Unternehmerin schickt MFA in Offizin

Corona-Tests: Aktionstage in Apotheken

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Berlin -

Die bayerische Firma Modl hatte bis vor wenigen Monaten kaum bis gar keine Berührungspunkte zum Gesundheitssektor. Das änderte sich schlagartig, als die ersten Fälle von Corona in Deutschland bekannt wurden. Über eine eigens aufgebaute Medical-Sparte vertreibt der Spezialist für Energie und Mechatronik seitdem Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel. Nun möchte Firmenchefin Nicole Modl ihr Angebot erweitern. Ihr Ziel: Kostengünstige Antikörper-Schnelltests für alle – vor Ort in Apotheken, durchgeführt von medizinischem Fachpersonal. Die erste Testung wurde bereits mit Erfolg in einer Ansbacher Apotheke durchgeführt.

Modl leitet eine Firma, die eigentlich nichts mit Pharmazie oder Gesundheit zu tun hat. „Unser Betrieb ist ein Familienunternehmen, das seit 74 Jahren besteht, eigentlich haben wir mit der Branche nichts zu tun.“ Der bayerische Mittelständer wurde jedoch vor einigen Monaten über Nacht zum größten Lieferanten für Schutzmasken in Bayern. „Zu einer Zeit, wo es keine Masken gab, hatte ich das Glück, eine Lieferung zu erhalten. Mit der Zeit entwickelte sich daraus eine zuverlässige Lieferkette. Ich erweiterte mein Sortiment Stück für Stück.“ Mit den Wochen wurde Modl quasi zum „Corona-Vollsortimenter“: „Alles, was es nicht gab, gab es bei mir – in hohen Stückzahlen und guter Qualität.“

Obwohl anstrengende Wochen hinter ihr liegen, hat die Unternehmerin das nächste Projekt bereits geplant: Corona-Tests für alle, zu einem Preis, der fair und akzeptabel ist. „Jeder, der wissen möchte, ob er die Krankheit schon durchgemacht hat, soll auch das Recht auf einen Test haben“, so Modl. „Ich habe mich viel mit dem Thema beschäftigt und finde es wichtig, dass die Menschen eine Möglichkeit auf Testung außerhalb der Arztpraxis erhalten.“ Sie erzählt von Telefonaten mit Ärzten, Krankenkassen und Behörden, die zum großen Teil ins Leere liefen, da die Zuständigkeiten in vielen Bereichen nicht geklärt seien. Insbesondere die Kostenübernahme sei nicht klar geregelt. Was jedoch fest steht: Die Antikörperschnelltests dürfen nur von medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden, eine Testung muss allerdings nicht zwangsläufig in einer Praxis erfolgen. Auf dieser Grundlage basiert ihr neues Projekt. Unter dem Motto „Because we care“ bietet sie Termine für Corona-Schnelltests an – durchgeführt von medizinischen Fachangestellten unter anderem in Apotheken.

Die Idee, medizinisches Personal in Apotheken zu schicken, klingt gut – das Personal darf die Schnelltests nämlich weder abgeben noch selber durchführen. Als die ersten Tests auf den Markt kamen, sicherten sich einige Apotheken einen Grundstock, um – ähnlich wie in Österreich – selbst Testungen in der Offizin durchzuführen. Dieses Vorhaben wurde nie flächendeckend umgesetzt. Die Abda warnte zeitnah vor rechtlichen Konsequenzen. Auch die Abgabe an den Endkunden sei nicht erlaubt – die Corona-Schnelltests seien in eine Kategorie der In-vitro-Diagnostika eingeteilt, die eine Durchführung durch den Anwender selbst untersage. Somit kam der Schnelltest in vielen Apotheken schnell auf die rote Liste. Das Interesse in der Bevölkerung wuchs jedoch.

Auch die Unternehmerin spürte das wachsende Interesse, zu allererst in ihren eigenen Reihen: „Unsere eigenen Mitarbeiter testeten wir alle nach dem Urlaub. Am 11. Juli gab es ein erstes Public Testing – und die Personen, die da kamen, waren alle zusammen sehr gut informiert. Da merkte ich, welchen Stellenwert das Thema hat.“ Das brachte sie dazu, auch mit anderen Geschäftsführern zu sprechen und das Interesse in anderen Firmen abzufragen. Das Interesse in der Bevölkerung sei da, und deshalb entschied sich die Unternehmerin für die Durchführung der Tests. „Ich denke, man muss nicht alles verstehen, aber man muss eine Entscheidung treffen – und ich für mich habe die Entscheidung getroffen, dass alle Menschen die Möglichkeit zur Testung erhalten sollten.“ Und das zu einem fairen Preis.

39 Euro nimmt Modl für einen Antikörper-Schnelltest. Im Preis enthalten sind das Testkit, die Durchführung durch medizinisches Fachpersonal und die Mitteilung des Ergebnisses inklusive Empfehlung für das weitere Vorgehen. „Wenn in einem Test IgM, also die frühen Antikörper, detektiert wurden, erhält die Person den Verweis, dass ein umgehender Arztbesuch stattfinden soll.“

Die erste Test-Veranstaltung fand in einer Ansbacher Apotheke statt. „Apotheken sind gute Kooperationspartner. Die Kunden kennen ihre Apotheke und haben durch diese Art der Umsetzung endlich eine Möglichkeit, von einer möglicherweise durchlaufenen Covid-Infektion zu erfahren.“ Modl will das Angebot in den kommenden Wochen weiter ausbauen: „Für Interessenten hier bei uns im Raum bieten wir demnächst ein Testabo mit vier Tests an – getestet wird im Abstand von sechs bis acht Tagen gemäß Herstellerempfehlung – das bringt den Menschen dann mehr Aussagekraft und einen echten Mehrwert.“

Die Blutabnahme dauere weniger als eine Minute, erzählt Modl. Nach ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten liegt ein aussagekräftiges Ergebnis vor. „Dieses bekommen die Personen auf ihr Handy geschickt. Die Nachricht enthält auch empfohlene Handlungsanweisungen für das weitere Vorgehen.“ Auch ohne Smartphone könne man an den Testungen teilnehmen. „Wer kein Mobiltelefon hat, der kommt eben ohne. Dann erfolgt die Ergebnisübermittlung klassisch per Zettel.“ Die Variante mit dem Smartphone vermeide jedoch Warteschlangen. „Stellen sie sich einmal vor, da kommen durch Zufall hunderte Menschen auf einmal – das kann die Apotheke ja nicht stemmen.“

Deshalb gilt auch Terminpflicht. Auf der Internetseite ihres Unternehmens können sich Interessierte einen Termin verbindlich buchen. Verbindlich bedeutet auch mit Bezahlung vorab – zu häufig würden die Menschen ansonsten nicht erscheinen. Da spricht die Unternehmerin aus Modl: „Wir stellen ja auch das Personal und die Tests. Da muss es schon verbindlich zu einer Durchführung kommen. Ich kündige das Event ja auch nicht an und erscheine dann nicht.“

Modl arbeitet selbst seit sechs Jahren freiwillig beim Rettungsdienst. Sie konnte gar nicht anders, als einen Weg zu finden, wie auch sie in der Krise helfen kann. „Ich kann die Tests aufgrund einer fehlenden medizinischen Ausbildung vielleicht nicht selbst durchführen, aber ich kann sie geschulten Fachkräften wie unserem Medical Team zur Verfügung stellen. Und das in guter Qualität – dieser Aspekt war mir die ganzen Wochen über wichtig.“

Sie berichtet von gefälschten Masken, zwielichtigen Unternehmen und starkem Preisverfall. „Wenn Sie irgendwann Mundschutztypen für Centbeträge angeboten bekommen, da müssen sie als Unternehmer auch irgendwann einsehen, dass sie diesen Preiskampf nicht mitgehen dürfen. Ab einer gewissen Summe kann die Maske nicht den Anforderungen entsprechen.“

Gleiches gilt für die Antikörpertests. Modl hat sich für ein kanadisches Modell mit guten Werten entschieden. „Das Model der Firma Artron weist eine Spezifität von 97,7 Prozent und eine Sensitivität von 93,4 Prozent auf.“ Modl ist aber auch bereit, andere Tests zu verwenden. „Wenn ein Apotheker nun noch Tests auf Lager hat und diese eine vergleichbare Qualität aufweisen, so kann man durchaus darüber sprechen, ob man nicht diese Tests nimmt.“

Die Unternehmerin hat in den vergangenen Wochen aufregende Marktentwicklungen beobachtet. Umso wichtiger ist es ihr, dass sie Preise anbietet, die angemessen und fair sind. „Ich kenne Ärzte, die nehmen über 100 Euro für die Durchführung, das kann nicht jeder bezahlen.“ Schnelltests aus dem Internet liegen preislich in ähnlichen Bereichen.

Die Gewissheit darüber, ob man die Erkrankung bereits hatte oder nicht, würde vielen Menschen eine Last abnehmen, auch wenn bislang noch nicht klar ist, wie lange der Antikörperschutz bestehen bleibt. Doch alle Tests – egal ob PCR-Methode oder Antikörperdetektion – seien am Ende nur eine Momentaufnahme.

Die Geschäftsführerin kann den letzten Wochen aber auch viel Positives abgewinnen: „So stressig es an manchen Tagen auch war und wie oft ich mir auch die Frage stellte, weshalb ich das hier alles mache, muss ich sagen, bisher hat es sich gelohnt. Ich bin mit Menschen in Kontakt gekommen, die ich ohne die Pandemie nie kennengelernt hätte. Ich habe E-Mails mit Dankestexten von Geschäftsführern großer Unternehmen oder Kliniken bekommen, die ich so in der Industrie nie erhalten hätte.“

Auch die Pflege- und Altersheime, die das Unternehmen mit Masken & Co. versorgt hat, seien mehr als dankbar gewesen. Alles in allem ist Modl glücklich über den zufälligen Einstieg in den Gesundheitssektor und freut sich auf zahlreiche Termine zur Durchführung von Tests. Dabei tritt Modl stets nur als Dienstleister dar – die Apotheke soll die Veranstaltung als die ihrige bewerben.

 

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