Kommentar

Vom HAP zur Fallpauschale? Désirée Kietzmann und Patrick Hollstein, 16.04.2010 14:02 Uhr

Berlin - 

Das Ganze ist nicht dasselbe wie die Summe seiner Teile - die Pharmaindustrie entdeckt Aristoteles. Um das Image des nimmer satten Kostentreibers abzustreifen, suchen die Konzerne ihr Heil im globalen Behandlungsgeschehen: Über so genannte Mehrwertverträge wollen die Hersteller die Preisverantwortung unter den Beteiligten aufteilen. Pillenpreise adé, Therapiepauschalen willkommen. Doch Vorsicht: Wer nicht aufpasst, wird in Schutzhaft genommen.

Fallpauschalen sind nicht neu im Gesundheitswesen: Die Krankenkassen erhalten aus dem Gesundheitsfonds Zuschüsse für bestimmte Krankheiten, auch die Kliniken werden pauschal vergütet. Wer mit den Zuweisungen auskommen will, muss effizient arbeiten und gut verhandeln.

Ein solches System schwebt auch der Pharmaindustrie vor. Schon heute wird die freie Preiskalkulation beschränkt: Kein Zusatznutzen, keine Zusatzkosten. Der Fall der Insulinanaloga zeigt, wohin die Reise geht. Er zeigt aber auch, wie gerne Pharmafirmen Reiseleiter wären.

Statt dem IQWiG die Bewertung des Arzneimittels und den im G-BA versammelten Ärzte- und Kassenvertretern die Entscheidung über den Preis zu überlassen, wollen die Hersteller mit Praxistests überzeugen. Was im Einzelnen teurer ist, könnte ja im Gesamten billiger sein.

Die Verantwortung für die Therapiekosten sollen dann alle an der Therapie beteiligten Leistungserbringer gemeinsam tragen. Lassen sich die Kassen auf das Spiel ein, stellen sich wichtige Fragen: Wer legt fest, welche Posten im Paket verschnürt werden? Wer bestimmt die zugrunde gelegten Preise? Und wer verwaltet eigentlich den Gruppentopf und verteilt die Pauschalen?

Die Vorteile für die Konzerne liegen auf der Hand: Statt im grellen Licht gesundheitsökonomischer Suchscheinwerfer zu stehen, würden die Hersteller zu „Mehrwert-Verwaltern“. Transparente und damit angreifbare Arzneimittelpreise gäbe es nicht mehr. Man kennt das ja schon so ähnlich aus den Rabattverträgen.

Nur anders als bei Generika steigen bei Originalpräparaten die Preise. Wer als Leistungserbringer ungern den Kopf für fremde Kostendiskussionen hinhalten will, sollte auf das Mehrwertetikett vielleicht lieber verzichten.