Kommentar

SPD: Merkels kleiner Kanzlerwahlverein Lothar Klein, 05.03.2018 12:05 Uhr

Berlin - 

Zum dritten Mal wird die SPD in wenigen Tagen Angela Merkel zur CDU-Kanzlerin wählen. Das ist vor allem für die CDU-Vorsitzende eine gute Nachricht: Neben der Union hat sie mit der SPD einen willigen zweiten, kleinen Kanzlerwahlverein an ihrer Seite. Dass die SPD Merkel aus Angst vor dem eigenen Untergang zur vierten Amtszeit verhilft, dürfte sie nicht stören. Da aber Angst kein guter Ratgeber ist, ist die Zukunft der einst stolzen Sozialdemokratie mit dem halbherzigen Ja zur GroKo keineswegs gesichert. Für die Apotheker hat das Ende der Regierungsvakanz eine positive Seite. Es gibt demnächst wieder einen Ansprechpartner im Bundesgesundheitsministerium – und vielleicht sogar ein Rx-Versandverbot, kommentiert Lothar Klein.

Die Geduld der ABDA und das Beharren auf dem Rx-Versandverbot dürfte sich in absehbarer Zeit auszahlen. Die Union ist festen Willens, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Der rechtlich einwandfreie Weg dorthin ist zwar noch nicht klar, aber die SPD wird sich anders als vor einem Jahr nicht mehr dagegen sperren. Wie lange ein Rx-Versandverbot Bestand haben wird, steht auf einem anderen Blatt. Es wird dagegen Klagen geben. Am Ende werden die EU-Richter erneut das letzte Wort haben.

Die Apotheker sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, dass sich mit einem Rx-Versandverbot alle Probleme des Berufsstandes in Wohlgefallen auflösen. Der Existenzkampf wird weitergehen – genauso hart wie bisher, weil sich die grundlegenden Rahmenbedingungen nicht ändern. Die GroKo ist nicht bereit, die Schatulle zu öffnen und zusätzliches Geld für apothekerliche Dienstleistungen locker zu machen.

Auf der anderen Seite schreitet die Digitalisierung fort. Die Patientenakte und das elektronische Rezept werden kommen und den Gesundheitsmarkt verändern. Wie immer in solchen Phasen wird es Gewinner und Verlierer geben. Die Ärzte bereiten sich in Baden-Württemberg intensiv mit telemedizinischen Modellprojekten auf diese Umstellung vor.

Die Apotheker haben außer zwei digitalen Rezeptsammelstellen – deren Technik bald wegen des E-Rezepts überholt sein wird – so gut wie nichts anzubieten. Ein Rx-Versandverbot schützt die Vor-Ort-Apotheken vor der unliebsamen Internetkonkurrenz aus dem EU-Ausland. Zu Hause müssen sie selbst für ihre Zukunftsfähigkeit sorgen.

Symbolhaft steht das Rx-Versandverbot auch für die politische Zerrissenheit der SPD: Sie muss und wird voraussichtlich entgegen ihrer Überzeugung zustimmen – ein unauflösbares Dilemma, das den Weg in die dritte GroKo für die SPD so problematisch macht. Zweimal haben die Sozialdemokraten unter Angela Merkel brav und unauffällig den Koalitionsvertrag abgearbeitet, Innen wie Außen für eine stabile Regierung gesorgt. Genutzt hat es der SPD selbst mit so profilierten Politikern wie Franz Müntefering und Peer Steinbrück nicht. Bislang spricht nichts dafür, dass sich an dieser Ausgangslage etwas ändert.

Die SPD kann sich aus Merkels Umklammerung nur befreien, indem sie vor Ablauf der Legislaturperiode die Kanzlerin stürzt. Die dritte GroKo steht somit auf einen wackeligen Fundament. Es wird rasch knirschen und knacken. Die dritte GroKo verspricht zumindest mehr Spannung als ihre Vorgänger.