AMK-Meldung

Faktencheck: Bedenkliche Rezepturarzneimittel APOTHEKE ADHOC, 04.06.2018 12:11 Uhr

Berlin - 

Die Rezepturherstellung ist nicht nur die Königsdisziplin in der Apotheke, sondern auch mit einem großen Bürokratieaufwand verbunden. Ein wichtiger Teil der Herstellung ist die Plausibilitätsprüfung, die etwaige Fehler in der Verordnung aufdecken und gesundheitliche Risiken ausschließen soll. Wird nach § 7 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geprüft, fallen auch bedenkliche Rezepturarzneimittel auf. Der Faktencheck klärt auf.

Was bedeutet bedenklich? Arzneimittel können als bedenklich eingestuft werden, wenn gemäß dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass bei bestimmungsmäßigen Gebrauch eine schädliche Wirkung auftreten kann, die über – nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft – ein vertretbares Maß hinaus geht. § 5 Arzneimittelgesetz (AMG) verbietet bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen.

Wie steht es um den Kontrahierungszwang? Apotheker dürfen die Abgabe bedenklicher Arzneimittel verweigern, unterliegen aber dem Kontrahierungszwang. Dieser gilt auch für Rezepturarzneimittel. Gemäß § 17 ApBetrO muss die ärztliche Verschreibung in angemessener Zeit ausgeführt werden. § 5 AMG sticht jedoch § 17 ApBetrO, da die höherrangige Norm Vorrang hat.

Kann die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung zu einer Abgabeverweigerung führen? Die Antwort lautet: Ja. Denn auch die individuelle Situation des Patienten muss in die Prüfung einbezogen werden. Außerdem spielen Indikation, Applikationsart, Dosierung, Konzentration sowie weitere Arzneimittel, wie beispielsweise die Dauermedikation, eine Rolle. Ist die Nutzen-Risiko-Bewertung negativ, darf die Rezeptur laut § 8 AMG nicht hergestellt und in den Verkehr gebracht werden, wenn durch eine Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln die „Qualität nicht unerheblich gemindert“ ist.

Nach welchen Kriterien ist ein Stoff unbedenklich? Im Großen und Ganzen kann in drei Kriterien unterschieden werden: Zum Einen gelten ein Stoff oder eine Zubereitung als bedenklich, wenn diese durch die Zulassungsbehörde entsprechend eingestuft wurden. Zum Anderen kann der Widerruf oder das Ruhen der Zulassung des entsprechenden Fertigarzneimittel ein Kriterium sein. In diesem Fall ist das Fertigarzneimittel nicht verkehrsfähig und Rezeptur- oder Defekturarzneimittel dürfen weder angefertigt noch abgegeben werden. Ein dritter Grund ist die Tatsache, das die Anwendung nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse aufgrund von möglichen Risiken bedenklich oder nicht vertretbar ist.

Bestehen Vorbehalte bezüglich der Substanz oder dessen Dosierung, Konzentration oder Indikation, empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt. So kann über Nutzen und Risiko gemeinsam abgewogen und gegebenenfalls eine Therapiealternative gefunden werden. In der Praxis gestaltet sich die Zusammenarbeit jedoch oft als schwierig.

Welche Stoffe sind als bedenklich eingestuft und warum? Die AMK liefert eine entsprechende Tabelle. Als Beispiele können aliphatische Amine, Furfurol, 2-Naphtol, Phenol als Wirkstoff (ausgenommen Homöopathika) oder auch Chloroform genannt werden. Bufexamac und Epinephrin sowie dessen Salze werden aufgrund eines Widerrufs der Zulassungen als bedenklich eingestuft. Bufexamac, das zur Behandlung von Hämorrhoiden eingesetzt wurde, wurde aufgrund von häufigen Kontaktallergien vom Markt genommen.

Auch nicht jeder Tee kann gemischt und abgegeben werden. So sind beispielsweise Immergrünkraut, Arnikablüten zum Einnehmen, Bärenklau, Färberginsterkraut oder Jaborandiblätter in der Liste zu finden. Vorsicht ist bei Pyrrolizidinalkaloid-haltigen Drogen geboten. Ihen wird eine kanzerogene und hepatotoxische Wirkung zugesprochen. Schöllkraut, Huflattichblätter und Borretsch sollten unter anderem nicht abgegeben werden. Die Abgabe ist zwar an einen bestimmten PA-Grenzwert gekoppelt, eine derartige Überprüfung ist für Apothekenmitarbeiter jedoch kaum möglich.