Rx-Versandverbot

Noweda bläst zum letzten Angriff

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Berlin -

Die Spitzen der Koalition könnten sich schon am morgigen Mittwoch mit dem Rx-Versandverbot befassen. Zuletzt sah es für das Projekt von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nicht mehr so gut aus. Die Noweda startet nun einen Aufruf für eine letzte Kampagne. Die Apotheker werden kostenlos mit Plakaten und Flyern versorgt, der Großhändler will außerdem alle Bundestagsabgeordneten anschreiben.

„Die Uhr tickt – Rx-Versandhandelsverbot steht auf der Kippe“, schreibt die Noweda an ihre Mitglieder. Das ist fast schon eine Untertreibung, denn nach den ablehnenden Aussagen mehrerer SPD-Ministerien sowie folgenden kritischen Tönen aus dem CDU-geführten Finanzministerium ist das geplante Verbot weiter entfernt als es zwischenzeitlich schien. Allerdings kann auf einem Koalitionsgipfel bekanntlich alles passieren.

Aus Sicht der Noweda ist es notwendig, „jetzt noch einmal geschlossen aktiv zu werden“, da die SPD das Rx-Versandverbot nahezu geschlossen ablehne und die Entscheidung unmittelbar bevorstehe. Die Apotheken hätten durch ihren direkten Kontakt zu den Patienten die Möglichkeit, auf die Situation und die Haltung der Parteien aufmerksam zu machen. „Nutzen Sie dieses Potenzial noch heute“, so der Appell der Genossenschaft.

Die Mitglieder erhalten ein Plakat mit dem Titel: „Wird es Ihre Apotheke morgen noch geben?“ Damit sollen die Kunden auf mögliche Folgen eines Preiswettbewerbs hingewiesen werden. Die Sprache ist drastisch: „Ein Kampf tobt hinter den Kulissen unseres Gesundheitssystems – ein Kampf, von dem viele Menschen nichts wissen.“

Ausländische Versender mit millionenschweren Investoren versuchten mit aller Macht, das Geschäft der Vor-Ort-Apotheken an sich zu reißen, warnt die Genossenschaft. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) leiste ihnen mit seinem Urteil zu Rx-Boni dabei „Hilfestellung“. Doch wenn immer mehr Menschen Arzneimittel online bestellten, könnten viele Vor-Ort-Apotheken nicht mehr existieren, schreibt die Noweda.

Auf dem Plakat werden mögliche dramatische Folgen skizziert: keine Notdienste in der Nähe, kilometerweite Wege bis zur nächsten Apotheke, lange Wartezeiten auf dringend benötigte Medikamente. Noch sei das undenkbar, doch dieses Szenario könne schnell Realität werden. Anschließend wird Gröhe für sein Vorhaben gelobt – verbunden mit dem Hinweis, dass die SPD mit ihrer Zustimmung noch zögere.

Wenn die Kunden ihre Apotheke für unverzichtbar hielten, sollten sie das Rx-Versandverbot unterstützen und der Apotheke vor Ort treu bleiben, so die Forderung. „Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken“, heißt es auf dem Plakat zum Schluss. Die Apotheker erhalten außerdem 100 Flyer, die sie in der Apotheke auslegen oder im Gespräch nutzen können.

Die Noweda will parallel alle Bundestagsabgeordneten – „insbesondere die Abgeordneten der SPD-Fraktion“ – anschreiben und über die Aktion unterrichten. Man werde darauf aufmerksam machen, dass die Bevölkerung über die unterschiedliche Haltung der Regierungsparteien zur Vor-Ort-Apotheke aufgeklärt werde, schreibt Vorstandschef Dr. Michael Kuck. Es sei an der Zeit, „alle Kräfte zu mobilisieren“.

Kuck hatte Anfang März die SPD-Spitzenpolitiker Martin Schulz und Brigitte Zypries angeschrieben und aufgefordert, ihre Blockadehaltung zu hinterfragen. Schon wenige Wochen nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober hatte die Noweda eine Plakatkampagne gestartet. Unter dem Motto „Sofort – vor Ort“ und mit verschiedenen Slogans wollte die Genossenschaft auf die Leistungen der Apotheken vor Ort hinweisen und zugleich darauf aufmerksam machen, wie wenig sich ausländische Versandapotheken an den Gemeinwohlpflichten der Arzneimittelversorgung beteiligen. Wie gut die Kampagne von den Mitgliedern angenommen wurde, war auf Nachfrage bislang nicht zu erfahren.

Die Sanacorp hatte die Kampagne „Für uns ganz normal“ aufgelegt. Die ABDA hat dagegen Zahlen vorgelegt, wie es mit der Unterschriftenaktion in den Apotheken liefen. Insgesamt haben sich nach Angaben der Standesorganisation rund 1,2 Millionen Menschen für den Erhalt der Apotheke vor Ort eingesetzt. Die Versandapotheken DocMorris und Sanicare hatten mit eigenen Aktionen bei ihren Kunden zum Protest gegen das geplante Rx-Versandverbot aufgerufen.

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