Arzneimittelproduktion

Schmidt: Auslagerung nach Asien rückgängig machen dpa/ APOTHEKE ADHOC, 10.01.2020 07:59 Uhr

Berlin - 

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat sich in der Debatte um Lieferengpässe für eine verstärkte Arzneimittelproduktion in Europa ausgesprochen: „Auf längere Sicht sollten Arzneimittel wieder innerhalb der EU produziert werden“, so Schmidt gegenüber der Passauer Neuen Presse.

Schmidt weiter: „Die komplette Auslagerung der Pharmaproduktion nach Asien sollte rückgängig gemacht werden.“ Zwar würden sich dadurch die Preise erhöhen, doch es sei für die Versorgungssicherheit notwendig. Die ABDA fordert schon länger mehr Anreize für eine stärkere Wirkstoffproduktion in Europa. Viele Pharmakonzerne lassen Wirkstoffe in Fernost herstellen – etwa Antibiotika in China und Indien. Dort konzentriert sich die Produktion auf wenige Betriebe, wie der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) jüngst erklärte. Die Folge: Steht die Produktion zeitweilig still oder kommt es wegen Verunreinigungen zu Arznei-Rückrufen, hakt es in der Lieferkette.

Nach früheren Angaben des Apothekerverbandes hat sich die Zahl der nicht verfügbaren Rabattarzneien fast verdoppelt: Von 4,7 Millionen Packungen 2017 auf 9,3 Millionen im Jahr 2018. Jedes 50. dieser Mittel sei von Lieferengpässen betroffen – also mehr als zwei Wochen nicht verfügbar oder deutlich stärker nachgefragt als angeboten.

Schon im Oktober hatte sich Schmidt in der MRD-Sendung „Hauptsache gesund“ zum Thema Lieferengpässe von Arzneimitteln geäußert. Sein Fazit: „In den Apotheken ist es so schlimm, wie es seit 30 Jahren nicht mehr gewesen ist.“ Für die Patienten seien die Engpässe „zunehmend auch gefährlich“. Dem ABDA-Präsidenten zufolge handelt es sich um ein „Marktversagen“: „Das Problem liegt ja in der Produktion und in der globalen Verteilung“, so der ABDA-Präsident. Die Politik habe den Wettbewerb zwischen den Herstellern befeuert um Kosten zu sparen. „Aber das ist wie beim Schrauben: nach fest kommt ab“, so Schmidt im MDR-Magazin.

Die Politik müsse für mehr Transparenz sorgen bei den Engpässen, auch um eine effiziente Verteilung zu ermöglichen. „Das ist aber so ein Management, eine Mangelverwaltung wie in alten DDR-Zeiten. Was eigentlich passieren muss: In Europa müssen neue Bedingungen geschaffen werden, ökonomische und regulatorische, damit die Pharmaindustrie wieder in Europa produziert.“ Das könne zwar zehn Jahre dauern, aber irgendwann müsse man ja anfangen. Und in der Zwischenzeit? „Die Apotheken tun, was sie können. Wir sind den ganzen Tag damit beschäftigt. Es macht uns viel Arbeit. Und es macht keinen Spaß“, so Schmidt im Oktober.

Das Thema ist virulent: Laut einer aposcope-Umfrage empfand eine Mehrheit der Apotheker das Problem 2019 schlimmer als jemals zuvor. „Lieferengpass“ wurde von den Lesern von APOTHEKE ADHOC zum Unwort des Jahres gewählt.

Die Grünen haben einen Fahrplan gegen Lieferengpässe vorgelegt: Vor allem mehr Transparenz und gezielte finanzielle Anreize sollen helfen, das Problem anzugehen. An den Rabattverträgen hingegen wollen sie nichts verändern, sie seien „kein geeigneter Ansatzpunkt, um die Engpass-Problematik zu lösen“. Stattdessen soll ein Register helfen. „Wir wollen mit unserem konkreten Vorschlag den Fokus auf eine gesteigerte Transparenz im Liefergeschehen von Arzneimitteln legen, das ist der erste Schritt zur Besserung“, so die grüne Abgeordnete Kordula Schulz-Asche.