Hexal, 1A und Mylan

Valsartan: Hersteller gewinnen vor Gericht

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Berlin -

Das Landgericht Konstanz hat die Klage der Hinterbliebenen einer im vergangenen Jahr an Krebs verstorbenen Frau gegen Hexal, 1A und Mylan zurückgewiesen. Die Kläger konnten keine Kausalität von Medikamenteneinnahme und Erkrankung glaubhaft machen.

Die erste Zivilklage, die im Valsartan-Prozess angestrengt worden war, ist entschieden. Dabei ging es um eine 80-jährige Frau, die 2018 an Nierenkrebs erkrankt war und mittlerweile verstorben ist. Zuvor hatte sie fünf Jahre lang Valsartan in der Tageshöchstdosis von 320mg eingenommen – die Frage war, ob das mit ihrer Krebserkrankung in einem ursächlichen Zusammenhang stand. Klagevertreter Rechtsanwalt Heiko Melcher sagt ja, die vier Rechtsanwälte der drei Hersteller argumentieren, dass die Erkrankung auch auf andere Faktoren zurückgeführt werden könne. Eine Einigung hatten die Hersteller abgelehnt.

Das sollte sich aus ihrer Sicht als richtige Entscheidung herausstellen: Nachdem es zu Beginn des Verfahrens auch um allerlei Fragen der Lebensführung vom Tabak- bis zum Alkoholkonsum sowie um andere Umstände wie Bluthochdruck, Übergewicht oder das schlichte Alter der Verstorbenen gegangen war, hatten zwei Sachverständige vorgetragen, die für die Klägerseite zu denkbar schlechten Einschätzungen gelangt waren.

Dabei handelte es sich um den Nephrologen Professor Dr. Martin Zeilner vom Universitätsklinikum Heidelberg und die Pharmakologin Professor Dr. Ursula Gundert-Remy von der Berliner Charité, die seit 1994 in der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) sitzt. Ihnen zufolge ist das Risiko, durch die NDMA-verunreinigten Valsartan-Präparate an Nieren- oder einem anderen Krebs zu erkranken, so gering, dass besagte Tabletten mindestens ein halbes Leben lang eingenommen werden müssten, um darauf eine entsprechende Krebserkrankung zurückführen zu können. Konkret sprachen sie von einer Einnahmedauer von 40 Jahren.

Die fünfjährige Einnahmedauer der Verstorbenen konnte demnach nicht ausreichen, um den Krebs zu verursachen. Auch ihre Erkrankung selbst spreche gegen die Valsartan-These: Das bei ihr festgestellte Karzinom sei bereits so groß gewesen, dass es schon bestanden haben müsse, bevor sie mit der Einnahme von Valsartan begonnen hatte. Die Entscheidung des Gerichts am Mittwoch kam deshalb wenig überraschend. „Sie reiht sich ein in die zahlreichen Urteile, bei denen Mandanten trotz der im Gesetz vorgenommenen Beweiserleichterung immer noch große Schwierigkeiten haben, eine Kausalität nachzuweisen“, sagt Rechtsanwalt Melcher.

Der nun in Konstanz entschiedene Fall ist nicht der einzige, in dem der Valsartan-Skandal aufgearbeitet wird. So steht beispielsweise AbZ in Frankfurt vor dem Oberlandesgericht, weil eine Patientin dem Hersteller vorwirft, für ihre Krebserkrankung verantwortlich zu sein. Vor dem Landgericht München II wiederum fordert ein ehemaliger Pharmareferent eine Million Euro Schadenersatz von Hexal, weil er den Hersteller für seine Krebserkrankung verantwortlich macht. Das Landgericht Frankfurt (LG) hatte die Klage zuvor abgewiesen, doch in einem Teilurteil hat das OLG den Hersteller zur „Auskunft über bekannte Wirkungen und Erkenntnisse verurteilt, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Valsartan von Bedeutung sein können, soweit diese u.a. Krebserkrankungen betreffen“.

Ebenfalls bereits entschieden ist der Fall einer Klägerin, die überhaupt nicht an Krebs erkrankt war. Sie berief sich darauf, seit Bekanntwerden der Verunreinigungen unter einer Angststörung samt Panikattacken und Schlafstörung zu leiden. Sie konnte nicht einmal nachweisen, verunreinigte Chargen erhalten zu haben. Entsprechend hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden: Der Hersteller könne nicht in Haftung genommen werden.

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