Reservepersonal

Nun werden die Medizinstudenten rekrutiert

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Berlin -

Die Uni ist geschlossen, die Vorlesungen pausieren, das Personal in den Krankenhäusern wird knapp. Die Mehrbelastung der Kliniken durch Corona führt zu Personalmangel. Dem wollen die Krankenhäuser nun anscheinend mit der Einstellung von Medizinstudenten entgegenwirken. Da die Vorlesungen vorerst ausfallen, könnten die angehenden Mediziner so Erfahrung sammeln und natürlich auch Geld verdienen, heißt es im Anschreiben seitens der Kliniken. Die Krux liegt im Detail: Gesucht werden explizit fachausgebildete Medizinstudenten, die jedoch als studentische Hilfskraft entlohnt werden sollen. Der Einsatz erfolgt je nach Fachsemester, eine Einarbeitungszeit muss weitestgehend entfallen.

Angesichts steigender Zahlen an Corona-Infizierten wollen Bund und Länder die stationäre Krankenhausversorgung ausweiten. Um Kliniken zu entlasten, die sich auf den Aufbau von Intensivkapazitäten konzentrieren, müssten an anderen Kliniken und gegebenenfalls provisorischen weiteren Standorten wie Hotels oder umgerüsteten Hallen zusätzliche Betten- und Behandlungskapazitäten aufgebaut werden. Das geht aus einem „Grobkonzept Infrastruktur Krankenhaus“ hervor, auf das sich Bund und Länder verständigt hatten.

Rekrutierung hat begonnen

Das Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern schreibt direkt Medizinstudenten an und wirbt mit „sinnvoller Nutzung der gewonnenen Zeit und Sammlung wertvoller Einblicke in einer medizinischen Ausnahmesituation.“ Weiterhin heißt es, dass Studenten einen wertvollen Beitrag zur aktuellen Corona-Krise leisten können.

Auch in Hannover und Homburg setzt man auf die Medizinstudenten. Einziges Manko: Die Bezahlung die die Einarbeitung scheinen bisher nicht geregelt. An manchen Kliniken sollen fachausgebildete Medizinstudenten, das heißt solche, die bereits eine Ausbildung zum Krankenpfleger absolviert haben, zum Tarif einer studentischen Aushilfskraft eingesetzt werden. Seitens der Studenten stößt diese Bezahlung auf Unverständnis. Weiterhin nicht geklärt ist die Art der Einarbeitung. Je nach Einsatzgebiet müssten die Arbeitsabläufe ausreichend besprochen werden.

Arbeiten im Abstrich-Container

Einzelne Krankenhäuser haben die Testung auf Sars-CoV-2 ausgelagert. Konkret bedeutet das, dass vor dem Klinikgelände Container aufgestellt wurden, in denen auf Corona per Abstrich getestet wird. Menschen, die den Verdacht haben Sars-CoV-2 positiv zu sein müssen so die eigentlichen Krankenhausräumlichkeiten nicht mehr betreten. Das Infektionsrisiko für hospitalisierte Menschen und Pflegepersonal sinkt. Aufgrund von Personalmangel versuchen die Kliniken aktuell Medizinstudenten für die Arbeit im Abstreich-Container zu gewinnen.

Zu wenige Studenten

Die Reaktion der Medizinstudenten ist gespalten – bislang konnten in einigen Teilen Deutschlands nicht genügend Studenten für den Einsatz in der Klinik für die Zeit der Pandemie gewonnen werden.Die Coronavirus-Testzentren in Mecklenburg-Vorpommern sollen laut Gesundheitsministerium vornehmlich von Medizinstudenten betrieben werden. Das Problem: Diese stehen nicht in ausreichender Anzahl zu Verfügung. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim sind aktuell ausschließlich Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in den Abstrichzentren im Einsatz, dies teilte der Landkreissprecher Andreas Bonin mit.

„Grobkonzept Infrastruktur Krankenhaus“

In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass alle Kliniken einen geeigneten Pandemie-Plan ausarbeiten sollen. Hierzu gehöre auch die vorausschauende Planung des Personals. Es wird als sinnvoll erachtet, dass vorhandene Personal auf die Abläufe in der intensivmedizinischen Versorgung zu schulen. Im normalen Betrieb arbeiten auf der Intensivstation eines Krankenhauses Schwestern und Pfleger die eine mehrmonatige Zusatzqualifikation erlangt haben. Auch sollten Konzepte entwickelt werden für den Einsatz von Medizinstudenten höherer Semester, sowie für den Einsatz von Ärzten und Pflegekräften, die sich aus dem Ruhestand oder anderen Bereichen zur Unterstützung zur Verfügung stellen.

Provisorische Kapazitätserhöhung

Weiterhin beinhaltet das Schreiben Vorgehensweisen zu Erhöhung der Bettenzahl.Die Länder sollten mit ihren Kliniken, die über Intensivkapazitäten verfügen, Pläne erarbeiten, um das Ziel der Aufstockung durch den Aufbau provisorischer Intensivkapazitäten zu erreichen. Alle Kliniken und Einrichtungen des Gesundheitswesens sollten „ihre Lagerbestände, Altbestände und Keller durchforsten“ nach Betten, Liegen oder Beatmungsgeräten, die zusätzlich genutzt werden könnten, heißt es weiter.

Krankenhausapotheke als Schnittstelle

Für Klinikapotheken stellen sich zum Teil ganz andere Aufgaben und Herausforderungen während einer Pandemie, als für das pflegende und medizinische Klinikpersonal. Neben einer Lagerhaltung adäquater Mengen wichtiger Arzneimittel und Hilfsmittel (hierzu zählen Atemschutzmasken, einfacher Mundschutz und Handschuhe) ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen bei der Versorgung und Unterstützung der Patienten ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Darüber hinaus können die Pharmazeuten die Infektionskontrolle im stationären Umfeld überwachen und auch beratende Tätigkeiten übernehmen. Die AdKA verweist darauf, dass nicht nur eine sinnvolle Lagerhaltung nützlich ist, sondern auch die Sicherstellung des verantwortungsvollen Einsatzes der gelieferten Arzneimittel.

Hilfsmittel werden knapp

Desinfektionsmittel, Mundschutz, Atemschutz und Handschuhe – diese Dinge benötigen Apotheker und Arzt für ihre tägliche Arbeit. Unabhängig von Sars-CoV-2 werden Atemschutzmasken auch zur Behandlung von anderweitig Infizierten benötigt. In der Klinikapotheke werden die Masken für die Verarbeitung von Gefahrstoffen benötigt.Damit es nicht zu Hamsterkäufen kommt und Lieferengpässe hausgemacht sind, rät ADKA-Geschäftsführer Rudolf Bernard zur sinnvollen Bevorratung. Dies gelte nicht nur für essentielle Arzneimittel, wie beispielsweise Antibiotika, sondern auch für Hilfsmittel. Neben den öffentlichen Apotheken erleben auch Kliniken immer häufiger, dass die gewohnten Lieferanten keine Ware mehr schicken können.

Diebe sind unterwegs

„Die Panik der Menschen ist womöglich schlimmer als das Virus selbst.“ Damit verweist Bernard auf die angespannte Lage in den Kliniken, in denen immer häufiger Desinfektionsmittel und auch Atemschutzmasken entwendet werden. Ohne diese Dinge kann das medizinische Personal nicht adäquat arbeiten. Angeblich haben einige Krankenhäuser ihre Spender abmontiert, damit die enthaltenen Flaschen nicht entwendet werden. „Zum Teil wurden die Desinfektionsmittelspender komplett aus der Wand gerissen. Auch von einem Lagereinbruch wurde mir berichtet,“ so Bernard.

Zuletzt wurde von einem Diebstahl aus einer Klinik in Hamm berichtet: Rund 750 OP-Masken und 200 Atemschutzmasken haben Unbekannte gestohlen. Außerdem seien etwa 100 Flaschen Desinfektionsmittel sowie Desinfektionstücher mitgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Die Gegenstände seien zwischen Montag und Dienstag verschwunden. Vor zwei Tagen waren bereits 50.000 Atemschutzmasken in Kölner Kliniken gestohlen worden. Nach Angaben der Stadt sollen nun alle Krankenhäuser angewiesen worden sein, täglich den Bestand zu kontrollieren.

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