Modellprojekte: Bald Cannabis in Apotheken?

SPD: Bundestagsfraktion will Straffreiheit für Kiffer

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Berlin -

Es geht Schritt für Schritt weiter in der Cannabis-Debatte. Nach langer Vorarbeit aus den eigenen Reihen ist nun eine der letzten Bastionen von Gegnern einer Freigabe von Cannabis als Genussmittel gefallen: Die SPD-Bundestagsfraktion hat am Dienstagabend beschlossen, sich künftig für eine Entkriminalisierung und Modellprojekte zur Cannabis-Abgabe einsetzen zu wollen. Der Besitz von Cannabis soll von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden – damit folgt die Fraktion unausgesprochen der Forderung ihres Gesundheitspolitikers Dr. Karl Lauterbach.

Apotheken könnten bald wieder als Abgabestellen von Cannabis als Freizeitdroge ins Gespräch kommen. Unter anderem in Berlin, Köln und Münster stand bereits zur Debatte, das im Rahmen von Modellprojekten zu tun. Doch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte hat da ein entscheidendes Wörtchen mitzureden – und hat das auch getan. Die bisherige Gesetzeslage gibt das nämlich nicht her. Das will die SPD jetzt ändern. Am Dienstagnachmittag hat die Bundestagsfraktion der Sozialdemokraten sich nach langen parteiinternen Debatten entschieden, eine Wende in ihrer bisherigen Cannabispolitik zu machen.

Die Abgeordneten haben unter dem Titel „Neue Wege einer sozialdemokratischen Drogenpolitik“ ein Positionspapier verabschiedet, mit dem sie ihre Cannabispolitik auf neue Grundlagen stellt. „Für die SPD-Bundestagsfraktion steht der wirksame Gesundheitsschutz für Konsument*innen, die Stärkung von Beratung und Prävention, bestmöglicher Kinder- und Jugendschutz, Kriminalitätsbekämpfung und Rechtssicherheit im Vordergrund einer neuauszurichtenden Drogenpolitik“, heißt es da.

Deshalb sei die Fraktion der Überzeugung, dass es den Kommunen freigestellt werden muss, die Abgabe von Cannabis zu erproben. „Wir wollen deshalb den Ländern die Möglichkeit einräumen, den Kommunen die Erlaubniszuständigkeit zu übertragen, so dass Modellprojekten zur kontrollierten Cannabis-Abgabe auf kommunaler Ebene nichts mehr im Wege steht.“ Wie solche Modellprojekte aussehen könnten, dazu äußern sich die Genossen in ihrem Papier nicht.

Wohl aber äußern sie sich zur von ihnen angestrebten rechtlichen Einordnung von Cannabis als Konsumdroge: Die bisherige Prohibitionspolitik sei gescheitert, schreiben die Genossen unumwunden. „Insbesondere die derzeitige Kriminalisierung der Konsument*innen macht die Schwäche der bisherigen Cannabispolitik aus. Denn: Weder Verbot noch Strafverfolgung führten bis dato zum Rückgang des Cannabiskonsums! Im Gegenteil: Der Cannabiskonsum steigt vielmehr ununterbrochen.“ Außerdem führen die repressiven Maßnahmen demnach dazu, dass Menschen gesellschaftlich stigmatisiert und durch soziale Ausgrenzung vielfach nicht erreicht würden. „Präventive Ansätze prallen dagegen oftmals gegen eine Mauer des Abstreitens und Leugnens“, so die SPD-Fraktion.

Darüber hinaus spreche eine sehr praktische Erwägung für ein Ende der Verbotspolitik. Die binde nämlich „enorme finanzielle und personelle Ressourcen, die an anderer Stelle bei Justiz und Polizei fehlen“. Statt der Eröffnung eines juristischen Verfahrens soll Menschen, bei denen beispielsweise im Rahmen eine Polizeikontrolle Cannabis gefunden wird, also künftig nur noch ein Bußgeld zahlen müssen. Bisher ist es in den meisten Bundesländern so, dass Cannabisbesitzer oder Konsumenten bei einem Aufgreifen durch die Polizei zwar straffrei ausgehen, aber formell wird Anzeige erstattet, auch wenn das Verfahren dann automatisch eingestellt wird.

Damit folgt die Fraktion der Forderung, die Lauterbach bereits im vergangenen September ins Spiel brachte. Mit dem neuen offiziellen Standpunkt der SPD-Fraktion wird es erneut enger um die Verfechter einer Verbotspolitik: Grüne, Linke und FDP sind bereits offiziell für eine Legalisierung und selbst innerhalb der Union scheint der Widerstand in den letzten Jahren zunehmend zu bröckeln. Nachdem sich die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler in den vergangenen Jahren kontinuierlich als Hardlinerin in der Frage positioniert hatte, zeigte ihre Nachfolgerin Daniela Ludwig seit ihrer Ernennung bereits etwas mehr Kompromissbereitschaft. Weiter ging bereits im Herbst 2018 CDU-Politiker Erwin Rüddel, seines Zeichens Vorsitzender des Bundesgesundheitsausschusses. Er forderte – ähnlich wie. nun die SPD-Fraktion – dass Kommunen Modellprojekte ermöglicht werden sollten, beispielsweise zur Abgabe von Cannabis durch Apotheken.

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