Freistellung, unbezahlter Urlaub u.a.

Corona-Verdachtsfall im Team – Was tun?

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Berlin -

Die Covid-19-Pandemie zieht wieder an. Die Infektionszahlen steigen kontinuierlich und das merken Apothekenteams nicht nur an ihren Kunden, sondern schlimmstenfalls auch an sich selbst: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Kollege ansteckt, ist so hoch wie seit dem Frühjahr nicht mehr. Doch wie umgehen mit so einer Situation?

Die Covid-19-Pandemie kann Inhaber und Filialleiter nicht nur vor operative, sondern auch vor ethische Probleme stellen: Wie gehe ich mit Mitarbeitern um, die aus eigener Verantwortung ausfallen, weil sie beispielsweise in ein Risikogebiet reisen und danach unter Quarantäne stehen? Und was mache ich mit Verdachtsfällen? Sofort nach Hause schicken und bis zum Testergebnis freistellen, also weiter zahlen?

Oft ist der Fall eindeutig. „Wir hatten eine Mitarbeiterin, deren Tochter positiv getestet wurde“, sagt Dr. Horst Real, langjähriger Inhaber der Rats-Apotheke in Bremen und seit der Übergabe an seinen Sohn angestellter Apotheker ebendort. „Das haben wir dann wie eine Krankschreibung gehandhabt.“ Doch es gibt auch Fälle, bei denen Differenzierung angebracht ist. Davon kann Ingo Beer berichten, Filialleiter der Marien-Apotheke in München.

„Die Frage der Verantwortung ist tatsächlich nicht einfach“, sagt er. „Wir sind eine recht große Innenstadtapotheke und leiden darunter, dass die Frequenz stark nachgelassen hat, weil alle im Homeoffice sind oder sich zweimal überlegen, ob sie Geld ausgeben. Unsere Mitarbeiter sind immer noch in Kurzarbeit, außerdem arbeiten wir immer noch in zwei Teams, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren.“ Das heißt: Die Personaldecke ist gerade dünn – auf die eigene Gesundheit zu achten, ist deshalb nicht nur eine Privatangelegenheit, sondern auch eine besondere Frage der Verantwortung dem Team gegenüber. Aber auch umgekehrt gilt: Als Inhaber oder Filialleiter ist besondere Vorsicht geboten, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Und den Ernstfall hatte Beer schon in seiner Apotheke.

„Wir hatten letztens erst den Fall, dass eine Kollegin Husten und Fieber hatte, also typische Covid-19-Symptome“, erzählt Beer. „Sie kam schon mit Maske herein – wir haben sie dann sofort in einen anderen Raum geschickt, damit sie mit möglichst wenigen Kollegen in Kontakt kommt, und sie dann zum Infektologen geschickt, der zum Glück gleich nebenan ist.“ Die Mitarbeiterin wurde sofort getestet und erhielt zwei Tage später ihr Ergebnis – bis dahin wurde sie freigestellt.

Doch was ist, wenn die Kollegin aus vermeidbaren Gründen ausfällt? Auch diesen Fall hatte Beer schon im Team. Eine Mitarbeiterin war bis Anfang Oktober in der Türkei. Die Regeln der Bundesregierung schreiben seit dem 1. Oktober vor, dass Reiserückkehrer sich die ersten fünf Tage nach Einreise in Quarantäne begeben müssen und diese erst mit einem negativen Testergebnis endet. Das war hier der Fall.

„Die Kollegin musste in der Woche Überstunden abbauen und unbezahlten Urlaub nehmen. Denn sie wusste bereits vorher von dieser Regelung und hat es in Kauf genommen. Vom Urlaubskonto haben wir ihr aber keine Tage abgezogen“, sagt Beer.

Verurteilen wolle er das Verhalten dennoch nicht, denn insbesondere Reisen in die Türkei seien schließlich oft Familienbesuche – auch die Kollegin reiste nicht dorthin, um am Strand Urlaub zu machen. Die Familie im Zweifelsfall Monate oder Jahre nicht zu sehen, sei eine andere Härte, als auf einen Sommerurlaub zu verzichten. „Ich selbst würde mir im Moment keinen Urlaub erlauben, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn es um die Familie geht, kann ich es nachvollziehen. Natürlich kann ich in der Freizeit niemanden einschränken, aber ich appelliere da an die Eigenverantwortung und das klappt bisher ganz gut.“

In Coronazeiten ist aber auch Urlaub nicht gleich Urlaub, wie Beer anhand einer anderen Kollegin beschreiben kann: „Wir hatten auch den Fall einer Mitarbeiterin, die im August nach Kroatien gereist ist. Das Land wurde dann zum Risikogebiet erklärt, als sie schon da war – das konnte sie also vorher nicht wissen, deshalb haben wir sie für ihre Quarantänezeit freigestellt.“

Besonders wichtig sei es also, im Einzelfall nach den jeweiligen Umständen zu entscheiden – trotzdem aber generell für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein. Beer hat dazu schon mit dem Infektologen nebenan geklärt, was er machen würde: Hätte er einen Fall im Team, könnte er dort schnell alle testen lassen.

Real würde es ähnlich handhaben. Der Frage, wie er bei Mitarbeitern vorgehen würde, die sich beispielsweise durch Reisen selbst aus dem Spiel nehmen, habe er sich aber noch gar nicht gestellt: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen“, sagt er. „Allein schon, weil wir hier niemanden im Team haben, der im Moment in ein Risikogebiet reisen würde.“

 

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