BPhD fordert Kompetenzerweiterung des BMG

Pharmaziestudenten wollen Notstands-Approbationen

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Berlin -

Die derzeitige Ausnahmesituation, die die Sars-CoV-2-Pandemie vielerorts in Apotheken verursacht, hat auch Auswirkungen auf Ausbildung des Nachwuchses: Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) sieht durch die derzeitige Situation die Gefahr, dass sich der Fachkräftemangel in der Apothekenbranche spürbar verschärft. Er fordert deshalb eine Anpassung der Approbationsordnung – damit auch diejenigen ihr drittes Staatsexamen ablegen können, die im Praktikum mit Einschränkungen zu kämpfen hatten. Dazu solle dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) neue Kompetenzen verliehen werden.

Es ist eine herausfordernde Zeit für Pharmaziestudenten, die sich gerade im Praktischen Jahr, in der Prüfungsphase des zweiten Staatsexamens oder der Famulatur befinden: Einerseits erleben sie noch vor Beginn ihres Berufslebens eine absolute Ausnahmesituation, andererseits können sie wie alle anderen Apothekenmitarbeiter auch von starken Einschränkungen betroffen sein. Mitarbeiter, die beispielsweise wegen eines Schichtsystems oder schlimmstenfalls einer infektionsbedingten Schließung nicht auf ihre Arbeitsstunden kommen, können und müssen das individuell mit ihren Chefs klären. Sind Pharmaziestudenten betroffen, kann das hingegen weitaus größere Konsequenzen haben: Schlimmstenfalls werden sie wegen ihrer Fehlstunden nicht zum dritten Staatsexamen zugelassen. Doch auch, wer noch an der Uni ist, muss oft mit schweren Einschränkungen umgehen, speziell im Zusammenhang mit Laborpraktika.

Der BPhD sieht deshalb die ausreichende Verfügbarkeit pharmazeutischer Nachwuchskräfte in Gefahr und verlangt von der Politik, möglichst schnell zu handeln. Es sei zwingend notwendig, Regelungen zu schaffen, um die durch Einschränkungen während des Praktischen Jahres und des Studiums entstandenen und noch entstehenden Nachteile für den Studienfortschritt auszugleichen. „Eine Verzögerung der Staatsexamensprüfungen stellt auch für das Gesundheitssystem ein Risiko dar“, sagt Ilias Essaida, der BPhD-Beauftragte für Gesundheitspolitik. „Es braucht jetzt bundeseinheitliche Beschlüsse, damit endlich Klarheit für die Studierenden geschaffen und einen Schaden für die Gesundheitsversorgung abgewendet werden kann.“

Dabei haben die Studierenden schon ziemlich konkrete Vorstellungen, wie diese Beschlüsse aussehen sollen: Es bedürfe einer „Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Apotheker bei einer epidemischen Lage nationaler Tragweite“, teilten sie am Mittwoch in einer Sonderstellungnahme mit. Dazu bedürfe es allerdings einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes, damit das BMG die Verordnung zeitnah und ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen kann. Beides – einen Änderungsvorschlag für §5 des Infektionsschutzgesetzes sowie einen Entwurf für jene Zusatzverordnung mit allen gewünschten Änderungen – hat der BPhD gleich ausgearbeitet und mitgeliefert.

So sollen Pharmazeuten im Praktikum auch zum Staatsexamen zugelassen werden, wenn sie nicht auf die vorgeschriebenen Stunden kommen: Um bis zu 50 Prozent solle die Zahl der absolvierten Stunden von den bisherigen Vorgaben abweichen können. „So können die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im Praktikum auch unter den besonderen Umständen der epidemischen Lage nationaler Tragweite ihr Praktisches Jahr in der regulären Zeit abschließen, um sich pünktlich zum Dritten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung anmelden zu können“, so der BPhD. Fehlzeiten, die im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie stehen, sollen demnach nicht als Fehlzeiten im Sinne der AAppO angerechnet werden.

Aus der Luft gegriffen sind jene 50 Prozent dabei nicht: Der BPhD beruft sich darauf, dass viele Apotheken mittlerweile in den Schichtbetrieb mit zwei Teams übergegangen sind, um eine komplette Schließung im Falle einer einzelnen Infektion zu vermeiden. „Dadurch können Pharmazeutinnen und Pharmazeuten nicht, wie es in der AAppO gefordert wird, ihre Ausbildung ganztägig in einer Apotheke oder anderen Ausbildungsstätte verrichten“, so der Verband. „Eine gezwungene Verlängerung der Praktischen Ausbildung kann die Folge sein.“ Derart verzögerte Approbationen „gefährden auch direkt die pharmazeutische Versorgung der Bevölkerung“, mahnt der BPhD. „Besonders in Pandemiezeiten ist eine kontinuierliche Ausbildung pharmazeutischen Fachpersonals von enormer Wichtigkeit, damit durch eine ausreichende Zahl an approbierten Apothekerinnen und Apothekern die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden kann.“

Doch nicht nur mangelnde Arbeitszeiten sehen die Nachwuchsapotheker als Gefahr für den Abschluss ihrer Ausbildung. Auch der Praktikumsbegleitende Unterricht (PBU) komme vielerorts zu kurz. Den Studierenden entstehe dadurch ein Nachteil, da die Inhalte im Selbststudium nachgearbeitet werden müssten und das Risiko bestehe, dass sie nicht zur Prüfung zugelassen werden, weil die Approbationsordnung einen Nachweis über die Absolvierung des PBU verlangt. Der BPhD appelliert deshalb an die Landesprüfungsämter und Landesapothekerkammern, den Praktikumsbegleitenden Unterricht so wenig wie möglich einzuschränken und weitestgehend auf digitale Lehrformate zurückzugreifen.

„Inhalte, die aufgrund der Pandemie nicht durch den Praktikumsbegleitenden Unterricht vermittelt werden können, sollen sich die Studierenden im Selbststudium aneignen“, schlägt der Verband vor. „So kann eine drohende Verlängerung des Praktischen Jahres verhindert werden. Wir fordern die Landesapothekerkammern und die Landesprüfungsämter auf, in jedem Fall eine Bescheinigung über die Teilnahme am Praktikumsbegleitenden Unterricht nach Anlage 6 der AAppO auszustellen.“ Doch auch Studierende, die noch nicht vor dem dritten Staatsexamen stehen, könnten laut BPhD ernsthaft von der Pandemie beeinträchtigt werden – beispielsweise Famulanten vor dem ersten Staatsexamen. Um zu gewährleisten, dass die keine Nachteile zu befürchten haben, weil ihre Famulatur wegen der Pandemie abgebrochen wurde, empfiehlt der BPhD, dass auch abgebrochene Famulaturen als ein vollständiger Teil der gesamten Famulaturzeit anerkannt werden.

Und dann kommt noch die Situation an den Unis hinzu. Denn auch die Durchführung des zweiten Staatsexamens stelle an einigen Standorten ein Problem für die Studierenden dar. Ob die Prüfungen des zweiten Staatsexamens stattfinden, fortgeführt oder abgebrochen werden, sei je nach Universitätsstandort unterschiedlich. „Viele Studierende sind derzeit schlecht oder gar nicht über die Planungen der Landesprüfungsämter, Universitäten und pharmazeutischen Fakultäten informiert und befinden sich daher anhaltend in Ungewissheit.“ Das könne direktere Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung haben, als es im ersten Moment scheint – denn ein bestandenes zweites Staatsexamen ist die Voraussetzung für den Antritt des Praktischen Jahres. „Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im Praktikum sind in vielen öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken ein fester Bestandteil der Belegschaft und unterstützen dadurch das Gesundheitssystem enorm“, so der BPhD.

Der Verband appelliert deshalb an Fakultäten und Prüfungsämter, die Prüfungen des Ersten, Zweiten und Dritten Teils der Pharmazeutischen Prüfung weiterhin durchzuführen und nicht über einen längeren Zeitraum auszusetzen. Damit das möglich ist – insbesondere, um auf Personalengpässe zu reagieren – schlägt der BPhD vor, dass der Zeitraum von Unterbrechungen zwischen den einzelnen Prüfungen im ersten Staatsexamen auf bis zu acht Tage und im zweiten Staatsexamen von acht auf bis zu 14 Tagen erhöht wird. „Durch die Fortführung der Prüfungen unter angemessenen Schutzvorkehrungen sollen sowohl der Studienfortschritt als auch die Handlungsfähigkeit des Gesundheitssystems gewährleistet bleiben“, so der BPhD.

Die Studierendenvertreter sehen diese Maßnahmen nicht nur als Notwendigkeit an, um Beeinträchtigungen im Studienfortschritt für die Studierenden zu verhindern – sie seien auch nötig, um zu gewährleisten, dass die pharmazeutische Versorgung und die Stabilität des Gesundheitswesens sowohl kurz- als auch langfristig nicht gefährdet werden. „Durch die von uns vorgeschlagenen Änderungen in der Ausbildung wird sichergestellt, dass der pharmazeutische Nachwuchs weiterhin qualitativ hochwertig ausgebildet wird. So wird ein möglicher Schaden für das Gesundheitssystem, der auch verzögert auftreten kann, bestmöglich abgewandt.“

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