty in verimpft. Anfang Januar erfolgte dann der nächste mRNA-Impfstoff: Am 6. Januar hat sich die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) für eine bedingte Zulassung des Covid-19-Impfstoffs von Moderna ausgesprochen. Bislang waren keine Impfstoffe oder Arzneimittel mit dieser Technologie zugelassen. Beide Vakzine sind sehr empfindlich und müssen bei sehr niedrigen Temperaturen gelagert werden.

Große Temperaturunterschiede

Biontechs Impfstoff Comirnaty ist nur bei Temperaturen um die -80 °C stabil. Der Impfstoff von Moderna benötigt beispielsweise keine Ultratiefkühlschränke zur Lagerung. mRNA-1273, so der vorläufige Name des Moderna-Kandidaten, kann bei -15 bis -25 °C gelagert werden. Nach dem Auftauen kann der Moderna-Imfpfstoff für bis zu 30 Tage bei Kühlschranktemperatur gelagert werden. Unbenutzte Vials sind bei Raumtemperatur bis zu 12 Stunden stabil. Nach der ersten Entnahme sollten alle enthaltenen Dosen binnen sechs Stunden verimpft werden. Der Impfstoff von Biontech ist nicht ganz so stabil und kann im Kühlschrank bei Temperaturen von 2 °C bis 8 °C nur fünf Tage gelagert werden. Für beide Vakzine gilt: Ein erneutes Einfrieren darf nicht erfolgen. Vektorviren-Impfstoffe können hingegen im Kühlschrank gelagert werden.

Neben den beiden mRNA-Impfstoffen könnte bald ein erster Vektorviren-Impfstoff zur Immunisierung genutzt werden. AstraZeneca hat eine Zulassung bei der EMA beantragt. Die Bewertung der Vakzine werde „in einem beschleunigten Zeitrahmen“ erfolgen, teilte die EMA am Dienstag in Amsterdam mit. Der vielversprechende Wirkstoff AZD1222 beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen. Es enthält genetisches Material eines Oberflächenproteins, mit dem der Erreger Sars-CoV-2 an menschliche Zellen andockt.

Laut Unternehmensaussagen wirkt das Mittel zweifach: Es soll sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen fördern. Beide Zelltypen sind für die Immunabwehr und Immunantwort bei Antigen-Kontakt wichtig. Inwiefern diese Faktoren bei einem zuverlässigen Impfschutz zum Tragen kommen und welche Vorteile der AstraZeneca-Impfstoff im Vergleich zu den anderen Impfstoffen mit sich bringt, ist aktuell noch nicht geklärt.

Impfschutz

Der Vektorviren-Impfstoff hatte in Studien eine geringere Wirksamkeit aufgewiesen als die bereits zugelassenen Impfstoffe von Biontech und Moderna: Die mRNA-Impfstoffe weisen eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent auf. Der Impfschutz beim Kandidaten von AstraZeneca beträgt 70 Prozent. Die Zwischenauswertung der Phase-II/III-Studie im Fachmagazin „The Lancet“ bestätigt diese geringere Wirksamkeit. Erstmals veröffentlicht wurden die Ergebnisse im November, jetzt sind sie in kommentierter Fassung erschienen.

Auch beim Impfregime unterscheiden sich die Kandidaten. Biontech sieht eine zweimalige Impfung im Abstand von 21 Tagen vor. Pro Dosis werden 0,3 ml intramuskulär verabreicht. Auch der mRNA-Impfstoff von Moderna muss zweimal injiziert werden. Zwischen den Impfungen sollen 28 Tage liegen. Auch der Vektorviren-Impfstoff von AstraZeneca muss nach 28 Tagen erneut gespritzt werden. Man spricht von der Verabreichung des Boosters. Eine wiederholte Gabe der Vakzine erhöhe den Impfschutz. Der Körper kann sich den Erreger besser „merken“.

Innerhalb der vielversprechendsten Impfstoffkandidaten weicht der ebenfalls auf der Vektorviren-Technologie beruhende Kandidat von Janssen (Johnson & Johnson) etwas ab. Der Konzern kann Studiendaten zu zwei unterschiedlichen Impfregimen vorweisen. So wurden rund 60.000 Probanden mit einer Einfachdosis geimpft und weitere 30.000 Personen erhielten eine wiederholte Dosis. Zur Wirksamkeit liegen noch keine abschließenden Daten vor.

Bauplan oder abgeschwächtes Virus

mRNA-Impfstoffe enthalten lediglich einen Bauplan des Sars-CoV-2-Antigens. Der Körper muss also im ersten Schritt das Antigen – in diesem Fall das Spike-Protein – selbst produzieren. Bedenken, dass die wenigen Zellen, in die die virale mRNA gelangt, im Zellkern mutieren können, ist laut Wissenschaftlern unbegründet, da die RNA gar nicht in den Zellkern – und somit zur menschlichen DNA – gelangt. Generell ließen sich die doppelstrangige DNA und die einsträngige RNA nicht ohne Weiteres verbinden – eine Integration von viraler RNA in menschliche DNA ist unter anderem aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich.

Bei den Vektorimpfstoffen muss der Körper keine RNA mehr in Proteine umbauen. Die körpereigene Zelle dient hier nicht zur Antigen-Präsentation. Hier dienen für den Menschen harmlose Viren als Träger. Das genetische Material von Sars-CoV-2 wird in ein abgeschwächtes Virus, den sogenannten Vektor, eingebracht. Der Vektor selbst vermehrt sich kaum im menschlichen Organismus, sodass es nicht zum Krankheitsausbruch kommt. Im Vektor kann entweder ein Molekül aus der Virushülle gegen ein Molekül aus der Hülle des Krankheitserregers ausgetauscht sein, oder der Vektor enthält die Information zum Aufbau von einem oder mehreren Protein-Molekülen – den sogenannten Antigenen – des Krankheitserregers.

Beim Vektor des Impfstoffkandidaten von AstraZeneca (ChAdOx1) handelt es sich um eine abgeschwächte Version eines Adenovirus, welcher bei Schimpansen Schnupfen verursacht. Impfstoffe, die auf dieser Technologie beruhen sind bereits zugelassen. So werden Vektorviren-Impfstoffe beispielsweise bei der Bekämpfung von Ebola eingesetzt. Ervebo (MSD Sharp & Dohme) wurde im November 2019 durch die EMA zugelassen.

 

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